Unser Land
von morgen.
Regierungsprogramm der SPD für Nordrhein-Westfalen zur Landtagswahl am 15. Mai 2022
Hier können Sie das Regierungsprogramm der NRWSPD als pdf-Datei (6,5 MB) herunterladen:
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Für euch gewinnen wir das Morgen
Guten Morgen Nordrhein-Westfalen!
Der Wecker des neuen Jahrtausends klingelt sehr laut. Jetzt wird aufgewacht und aufgestanden. Fünf Jahre lang hat unsere Landesregierung die Trends der Zeit verschlafen. Dass das stimmt, merken Sie selbst ganz leicht, wenn Sie sich diese Fragen hier beantworten:
Sind in den letzten Jahren Ausstattung und Organisation unserer Bildung besser geworden?
Kam die Digitalisierung schnell genug voran?
Haben wir genug beim Klimaschutz getan?
Sind wir gut aufgestellt in Katastrophen und Pandemien?
Gibt es genügend bezahlbaren Wohnraum?
Funktioniert unser Gesundheitssystem?
Ist der Stau auf unseren Straßen kürzer geworden?
Sie sehen, wir haben wirklich viel zu tun. Mich stresst das nicht, ich mag Herausforderungen. Ich bin hellwach und motiviert für Nordrhein-Westfalen. 100.000 Wohnungen will ich jedes Jahr bauen und dafür sorgen, dass all unsere Krankenhäuser erhalten bleiben. Begrünte Dächer, neue Energie und grüner Stahl sollen Realität werden. Unsere Schulen will ich modernisieren in einem Tempo, das wir so in unserem Land noch nicht kannten. Deshalb mache ich Bildung wieder zur Chefsache. Wir wollen, dass aus den Hoffnungen der Menschen Wirklichkeit wird. Ihre Hoffnungen sind unser Plan.
Ich habe keine Lust, mich an der noch amtierenden Landesregierung abzuarbeiten. Es reicht zu sagen, was wir alle wissen: So wie es lief, war’s nicht genug. Deshalb heißt es jetzt: Aufstehen, anfangen, besser machen.
Genau so haben wir unser Wahlprogramm geschrieben: Nach vorne gerichtet mit Lust auf Morgen. Kein Klagen darüber, was nicht gut ist, sondern ein konkreter Plan, wie es besser wird. Ich hoffe, Sie haben Lust auf dieses Morgen. Gemeinsam gewinnen wir es!
Deshalb bitte ich Sie um Ihre Stimme für die SPD und für mich als Ihren zukünftigen Ministerpräsidenten.
Ihr
Thomas Kutschaty
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Was für unser LAND VON MORGEN besonders wichtig ist
2.1
Die gute Arbeit von morgen: sozial, digital, klimaneutral
Die Arbeit von morgen wird besser.
So einfach ist unser Ziel: Die Arbeit von morgen wird besser.
Dieses Ziel erreichen wir, indem wir jede Veränderung zum Anlass nehmen, die Arbeitswelt zu gestalten. Wir lieben die Veränderung, weil sie Chancen mit sich bringt, noch mehr für das gute Leben zu erreichen. Selten war unsere Chance auf Verbesserung so groß wie genau jetzt, da sich in unserer Gesellschaft so viel verändert.
Nehmen wir zum Beispiel die Digitalisierung und den Klimawandel. Unternehmen vernetzen sich weltweit, neue Technologien entstehen in Rekordtempo, neue Produktionsverfahren setzen sich durch. In diesem weltweit stattfindenden Prozess gibt es unendlich viel zu tun. Welches Land könnte mehr dazu beitragen und mehr davon profitieren als das Technologie- und Energieland NRW? An dieser Aufgabe wollen wir in Nordrhein-Westfalen arbeiten. Wir wollen eine Partnerschaft zwischen sozialem Unternehmertum, starken Beschäftigten und einem handlungsfähigen Staat auf Augenhöhe. Es entstehen neue Berufsbilder. Die Wirtschaft wächst. Genau diese Veränderung gestalten wir, indem wir darauf achten, dass neue Arbeit noch besser wird als alte. Wir fördern Technologie, die große Chancen mit sich bringt, damit die Arbeit besser bezahlt wird. Wir fördern Unternehmen, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gute Arbeit bieten. Wir stellen sicher, dass wir alle vom Wachstum durch Digitalisierung und Transformation profitieren.
Das heißt für uns konkret:
Wir werden dafür sorgen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker an den Gewinnen von Unternehmen beteiligt werden, sowohl durch höhere Löhne als auch durch gemeinschaftlich kontrollierte Kapitalanteile an ihren Unternehmen. Diese Form von Beteiligung ist für uns eine sinnvolle Ergänzung zu den auszuweitenden Mitbestimmungsmöglichkeiten auf Betriebs- und Unternehmensebene. So entsteht ein gemeinsamer Wille zum Gewinn und Unternehmenserfolg im ganzen Land. Das macht unsere Wirtschaft stärker.
Wir werden dafür sorgen, dass Mitarbeitende und Gewerkschaften auch bei Themen wie betrieblicher Weiterbildung, Digitalisierung, Personalplanung und unternehmerischen Zukunftsstrategien in den Betrieben mitbestimmen. Denn oft haben nicht nur die Eigentümer, sondern gerade die Beschäftigten die besten und konkretesten Lösungen im Blick. Viele Unternehmen setzen deshalb auf das Know-how ihrer Beschäftigten. Das hat sich auch im Projekt Arbeit 2020 gezeigt, welches zum Ende des vergangenen Jahres ausgelaufen ist. Die guten Ansätze dieses Projektes wollen wir in einem umfassenden Programm auf weitere Unternehmen und Branchen ausweiten. Damit unterstützen wir den Erfolg unserer Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen.
Ganz Nordrhein-Westfalen – ohne Ausnahme – wird in den kommenden fünf Jahren Zugang zu schnellstem Internet bekommen. 5G wird im ganzen Land Standard für den Mobilfunk werden.
Wir wollen Veränderung aktiv vorantreiben, um nicht Getriebene der Veränderungen zu werden. Genau deshalb investieren wir im großen Stil. Wir werden in Nordrhein-Westfalen 30 Milliarden Euro in einem Transformationsfonds zur Verfügung stellen. Der Fonds wird durch strategische, temporäre Unternehmensbeteiligungen das Eigenkapital der (mittelständischen) Unternehmen stärken, damit ihre Unabhängigkeit sichern sowie ihre Kreditwürdigkeit und somit ihre Investitionsfähigkeit und Stabilität deutlich erhöhen. Zielgruppen sind zum Beispiel Unternehmen und Betriebe, die auf Elektromobilität, auf Wasserstoffbasis oder auf zirkuläre Wertschöpfungskonzepte umstellen wollen. Zudem werden wir unter Beteiligung der jeweiligen Wirtschaftszweige, der Gewerkschaften, aber auch durch die Zivilgesellschaft eine Agentur gründen, die diese Transformation koordiniert, die Beteiligten berät und auf dem Weg zur Arbeit von morgen unterstützt.
Gleichzeitig kurbeln wir die Nachfrage nach neuer Technologie hier im Land an, indem wir durch langfristige und verlässliche öffentliche Investitionen in Klimafreundlichkeit und Digitalisierung dafür sorgen, dass Unternehmen sich hier auf die großen Zukunftsaufgaben spezialisieren und entwickeln können. Damit diese Entwicklung auch zum Wohle aller Menschen ist, sorgen wir mit einem Tariftreue- und Vergabegesetz dafür, dass bei allen Investitionen des Landes auch faire Bezahlung der Arbeitnehmenden garantiert wird.
Das ist eine wirksame Strategie für den wirtschaftlichen Erfolg des Landes, weil wir gleichzeitig Unternehmen stärken und den Markt schaffen, auf dem sie erfolgreich wirtschaften können.
Was wir an Tempo der Wirtschaft abverlangen, das nehmen wir uns auch für die öffentliche Verwaltung vor. Wir werden sie schneller digitaler machen. Alle Bürgerdienstleistungen sollen in Zukunft online erledigt werden können. Alle Ämter sollen alles, was digital besser geht, auch digital lösen. Dabei unterstützen wir die Beschäftigten in den Kommunalverwaltungen bei Umsetzung und Umstellung. Genau wie der Bund wollen wir mehr Expertise für Daten in die öffentliche Verwaltung holen. Wir wollen open-source Lösungen im öffentlichen wie im privaten Bereich fördern. Außerdem werden wir die gemeinsame Entwicklung und Nutzung kooperativer oder kommunaler Plattformmodelle – etwa für den lokalen Einzelhandel oder alternative Service- oder Wohnungsportale – landesweit vernetzen und deren Aufbau vor Ort durch Förderprogramme des Landes unterstützen. Dabei sind wir nicht naiv. Wir wissen, dass eine digitalisierte Gesellschaft auch größeren Bedrohungen ausgesetzt ist, und genau deshalb werden wir massiv in IT-Sicherheitsforschung investieren.
Viel Digitales passiert schon an ganz vielen Stellen, in den kommunalen Verwaltungen und Unternehmen, aber auch und gerade im lokalen Handel, bei Dienstleistern oder der örtlichen Wirtschaft. Die lokalen und örtlichen Netzwerke wollen wir vermehrt durch Beratung und maßgeschneiderte Programme fördern, um ein engmaschiges Netz über ganz Nordrhein-Westfalen spannen zu können.
All das folgt einem einfachen Prinzip: Wir sind der Überzeugung, dass es für keine Herausforderung der Zukunft „die eine große Lösung“ gibt. Die Lösung liegt in vielen kleinen Lösungen, die zusammenwirken. Deshalb gestalten wir politisch den Rahmen so, dass viele Unternehmen und Ideen sich durchsetzen können. Konkret heißt das, dass wir Geld zur Verfügung stellen, damit auch kleinere und mittlere Unternehmen direkt mit Hochschulen zusammenarbeiten können. So wird Forschungs- und Entwicklungsarbeit zum Treiber für den gesamten Mittelstand. Wir sind die treibende Kraft, dass alle vom Wandel und Fortschritt profitieren. Wir wollen ihn so gestalten, dass in NordrheinWestfalen wieder Vollbeschäftigung mit guter Arbeit herrscht.
Dabei behandeln wir Ungleiches nicht gleich. Die sehr unterschiedlichen Bedingungen in den verschiedenen Wirtschaftsregionen NRWs verlangen nach passgenauen Lösungen. Gerade das Rheinische Revier steht vor einer rasanten und tiefgreifenden Umwälzung. Für uns bedeutet der Kohleausstieg nicht das Ende, sondern er ist der Start für neue Möglichkeiten. Konkret werden wir im Rheinischen Revier die Vergabe von Fördermitteln des Bundes massiv vereinfachen, damit Neues schneller entstehen kann. Gerade die Ansiedlung von neuem Gewerbe und neuer Industrie wollen wir fördern, indem wir dies bei der Landesplanung berücksichtigen und vereinfachte Verfahren für eine Sonderplanungszone schaffen. Maßnahmengesetze sind ein wichtiger Baustein. Wir wollen ein pulsierendes Revier als Industrieregion mit gut bezahlten und tariflich abgesicherten Arbeitsplätzen.
Auch den von der Beendigung der Steinkohleverstromung betroffenen Städten im Ruhrgebiet wollen wir zur Umsetzung des „Fünf-Standorte-Programms“ solche Vereinfachungen bei der Fördermittelnutzung und der Landesplanung zur Verfügung stellen.
Nicht nur im Rheinischen Revier und dem Ruhrgebiet, sondern im ganzen Land sind die Regionen und Kommunen starke Partner, damit die gute Arbeit von morgen durchgesetzt wird. Deshalb werden wir die Möglichkeit der Kommunen zur wirtschaftlichen Betätigung stärken und passgenaue Förderstrukturen und -programme auflegen. Der Wandel passiert vor Ort; dort sind die Menschen, die sich auskennen und wissen, wie der Wandel funktionieren kann und was dafür notwendig ist. Diese Expertise wollen wir bündeln, indem wir die Sozialpartner, die Zivilgesellschaft und die kommunalen und regionalen Entscheidungsträger in regionalen Transformationsräten zusammenbringen. Die regionalen Transformationsräte sorgen hier für einen Neustart, insbesondere für die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger.
Unser Ziel der Vollbeschäftigung braucht nachhaltiges Wachstum. Wir sind nicht bereit, zu akzeptieren, dass unsere Wirtschaftsordnung für manche Menschen keine Perspektiven bietet. Menschen wollen Arbeit. Menschen wollen sich einbringen und sich entfalten.
Wir wollen dafür sorgen, dass jede Arbeit – ehrenamtliche wie Lohnerwerbsarbeit – zu gesellschaftlicher Teilhabe, Stolz, Zufriedenheit und Erfüllung führt. Jede Tätigkeit hat Wertschätzung, Leistungsgerechtigkeit und Sicherheit verdient. Ein sicherer Job, besserer Lohn, mehr Wohlstand – das alles sind Ziele, die wir befördern wollen, egal ob die Arbeit digital geleistet wird oder ob man als Pflegekraft, am Fließband oder als SoloSelbstständiger unterwegs ist.
Für viele Unternehmen und Handwerksbetriebe ist gute Arbeit selbstverständlich. Leider ist das nicht überall so. Keine Chance soll deshalb die Ausbeutung bekommen. Wir werden 1.000 neue Stellen beim Arbeitsschutz schaffen, um die Arbeitsschutzverwaltung NRW zu einer modernen, technisch gut ausgestatteten und wirksamen Eingreiftruppe auszubauen. Damit in ganz Nordrhein-Westfalen Arbeitsschutzverstöße mit allen Mitteln des Rechtsstaates besser verfolgt werden können, sorgen wir dafür, dass es in jeder Staatsanwaltschaft in Nordrhein-Westfalen eine speziell in Arbeitsschutz fortgebildete Staatsanwältin oder Staatsanwalt gibt.
Mehr Wohlstand zu wollen, ist kein Widerspruch zu Arbeitszeitverkürzungen oder familienfreundlichen und inklusiven Arbeitszeitmodellen, zu fairen Löhnen, zur Aufwertung bislang unterbezahlter Dienstleistungsberufe, zur Forderung nach Abschaffung der sachgrundlosen Befristung oder gar zu einer breiten sozialen Absicherung. All dies gehört zu unserem Verständnis, dass Wohlstand nur gerecht werden kann, wenn respektvoll mit denen umgegangen wird, die ihn erwirtschaften. Unser Verständnis bedeutet konkret, dass wir im öffentlichen Dienst vorbildlich für die gesamte Wirtschaft, Anreize und Angebote schaffen, die eine gerechte Verteilung von unbezahlter Pflege- und Familienarbeit fördern, sowie ein Entgeltgleichheitsgesetz vorlegen. Darüber hinaus wollen wir die Kompetenzzentren Frau und Beruf zu zentralen Anlaufstellen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für eine familienfreundliche Gestaltung der Arbeitswelt weiterentwickeln.
Wir unterstützen Menschen, die mehr vom Leben wollen. Wenn mehr Wohlstand entstehen soll, dann braucht es nachhaltiges Wachstum und gerechte Verteilung. Die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen soll produktiver werden, sie soll mehr Umsätze machen und mehr Gewinn, der allen zugutekommt. Den Luxus, kein Wachstum zu wollen, können sich nur diejenigen leisten, die bereits zu den Gewinnerinnen und Gewinnern unserer Wirtschaftsordnung zählen.
Wachstum ist unser klares Ziel und gleichzeitig verschließen wir nicht die Augen davor, dass Wachstum in der Art, wie wir heute wirtschaften, nicht ohne Schaden zu erzielen ist. Ressourcen werden in der Wirtschaft verbraucht, das Klima wird belastet durch Industrie und Gewerbe. Diese Probleme des Wachstums können wir nicht ignorieren. Genau deshalb ist unser Grundsatz: Wachstum ohne Zerstörung.
Wir wollen unsere Wirtschaft so schnell wie möglich zu einer Kreislaufwirtschaft („zirkuläre Wertschöpfung“ oder „cradle-to-cradle“) umbauen. Das heißt, dass wir Ressourcen nicht verbrauchen, sondern immer wieder neu nutzen. Kein Abfallprodukt mehr, das nicht an anderer Stelle neue Verwendung findet. Schon beim Produktdesign, der Herstellung und dem Vertrieb soll darauf geachtet werden, dass Wiederverwertung nach der Nutzung möglich ist. Wachstum bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wir die Wiederverwendung beschleunigen, statt den Verbrauch. Wir wollen Rohstoffe an so vielen Stellen immer wieder in den Kreislauf einspeisen, dass mehr Wirtschaftskraft, mehr Arbeitsplätze und mehr Gewinne entstehen. Dazu benötigen wir eine Kreislaufwirtschaftsstrategie. In deren Rahmen wollen wir ein Kompetenzzentrum Zirkuläre Wertschöpfung aufbauen und die Forschungs- und Innovationsförderung verstärken. Wir sehen die Kommunen und Regionen als Treiber beim Zirkulären Wirtschaften. Mit ihren Netzwerken aus Politik und Verwaltung, Unternehmen, Hochschulen und Verbänden sowie unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger wird der Strukturwandel hin zu einer abfallfreien Gesellschaft gelingen. So sind bei der Vergabe und im Beschaffungswesen kreislauffähige Produkte und Dienstleistungen zu berücksichtigen. Wir werden regionale Pläne und kommunale Konzepte zum Zirkulären Wirtschaften fördern, die bis 2025 zu erstellen sind. Durch intelligente Land-Stadt-Kooperationen können zahlreiche, qualifizierte Arbeitsplätze in der zirkulären Bioökonomie entstehen.
Nordrhein-Westfalen ist Energie.
Und Nordrhein-Westfalen muss Energieland bleiben!
Der von Menschen verursachte Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit und eine existenzielle Bedrohung allen Lebens auf unserem Planeten. Die entscheidenden Weichen zur Lösung der Klimakrise werden in den nächsten Jahren gestellt. Als notwendigen Beitrag zur Überwindung dieser Krise werden wir unter Berücksichtigung der nationalen Klimaziele das NRW-Klimaschutzgesetz novellieren und abgeleitet von dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens die Ziele, die Maßnahmen und das Monitoring zur Erreichung der Zielerreichung für NRW festschreiben.
Energiewende und Klimaschutz sind eine Riesenchance für unser Land. Kein anderes Bundesland verfügt über so viel technologisches Know-how in der Energiewirtschaft wie Nordrhein-Westfalen. Deutschlands größte Energieversorger, aber auch größte industrielle Energieverbraucher, haben hier ihren Sitz, ebenso wie die wichtigsten Universitäten und Institute und vor allem hunderte mittelständische Champions im Bereich der Erneuerbaren Energien, neuen Antriebstechnologien und Energiespeicher. Für uns gilt unverändert der Grundsatz des Kohlekompromisses, dass der Kohleausstieg erfolgen wird, wenn die (jetzt beschleunigten) Ziele des Ausbaus der Erneuerbaren nachprüfbar erreicht sind. Der gleichzeitige Ausstieg aus Kernkraft und Kohle kann nur unter Wahrung der Versorgungssicherheit gelingen. Was über Jahrzehnte vor allem mit Kohle verbunden wurde, wird zukünftig mit Wind, Sonne, Wasserstoff verbunden sein. Denn NordrheinWestfalens Industrie ist angewiesen auf eine sichere, nachhaltige und bezahlbare Energieversorgung. Ebenso sind es die neun Millionen privaten Haushalte im Land, die vor solchen Preissteigerungen geschützt werden müssen, wie wir sie in diesem Winter aufgrund des Preisauftriebes von Erdgas, Erdöl und Importkohle erlebt haben. Gegenüber diesen Preisen senkt bereits heute jede Kilowattstunde aus Windenergie und Sonne den Strompreis. Wir müssen deshalb schleunigst den Rückstand aufholen, den das Ausbremsen der Erneuerbaren Energien der bisherigen Landesregierung verursacht hat. Dazu gehört für uns auch, dass wir die Kraft-Wärme-Kopplung stärker fördern, das Fernwärmenetz ausbauen und insgesamt den Energieinfrastrukturausbau vorantreiben. Dabei ist darauf zu achten, dass das Fernwärmenetz aus erneuerbaren Energien gespeist wird. Daher sind vor allem auch großtechnische Lösungen wie Großwärmepumpen, Groß-Solarthermie und Industrielle Abwärme zu forcieren. Dabei müssen wir realisieren: Irgendwo muss der Strom herkommen. Deswegen wird moderne Wind- und Solarenergienutzung zukünftig zu nahezu jedem Ort in Nordrhein-Westfalen selbstverständlich dazugehören. Das funktioniert aber nur, wenn die Menschen vor Ort auch direkt etwas davon haben. Hier gibt es exzellente Beispiele im Land, wo Bürgerinnen und Bürger beteiligt und Kommunalhaushalte durch Einnahmen aus der Energieerzeugung gestärkt werden. Dies flächendeckend proaktiv anzustoßen, ist unsere Aufgabe.
Wir wollen den Klimaschutz zum Gewinn für alle machen. Um Widerstände aufzulösen und bessere Lebensbedingungen für alle zu schaffen, wollen wir die Beteiligung der Bevölkerung an den Gewinnen aus erneuerbarer Energie. Zum Beispiel soll die Bevölkerung in der Nähe von Windenergieanlagen von vergünstigten Strompreisen profitieren oder sich finanziell an den Anlagen beteiligen können. So schaffen wir es, dass Nordrhein-Westfalen seinen angemessenen Beitrag zu den bundesweit angestrebten zwei Prozent des Bundesgebietes für Windstrom bereitstellt, sei es in Wirtschaftswäldern oder durch Aufhebung der derzeitigen starren Abstandsflächen.
Als ersten Schritt werden wir eine realistische Untersuchung aller Potenziale der erneuerbaren Energien und der zur Erreichung der Klimaschutzziele erforderlichen Kapazitäten für diese Energieträger in Auftrag geben. Auf dieser Grundlage werden wir die Energiestrategie des Landes vom Kopf auf die Füße stellen und alle erneuerbaren Energieträger stärker als bisher ausbauen.
Insgesamt wird die Stromproduktion in Nordrhein-Westfalen dadurch steigen. Überschussmengen werden in grünen Wasserstoff umgesetzt und gespeichert. Für Zeiten witterungsbedingt geringerer Stromproduktion wird dieser wieder genutzt werden können, ebenso wie andere Speichertechnologien, in denen NRW durch die Bank führend ist. Das ist auch zwingend notwendig, denn zukünftig wird durch die Elektrifizierung des Heizens und der Mobilität mehr Strom gebraucht werden als heute. Durch die höhere Effizienz einer maßgeblich strombasierten Erzeugung verringert sich der Gesamtenergiebedarf aber erheblich. Die Erneuerbaren Energien wirken als Energiepreisbremse und ihre heimische Nutzung verringert gleichzeitig die Importabhängigkeit von fossilen Energieträgern.
Wir werden einen transparenten und leicht zu verstehenden, öffentlichen Kostennavigator für die künftigen Energiepreise (Wasser, Strom, Heizung) entwickeln, damit sich alle Menschen auf die neuen Energiepreise einstellen können. Dieser Navigator zeigt auch an, welche Hilfen seitens des Staates zur Energieförderung, für welche Einkommensgruppen zur Verfügung stehen. Die hohen Energiepreise werden die Kaufkraft vieler Familien einschränken und auch die Nachfragekaufkraft schwächen. Könnte die erneuerbare Energie besser gespeichert werden, wären die Kosten für den Energieverbrauch für die Verbraucher langfristig stabiler und kalkulierbarer. Das erfordert allerdings ein großes Investment für die Speicherinfrastruktur.
Das alles ist für uns kein theoretisches Unterfangen. Wir machen es ganz konkret:
Nordrhein-Westfalen verfügt mit der „Innovation City Bottrop“ über ein einzigartiges Modellprojekt mit weltweiter Strahlkraft für den sozial-ökologischen Fortschritt. Wir werden nach diesem Vorbild einen Klimamasterplan „Innovation Cities NRW“ auflegen, der in 1.000 Quartieren in den NRW-Kommunen lokale Energiewendeansätze vorantreibt, insbesondere im Bereich der energetischen Sanierung von Gebäuden. Die Initiative ist auch ein großes Auftragsprogramm für Handwerk und Mittelstand vor Ort und stärkt die Städte und Gemeinden. Damit werden wir die Lebensqualität der Menschen verbessern, einen großen Beitrag zum Klimaschutz im Gebäudesektor leisten und dafür sorgen, dass Wohnen bezahlbar bleibt.
Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes an der Transformation mitwirken können. Genau deshalb schaffen wir ein Modellprojekt „Klimaneutraler Konsum“, um Menschen darüber aufzuklären, wie sie nachhaltig konsumieren können. Auch als Land möchten wir als Vorreiter vorangehen. Wir möchten in der Zukunft auf landeseigenen Flächen und Veranstaltungen auf Einwegmüll verzichten und Mehrwegbehältnisse priorisieren. Zudem setzen wir uns für Steuervorteile bei reinen Unverpackt-Läden ein und streben eine Verpflichtung für Unverpackt-Abteilungen bei Supermärkten und Discountern an. Die völlig kontraproduktive Beendigung der seit 30 Jahren erfolgreichen Energieagentur NRW durch die aktuelle Landesregierung hat der Energiewende in Nordrhein-Westfalen geschadet. Wir wollen eine Energie- und Klimaagentur NRW, die Personal, Netzwerke und Know-how aus dieser erfolgreichen Arbeit nutzt und auf personelle und finanzielle Kapazitäten in vergleichbarem Umfang zurückgreifen kann.
Ganz Nordrhein-Westfalen wird sich verändern. Wir wollen Solaranlagen auf jedes Dach bringen, auf dem das geht. Verpflichtend für jeden Neu- und Umbau von Gewerbeimmobilien. Gefördert für jedes bestehende Gebäude. Öffentliche Gebäude sollen hier Vorbildfunktion übernehmen. Das allein ist uns nicht genug. Wir denken weiter. Was heute Menschen vor Lärm schützt, kann zusätzlich unser Klima retten. Das heißt, dass wir möglichst jede Lärmschutzwand entlang von Autobahnen und Gleisen mit Photovoltaikpanels ausstatten werden. Für uns nur ein Beispiel dafür, wie wir das ganze Land systematisch nach Chancen für mehr erneuerbare Stromproduktion absuchen wollen.
Zentral für den Erfolg der Energiewende ist Tempo. Teilweise über zehn Jahre gehende Planverfahren gefährden eine sichere und kostengünstige Versorgung mit Energie. Mit der Einrichtung von Beschleunigungszentren und Service-Centern für die kommunalen Genehmigungsbehörden wollen wir die Bearbeitung von Genehmigungsanträgen nach Bundesimmissionsschutzgesetz und die rechtssichere Ausweisung von Zonen für die Windenergienutzung erleichtern und deutlich schneller machen. Hier soll überregional Expertise zusammengezogen werden, um Behörden auf Gemeinde- und Kreisebene zu entlasten und Planung und Genehmigung zu unterstützen. Für die wichtigsten Infrastrukturprojekte unserer Zeit schaffen wir damit Beschleunigung und mehr Rechtssicherheit.
Wir werden die Kommunen in NRW anhalten, innerhalb der nächsten drei Jahre einen kommunalen Wärmeplan zu erstellen, der ausgearbeitete Maßnahmen, Umsetzungsprioritäten und einen Zeitplan enthalten muss. Dieser umfasst drei Handlungsfelder, die abhängig von den örtlichen Rahmenbedingungen optimiert werden: Reduktion des Wärmebedarfs in Gebäuden, erneuerbare Wärme- und Kälteversorgung mit thermischen Netzen sowie mit erneuerbaren Energien betriebene Einzelheizungen. Dabei müssen alle verfügbaren technischen Lösungen einbezogen werden: Solarthermie, Wärmepumpen, Biomasse, Klärgase, Abwärmequellen und viele mehr. Dazu gehören auch stadtplanerische Maßnahmen wie Begrünung sowie eine langfristige Power2X Strategie für den Einsatz Grüner Gase.
Eine nachhaltige Industriepolitik für NRW
NRW ist das Land großer Industrien und wird es mit uns bleiben. Stahlwerke, Raffinerien und Grundstoffchemie im Ruhrgebiet genauso wie im Chemiegürtel um Köln. Grundstoffe bilden ein solides Fundament für Metallverarbeitung und Spezialchemikalien innovativer oft mittelständischer Unternehmen. Industrien werden grüner, wichtiger denn je ist die Versorgungssicherheit mit verlässlichen Lieferketten – vom Grundstoff zum hochwertigen innovativen Endprodukt.
Der mit der Transformation einhergehende Strukturwandel muss mehr sein als ein „Reparaturbetrieb“. Er muss eingebettet sein in eine aktive Industrie- und Wirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen, die auf Innovationen, Mittelstand, Investitionen und junge Gründerinnen und Gründer setzt sowie gleichzeitig Infrastrukturen aufbaut und Rationalisierungen sozial abfedert. Von unserer Konkurrenz unterscheidet uns, dass wir Klimaschutz beherzt angehen, ohne in Opposition zu Wirtschaftswachstum zu stehen. Es muss jetzt darum gehen, dass NRW nicht nur ein Industrieland bleibt, sondern klar Industrieland Nummer eins in Deutschland für moderne, zukunftsfähige Industrieunternehmen ist. Für diese Transformation braucht es einen starken Staat, der einen klaren politischen Korridor für die ökologisch nachhaltige Transformation der Industrie aufmacht. Dafür braucht es den Aufbau von Leitmärkten für klimaneutrale Grundstoffe unter anderem durch verbindliche Recyclingquoten, unabhängige Labels für klimaneutrale und sozialverträgliche Produkte und Verfahren sowie Innovationsausschreibungen, zum Beispiel bei öffentlichen Bauten oder bei Technikbeschaffung.
In Europa ist Duisburg immer noch die Stahlstadt Nummer eins. In keiner anderen Region als in Nordrhein-Westfalen können derzeit in einem über Jahrzehnte etablierten räumlichen Verbund die Stahlproduktion, die Logistik und die nachgelagerte Metallverarbeitung effizient zusammenwirken. Die 47.600 Menschen, die heute in der Stahlindustrie in Nordrhein-Westfalen beschäftigt sind, stehen für Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Ohne die Stahlindustrie in NRW könnten weite Teile des Automobil-und Maschinenbaus nicht mehr unabhängig von China, Russland oder Korea den Grundstoff Stahl für ihre Produkte einsetzen. Um notwendige Transformationen zu bewältigen und den Stahlstandort NRW abzusichern, bedarf es der regionalpolitischen Unterstützung und Beteiligung des Landes, des Bundes und der EU. Hierfür bieten sich Fonds und Stiftungsmodelle an.
Tatsache ist, dass Stahl, egal wo auf der Welt, in Zukunft ohne Kohle produziert werden wird. Die Frage ist nur, wann und wer dabei am schnellsten ist. Damit wir vorn dabei sind, muss die Produktion bei uns gehalten werden, damit wir sie zügig umbauen können. Die Lösung dafür heißt Wasserstoff. Wasserstoff ist nicht nur Speichermedium, sondern kann in Produktionsprozessen wie der Direktreduktionsverfahren zur Stahlerzeugung und in der chemischen Industrie direkt als Rohstoff eingesetzt werden. Auch für die chemische Industrie birgt die Umstellung auf Wasserstoff große Chancen.
Die Region Rhein-Ruhr ist schon heute ein Reallabor für die industrielle Anwendung von Wasserstoff und unter anderem Standort des neuen Technologie- und Innovationszentrums Wasserstoff (TIW) des Bundes. In keinem anderen Bundesland konzentriert sich derzeit die Wertschöpfungskette der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie in den Bereichen Mobilität (Logistik) und Industrie (Stahl) so, wie in Nordrhein-Westfalen. Die Region kann und sollte daher zum Wasserstoffzentrum für Deutschland werden. Deshalb brauchen wir auch ein Pipeline-Netz, durch das wir den Wasserstoff im ganzen Land leiten können, statt ihn nur mit LKWs, Binnenschiffen oder Zügen zu transportieren.
Es geht bei der Transformation von Nordrhein-Westfalen zum Wasserstoffland Nummer eins aber nicht nur um technologische Fragen, sondern auch um die Bindung und Ausbildung von Fachkräften. Insofern ist die Schaffung eines Ausbildungszentrums zur Qualifizierung von Fachkräften für den Umgang mit H2-Technologien und den H2-Anwendungen und zur Qualifizierung von Solarteuren und Elektrikerinnen für den Ausbau der Solarenergie und Ladeinfrastruktur ein ebenso wichtiger weiterer Schritt.
Der Umbau alter Industrien und Standorte braucht neue Energien. Strom aus erneuerbaren Quellen wird die Feuerung großer Petrochemie-Werke ersetzen – das sind Strommengen wie sie unsere Großstädte verbrauchen. Die vorhandenen Erdgasfernleitungen sollen für die Umnutzung für grünen Wasserstoff umgebaut werden.
Unternehmen gründen und erfolgreich machen
Die großen Veränderungen unserer Zeit sind die Spielfelder für neue Ideen, neue Unternehmen und neue Technologien. Wir wollen, dass dieses neue wirtschaftliche Spiel möglichst viele Gewinnerinnen und Gewinner hervorbringt. Nachhaltige Industriepolitik ist auch moderne Industriepolitik. Dies bedeutet, dass wir die Ansiedlung moderner Industrien, wie die Produktion von Mikrochips vorantreiben werden. Außerdem werden wir in ganz NRW moderne Infrastrukturen auch für die Industrie flächendeckend, beispielsweise durch Hyperscaler, ausbauen. Wir finden Unternehmergeist und Gründungswille ist unsere ganze Unterstützung wert. Start Ups sind gut, denn Unternehmerinnen und Unternehmer übernehmen Verantwortung für sich selbst und andere. Wann immer sie diese Verantwortung zum Wohle von Gesellschaft, Umwelt sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einsetzen, ist unternehmerisches Engagement ein Gewinn für uns alle.
In Nordrhein-Westfalen gibt es schon heute bewährte Finanzierungs- und Beratungshilfen, um den Erfolg junger Unternehmen zu unterstützen. Diese Unterstützung entlässt uns als Politik aber nicht aus der Verantwortung, die Startbahnen für unternehmerischen Erfolg freizuräumen. Wir wollen, dass junge Unternehmer und Unternehmerinnen starten können und wenn es mal zur Bruchlandung kommt, dann geben wir gerne eine zweite, dritte oder immer neue Chance.
Viele Unternehmer und Unternehmerinnen wollen und müssen Verantwortung für die sozialen Folgen ihres Handelns übernehmen. Wir wollen die Verbindung von wirtschaftlichen und sozialen Zielsetzungen bei bestehenden Unternehmen, bei Gründungen und in neuen Rechtsformen stärker als bisher unterstützen und fördern (social entrepreneurship). Dazu gehört auch eine auf soziales Unternehmertum ausgerichtete Förderkulisse sowie die Berücksichtigung sozial-ökologischer Kriterien für öffentliche Ausschreibungen.
Für Startups von Frauen werden wir ein spezielles Förderprogramm entwickeln und die vorhandenen Gründungsberatungs- und Gründungsförderprogramme geschlechtergerechter gestalten.
Lebenslang Karriere durch berufliche Bildung
Wir wollen, dass alle Menschen mit ihrem Berufsweg zufrieden sein können. Das bedeutet, dass man sich im Leben verändern können muss. Nicht für jeden passt der immergleiche Beruf für das ganze Leben. Viele Menschen wollen im Lauf des Lebens noch etwas Neues lernen. Genau dafür schaffen wir das passende Angebot. Mit Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Gewerkschaften, Volkshochschulen, Berufskollegs und der Agentur für Arbeit wollen wir dafür sorgen, dass Weiterbildung und berufliche Neuorientierung jederzeit möglich sind.
Außerdem wollen wir die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen systematisch für beruflich Qualifizierte öffnen und eine Ausweitung des berufsbegleitenden Weiterbildungsangebots durch die nordrhein- westfälischen Hochschulen anstoßen. Gerade die verstärkte Einbindung von erfahrenen Berufstätigen bringt auch Chancen für einen engeren Praxis-und Anwendungsbezug in Forschung und Lehre mit sich.
Die handwerkliche Meisterausbildung, als zentralen Bestandteil der Sicherung von Qualität und des beruflichen Aufstiegs, werden wir deshalb stärken und gemeinsam mit dem Handwerk Wege erarbeiten, bestehende Zugangshürden abzubauen. Die Meisterausbildung soll wie der Master an der Hochschule kostenfrei werden. Das Land wird deshalb die Kosten übernehmen, die Meisterinnen und Meistern bei ihrer Ausbildung nach Abzug des bewährten Meister-BAföG und anderer Förderungen entstehen. Gleichzeitig werden wir die Einrichtungen der gemeinwohlorientierten Weiterbildung finanziell verlässlich ausstatten. Dazu wollen wir die jährliche Etatsteigerung von zwei Prozent der Weiterbildungsmittel im Gesetz verankern. Darüber hinaus wollen wir die Entwicklungspauschale und den Innovationsfond nun nach der Probephase genau in seinen Wirkungen auswerten und, falls dieser gehalten hat, was er verspricht, auch entfristen und finanziell stärker ausstatten.
Wirtschaftlicher Vorsprung durch gute Ausbildung
Nicht nur die Weiterentwicklung im Beruf, sondern auch der Einstieg ins Berufsleben soll glücklich machen. Der Start ins Berufsleben soll motivieren und Ansporn bieten, mehr erreichen zu wollen. Die erste Erfahrung junger Menschen mit dem Arbeitsmarkt soll es sein, gebraucht und gewollt zu sein.
Wir werden die duale Ausbildung attraktiver machen. Das beginnt damit, dass wir den Übergang von der Schule in den Beruf noch besser begleiten. Kein junger Mensch wird auf der Strecke bleiben. Das Erfolgsprogramm „KAoA – Kein Abschluss ohne Anschluss“, das wir als SPD gemeinsam mit den Grünen eingeführt haben, wollen wir stärken und weiterentwickeln. Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss brauchen auch zweite, dritte oder immer neue Chance.
Jugendliche, die im Schul- und Ausbildungssystem scheitern, fangen wir konsequent auf. Wer trotzdem keinen Ausbildungsplatz finden kann, erhält die Chance zur Nachqualifizierung und ersten beruflichen Erfahrungen. Hierfür werden wir das Konzept der Produktionsschulen wiederaufnehmen und finanziell langfristig absichern. Hier können Schulabschlüsse nachgeholt werden, Praxiserfahrung gesammelt und ein Ausbildungsabschluss erzielt werden. Kein junger Mensch bleibt in Nordrhein-Westfalen ohne Abschluss zurück.
Eine gute Ausbildung ist ein überzeugender Weg zu einem Leben in Zufriedenheit. Deshalb werden wir eine Ausbildungsplatzgarantie in Nordrhein-Westfalen einführen. Finanziert wird diese, indem Betriebe, die ausbilden unterstützt werden und Betriebe, die nicht ausbilden, die Kosten tragen. So schaffen wir Anreize für mehr Ausbildungsplätze und stellen sicher, dass die Unternehmen, die in die Ausbildung von Fachkräften investieren, nicht allein das Risiko tragen. Alle Unternehmen brauchen Fachkräfte, aber nur einige bilden sie aus. Daher stärken wir die Konkurrenzfähigkeit ausbildender Betriebe und helfen ihnen beim wirtschaftlichen Erfolg. Ein erster Schritt dahin wird die subsidiäre Finanzierung außerbetrieblicher Ausbildung sein, mit der Perspektive des Übergangs in betriebliche Ausbildung, wie es in Österreich bereits seit Jahren erfolgreich stattfindet.
Ergänzend wollen wir die Gründung einer gemeinnützigen GmbH des Landes vorbereiten, die in Regionen als Ausbildungsverbund agiert, wo bisher keine Verbünde existieren. Denn Digitalisierung und ökologische Transformation werden nur real, wenn sie von gut ausgebildeten Fachkräften umgesetzt werden.
Überall in Deutschland herrscht Fachkräftemangel. Deshalb ist es eine Chance für Nordrhein-Westfalen, sich mit höheren Ausbildungsquoten und besserer Ausbildungsqualität wirtschaftliche Vorteile zu erarbeiten. Wir wissen, dass Regionen in Deutschland in Konkurrenz zueinanderstehen und setzen alles daran, dass NordrheinWestfalen dabei gut abschneidet. Deshalb investieren wir in attraktive Berufskollegs als Lehr- und Lernorte.
Die Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen werden wir bestmöglich technisch wie personell ausstatten. Mit unserem Programm „Gute Berufskollegs 2030“ werden wir binnen weniger Jahre alle Berufskollegs sanieren, modernisieren und digitalisieren können. Berufskollegs sollen Transformationszentren werden. Orte, an denen man als Azubi stolz ist, zu lernen und die eingestellt sind auf immer neu entstehende Berufsbilder.
Für die beste Ausbildung brauchen wir auch die besten Lehrkräfte. Ganz Deutschland wirbt um Lehrerinnen und Lehrer, und wir wollen mit Qualität überzeugen. Wir werden die Zahl der Studienstandorte für das Lehramt an Berufskollegs erhöhen. Auch die Hochschulen für angewandte Wissenschaften sollen Lehrerinnen und Lehrer ausbilden. An neuen und alten Studienorten wollen wir die Studieninhalte praxisnäher ausrichten, damit die Abbruchquote unter den Studierenden für das_Lehramt an Berufskollegs sinkt. Gleichzeitig verbessern wir die Arbeitsbedingungen an den Berufskollegs durch mehr Familienfreundlichkeit und durch eine Abkehr von starren Laufbahn-Mustern.
Nicht zuletzt werden wir dafür sorgen, dass Auszubildende Studierenden gleichgestellt werden. Wir werden ein günstigeres Azubiticket mit besserer Leistung einführen. Junge Auszubildende sollen genau wie Studierende im Land mobil sein zu fairen Preisen. Dazu beseitigen wir versteckte Ausbildungskosten und fördern den Bau von barrierefreien Azubiwohnheimen.
Wir finden eine berufliche Ausbildung sehr wertvoll. Sie ist für viele junge Menschen der passende Anschluss an die Schulzeit. Das trifft auch auf Jugendliche mit Abitur zu. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass Schulen im Sinne der Profilbildung einen handwerklichen Zweig in der gymnasialen Oberstufe einführen können.
Die öffentliche Anerkennung für handwerkliche Berufsausbildungen werden wir weiter befördern, indem wir den Bachelor Professional ausbauen und modular erworbene Qualifikationen zusätzlich anerkennen.
Weil Eltern und Lehrerinnen und Lehrer wichtige Ansprechpersonen für die Berufswahl sind, werden wir Informationskampagnen durchführen, die das Wissen dieser Gruppen um neue Berufsbilder und die Chancen des Ausbildungsmarktes erhöht.
Uns freut, dass sehr viele junge Menschen mit Einwanderungsgeschichte erfolgreich in unserem Handwerk sind. Sie sind eine wichtige Stütze des Erfolges der Betriebe im Land. Für viele ist das Berufskolleg und die Ausbildung der wichtigste Integrationsort und genau deshalb nutzen wir eine Veränderung der Berufsschulpflicht, um diese Integrationsleistung weiter zu unterstützen.
Wir stärken den sozialen und den inklusiven Arbeitsmarkt
Die Arbeit von morgen wird besser. Das bleibt unser Ziel und es soll für alle gelten. Auch für Menschen, die heute noch arbeitslos sind oder wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Wir wollen die Teilhabechancen von Arbeitslosen auf dem allgemeinen und dem sozialen Arbeitsmarkt stärken. Wir wollen mehr dafür tun, dass Menschen, die Unterstützung aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende erhalten, Arbeit finden und auch langfristig behalten. Dafür ist Qualifizierung der Schlüssel. Deshalb soll für diejenigen, die keinen Abschluss haben, Qualifizierung den Vorrang vor Vermittlung in Arbeit bekommen.
Wir werden neben den Bundesprogrammen zusätzlich mit einem eigenen Landesprogramm in Höhe von acht Millionen Euro den Sozialen Arbeitsmarkt, in den besonders vom Strukturwandel und hoher Arbeitslosigkeit betroffenen Regionen Nordrhein-Westfalens, stärken. So geben wir dort Anschubfinanzierung, wo sich noch viel entwickeln muss. Dabei denken wir Hilfen zusammen, indem wir die Schuldnerberatung in Nordrhein-Westfalen konsequent, niederschwellig und aufsuchend ausbauen, um auch den Menschen, die in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung durch Schulden gehemmt sind, einen Ausweg zu ermöglichen.
Wir werden den inklusiven Arbeitsmarkt mit eigenen landesweiten Programmen unterstützen und ausbauen. Dazu gehört insbesondere die vermehrte Vergabe an Unternehmen, die inklusive Arbeitsplätze anbieten und in denen diese schon bestehen. Das bedeutet im Umkehrschluss natürlich auch, dass wir von diesen Unternehmen erwarten, dass ihre Mitarbeiterinnen einen ordentlichen Lohn erhalten. Wir solidarisieren uns deshalb mit der Forderung nach der konsequenten Umsetzung des Mindestlohns in Werkstätten für Behinderte.
Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren leisten einen wichtigen Betrag zur wirtschaftlichen Stabilisierung von Arbeitsuchenden, zur beruflichen Neuorientierung und zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit. Auch ihren Beitrag zur Bekämpfung ausbeuterischer Arbeitsverhältnisse unterstützen wir. Die Arbeit der Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren werden wir deshalb weiter bedarfsgerecht finanzieren.
Wir stärken den Wirtschaftsstandort „ländlicher Raum“
Rund sechs Millionen Menschen bzw. ein Drittel der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen leben auf dem Land. Und das Leben auf dem Land gewinnt weiter an Attraktivität. Der Trend hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie nochmal verstärkt. Auch weil sich die ländlichen Räume in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert haben. Zwar prägen Land- und Forstwirtschaft noch immer das landschaftliche Bild, sie dominieren aber nicht mehr das wirtschaftliche und soziale Leben vor Ort.
Die ländlichen Räume in Nordrhein-Westfalen sind heute wichtige Industriestandorte, in denen viele Weltmarktführer für industrielle Produkte zuhause sind. Auch die gewerbliche Wirtschaft ist hier in den letzten Jahrzehnten um ca. 50 Prozent gewachsen, in den nicht ländlichen Räumen lediglich um ca. 30 Prozent. Dörfer und kleine Städte in NRW boomen – es wird daher Zeit, dass die Landespolitik diese Entwicklung aktiv befördert!
Wir als SPD verstehen uns als starker Partner des ländlichen Raums. Wir sind nicht allein auf die Großstädte fokussiert, sondern erkennen auch die Stärken des Dorfs für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes.
Wir wollen den Wirtschaftsstandort ländlicher Raum mit seinem Leistungsvermögen und mit seinen Innovationspotenzialen stärken. Deshalb setzen wir darauf, regionale Förderprogramme aufzusetzen. Wir wissen ganz genau, dass nicht jede Gegend in Nordrhein-Westfalen die gleichen Dinge braucht, und deshalb organisieren wir Förderung passgenau statt landeseinheitlich. Vor diesem Hintergrund werden wir ein Forschungsinstitut für Sozio-Informatik gründen, dass sich insbesondere mit der Förderung von Lebensqualität und Daseinsvorsorge in ländlich industrialisierten Räumen beschäftigt.
Der wirtschaftliche Boom des ländlichen Raums sorgt für einen wachsenden Bedarf an Fachkräften. Genau deshalb fördern wir die Ausbildung flächendeckend in NRW. Genau deshalb setzen wir auf Fachkräfteprogramme. Genau deshalb werden wir Hochschulen und Unternehmen im ländlichen Raum vernetzen. Genau deshalb wollen wir regionale Kooperationen fördern und werden dafür sorgen, dass ländliche Räume enger mit den Ballungszentren vernetzt werden.
Zudem wollen wir den Breitbandausbau beschleunigen, Infrastrukturen und Daseinsvorsorge weiterentwickeln sowie die Gesundheitsversorgung vor Ort sichern. Mehrfunktionshäuser sowie Räume zur gemeinschaftlichen Nutzung, wie Co-Working-Spaces, wollen wir fördern. Wir wollen außerdem attraktive Lebensbedingungen für Familien mit Kindern, für junge und ältere Menschen schaffen – von guten Nahverkehrsmöglichkeiten über frühkindliche Bildung bis hin zu guten Pflegeangeboten -, die gerade in den ländlichen Räumen Nordrhein-Westfalens dringend gebraucht werden.
Der ländliche Raum in Nordrhein-Westfalen mausert sich zum zweiten industriellen Herz unseres Landes. Wir rechnen damit, dass starke Unternehmen in Dörfern und kleinen Städten zunehmend die Attraktivität dieser Kommunen steigern, und deshalb braucht es auch die passende Infrastruktur. Genau deshalb werden wir die Schließung von Krankenhäusern vor Ort beenden. Der ländliche Raum muss attraktiv sein, damit er weiter den wirtschaftlichen Erfolg des Landes vorantreiben kann.
2.2
Zusammen aufwachsen in NRW – Starke Familien und ein gerechtes Bildungssystem für unsere Kinder und Jugendlichen
Haben Sie schon einmal ein Kind beobachtet, wie es lernt? So neugierig erkundet es die ganze Welt. Alles ist von Interesse, alles will verstanden werden. Genau diese Wissbegierigkeit wollen wir erhalten und fördern. Lernen in NRW soll lehrreich sein und glücklich machen.
Das Lernen ist ein lebenslanger Prozess und er verläuft bei jedem Menschen anders. Es ist wie beim „Laufen lernen“: jedes Kind hat sein eigenes Tempo und seine eigene Taktik. Einige stehen gleich wie eine eins und laufen los, andere krabbeln vor und zurück, und wiederum andere brauchen eine Hand, die sie hält, damit sie nicht hinfallen.
Genauso muss auch unser Bildungssystem funktionieren. Ein System, in dem jedem Kind die Hand gereicht wird und in dem jedes Kind die passende Begleitung zum erfolgreichen Schulabschluss findet. Dieses Ziel wollen wir mit unserer Bildungspolitik erreichen: Dass es jedes Kind schafft.
Alle Kinder verdienen, unabhängig von ihrer familiären Herkunft oder ihrer Postleitzahl, auf ihrem Bildungsweg Unterstützung dabei, ihren individuellen Weg zu finden, ob mit oder ohne Umweg. Das gilt erst recht für Menschen mit Behinderungen. Da, wo Kinder nicht fit genug sind, verdienen sie Unterstützung, um den Anschluss nicht zu verlieren. Und da, wo sie besonders fit sind, und besondere Talente haben, müssen sie gefördert werden, damit diese Talente nicht verloren gehen. Jedes Kind ist ein Individuum und jedes Kind verdient, dass wir all seine Facetten betrachten und das Bildungssystem an seinen individuellen Bedürfnissen ausrichten. Wir werden allen Kindern ein Sprungbrett für ihr Leben bauen und gleichzeitig ein Sprungtuch spannen, damit sie aufgefangen werden.
Viel in der Bildung entscheidet sich in der Familie, und deshalb wollen wir Bildung ganzheitlicher angehen. Das an Kitas erfolgreiche Konzept der Familienzentren wollen wir auch an Schulen aufbauen und ausbauen. Dort sollen alle Angebote der Familienbildung und alle Unterstützungsprogramme gebündelt werden. Das erleichtert es Eltern, den Bildungserfolg ihrer Kinder zu unterstützen.
Damit jedes Kind sein volles Potenzial entfalten kann, schaffen wir einen Anspruch auf einen Bildungslotsen ab der Geburt. Eine Person, die mit Rat und Tat zur Seite steht, um das Erreichen der eigenen Ziele zu unterstützen. Ein zufriedenes Leben für jedes Kind ist unser Maßstab. Wir werden Kommunen auch weiterhin dabei unterstützen, Kommunale Präventionsketten auf- und auszubauen und eine kommunale Gesamtstrategie mit Blick auf das Wohlergehen aller Kinder, Jugendlichen und Familien zu entwickeln. Denn hierin sehen wir eine Voraussetzung dafür, dass die verschiedenen Systeme wie Jugendhilfe, Schulen oder Soziales zusammenarbeiten und Familien frühzeitig erreichen.
Familien: Zeit füreinander ermöglichen
Für uns sind Familien dort, wo Kinder sind. Wir wollen alle Familien, egal in welcher Konstellation, stärken und ihnen mehr gemeinsame Zeit geben. Gleichzeitig wollen wir Eltern ermöglichen, persönlichen beruflichen Erfolg und eine glückliche Kindheit für ihr Kind übereinzubringen.
Mit einer Familienarbeitszeit wollen wir Familien ermöglichen, Arbeitszeiten zu reduzieren und dennoch nicht auf Einkommen verzichten zu müssen.
Dabei geht es uns vor allem darum, partnerschaftliche Aufteilungen in der BetreuungsArbeit zu unterstützen. Viele Eltern benötigen in den Randzeiten und zu früher oder später Stunde weitere Betreuung für die Kinder. Diese soll im häuslichen Umfeld und zum Wohle des Kindes stattfinden. Modelle, wie beispielsweise die Angebote des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter in Essen zur ergänzenden Kindertagesbetreuung, zeigen, dass dadurch auch das Armutsrisiko, vor allem von Alleinerziehenden, spürbar gesenkt werden kann.
Damit Familien nach der Geburt eines Kindes ausreichend Zeit zum Kennenlernen und Zusammenwachsen haben, führen wir eine Partnerfreistellung nach der Geburt ein. Um den Papierkram in den ersten Wochen des Elternseins zu reduzieren, zum Beispiel beim Elterngeld, wollen wir Familienbüros einführen, die sich um die Antragstellung in den ersten Lebenswochen kümmern und Familien auch später bei der Beantragung von Leistungen und dem Finden passender Angebote unterstützen. Das Angebot der Familienbüros kann auch bei den neu an den Schulen geschaffenen Familienzentren angedockt sein – damit Familien mehr Zeit für ihre Bedarfe und Bedürfnisse haben.
Bildung von Beginn an – Tagespflege und Kitas
Länder, die im Bildungsvergleich sehr erfolgreich und in der Familienpolitik sehr fortschrittlich sind, haben eines gemeinsam: Die Strategie, dass man in die kleinsten Kinder am meisten investiert. Das heißt, dass der Staat besonders viel Geld für die Unterstützungsleistungen für junge Familien bereitstellt. Gerade für junge Familien gibt es viele Herausforderungen, mit denen sie so nicht allein gelassen werden.
Die ersten Lebensjahre sind für die Entwicklung eines Menschen besonders wichtig. Was in diesen frühen Jahren nicht gefördert wird, kann in der Schule nur mit einem hohen Ressourcenaufwand wieder aufgeholt werden. Bildung, und somit Chancengleichheit, beginnt also schon in der frühkindlichen Bildung.
Damit wir allen Kindern schon in frühen Lebensjahren einen Anschub für ein gelingendes Leben geben, braucht es den Ausbau von Frühförderstellen sowie ein Gesetz für die frühkindliche Bildung, das die Finanzierung von Kitas und Kindertagespflege sowie einen verbesserten Kind-Fachkraft-Schlüssel beinhaltet. Bisherige Erfahrungen haben gezeigt, dass Alltagshelferinnen und -helfer für nichtpädagogische Aufgaben in der Kita eine wichtige Unterstützung sind und Mitarbeitende aus anderen Professionen für die Entwicklung der Kinder förderlich sind. Kinder, deren Elternhäuser dies nicht leisten können, erhalten nachhaltige Unterstützung bei der Sprachbildung. Daher muss der derzeitige Sozialindex so weiterentwickelt werden, dass es in Kitas, in denen besonders viel Unterstützungsbedarf besteht, mehr Personal gibt.
Eltern fragen sich, wie sie ihre Kinder bestmöglich fördern können, und suchen nach passenden Antworten. Deshalb wollen wir gute Familienbildung in Nordrhein-Westfalen weiter ausbauen.
Auch der bedarfsgerechte Ausbau der Kitas ist ein zentrales Element dafür, dass Kinder einen guten Start ins Leben haben. Das heißt, dass wir den Negativrekord der aktuellen Landesregierung auf den Kopf stellen wollen. Statt wie zuletzt nur 3.349 neue Plätze für Unterdreijährige durch die Landesregierung, werden wir für jedes Kind das passende Angebot schaffen. Dazu gehört es auch, die unterjährige Aufnahme von Kindern passend zum Ablauf von Elterngeld oder Elternzeit sicherzustellen. Das Wunsch- und Wahlrecht von Eltern bei der Wahl eines Betreuungsplatzes ist uns wichtig. Dafür muss die Trägervielfalt in Nordrhein-Westfalen weiterhin Bestand haben und gestärkt werden. Dieses Ziel werden wir im Dialog mit den Trägergruppen und den Kommunen weiterverfolgen. Es gilt: Jedes Kind braucht eine faire Chance. Diese Chance für jedes Kind ist es wert; darf aber niemals einen Preis haben. Für uns ist es selbstverständlich, dass Bildung nicht vom jeweiligen Geldbeutel oder vom jeweiligen Wohnort abhängen darf. Wir wollen, dass Eltern bei der Entscheidung, ob und wie lange sie einen Kita-Platz für ihr Kind in Anspruch nehmen, nicht als Erstes an die Gebühren denken müssen. Mit uns wird es eine umfängliche Gebührenfreiheit geben.
Nur wenn in den Kitas genug Personal zur Verfügung steht, können sie ihre wichtige Arbeit zur Zufriedenheit aller leisten. Deshalb stellen wir die Kita-Finanzierung neu auf. Statt Pauschalen für Belegungs- und Buchungszeiten statten wir Kitas durch eine auskömmliche Sockelfinanzierung so aus, dass sie keinen enormen bürokratischen Aufwand mehr haben, um Geld zu beantragen und abzurechnen. So bleibt mehr Zeit für jedes Kind.
Nötig ist ein Kita-Zukunftsgesetz für Nordrhein-Westfalen, das das Kindeswohl in den Mittelpunkt stellt. Wir wollen eine Einrichtungsfinanzierung mit einem verbesserten Personalschlüssel, der sich an realen Öffnungszeiten orientiert, Erzieherinnen und Erzieher entlastet und die Betreuungsqualität deutlich verbessert. Dabei werden wir Kindertageseinrichtungen mit einem hohen Anteil von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf zusätzlich fördern und damit den Ansatz der plusKitas weiterverfolgen. Um das Berufsbild der Erziehungsberufe weiter zu stärken, wollen wir im System mehr Aufstiegsmöglichkeiten schaffen. Dies kann über weitere Funktionsstellen, beispielsweise für Sprachförderung oder Kinderschutz geschehen. Um mehr Menschen für die Ausbildung als Erzieherin und Erzieher zu begeistern, werden wir die praxisorientierte Ausbildung ausbauen. Mehr pädagogisches Personal pro Gruppe ermöglicht eine bessere individuelle Förderung der Kinder und sorgt so für mehr Chancengleichheit und sozialen Aufstieg. Daneben brauchen wir Kita-Helferinnen und -Helfer und Kita-Kaufleute. Letztere entlasten die Leitung bei der administrativen. nicht pädagogischen Arbeit. Erstere knüpfen an die Alltagshelferinnen und Alltagshelfer an und unterstützen auf der einen Seite die Einrichtungen, auf der anderen Seite sind sie auch Sprungbrett für die Ausbildung zur pädagogischen Fachkraft und damit eine gute Chance zur Überwindung des Fachkräftemangels.
Die Schuleingangsphase ist flexibel zu gestalten. Der Stichtag soll nicht mehr das einzige Kriterium für eine verfrühte oder insbesondere verspätete Einschulung sein. Eltern und Kinderärztinnen sowie Erzieher und ggf. Psychologinnen sollen mit ihren Beurteilungen ernst genommen werden und somit bei gegebenen Voraussetzungen auch eine spätere Einschulung möglich machen. Somit wird der Individualität Rechnung getragen.
Guter Ganztag bedeutet gute Bildung
Ab 2026 kommt der Rechtsanspruch auf einen Offenen Ganztagsschulplatz (OGS). Wir haben dafür gekämpft, weil dieser Rechtsanspruch wichtig ist für Familien. Er macht das Leben für Familien leichter, befördert die berufliche Entwicklung von Eltern und ist gut für das Lernen der Kinder. Eine große Aufgabe, die alle Mühe wert ist!
Dieser Anspruch muss vorbereitet werden. Schätzungen gehen davon aus, dass Nordrhein-Westfalen bis zu 200.000 zusätzliche OGS-Plätze inklusive Räume und Personal braucht. Außerdem müssen wir die Ausgestaltung des Ganztags diskutieren, und zwar in einem Dialogprozess mit den Kommunen, den Trägern, den Schulen, den Beschäftigten, den Eltern sowie natürlich den Schülerinnen und Schülern. In jedem Fall muss deutlich mehr Geld in den Ganztag investiert werden.
Fast alle Grundschulen in Nordrhein-Westfalen sind Offene Ganztagsschulen, aber OGS wird nicht überall als ganzheitliches Schulangebot betrachtet und gelebt. In vielen Köpfen und Einrichtungen gibt es nach wie vor eine Trennung zwischen Schule und OGS, die wir endlich aufheben müssen.
Der Ganztag muss verlässlicher werden. Zurzeit sind die Unterschiede von Schule zu Schule enorm, und das kann nur durch verbindliche Standards gelöst werden. Genau deshalb führen wir diese ein. Bis heute ist der Ganztag nicht klar als Bildungsangebot definiert. Das werden wir ändern. Wir schaffen ein Ganztagsgesetz mit Mindeststandards für die Qualität des Personals, der Räume, der Angebote wie auch des Mittagessens. Es muss selbstverständlich werden, dass der Ganztag im ganzen Land ein Bildungsangebot auf gleichem, hohem Niveau ist.
Schulen – und damit auch Ganztagsschulen – müssen gute Arbeitsplätze sein. Wir brauchen ein Fachkräftegebot, müssen dabei aber sicherstellen, dass das Bestandspersonal fortgebildet werden kann. Die Beschäftigten müssen gute, sichere und unbefristete Arbeitsverträge erhalten. Sie brauchen Arbeitsplätze in der Schule und Zeit zur Vor- und Nachbereitung sowie für Besprechungen. Diese Arbeitsplätze müssen auch als Vollzeitstellen möglich sein. Der Ganztag funktioniert dort am besten, wo es einen guten Wechsel zwischen Anstrengung und Entspannung, zwischen Ruhe und Bewegung, zwischen Konzentration und Zerstreuung gibt und wo Beschäftigte aller Professionen an einem Strang ziehen, weil sie sich als Team verstehen. Guter Ganztag wirkt über das Schulgebäude hinaus. Ideal ist die Zusammenarbeit mit Vereinen und Einrichtungen, zum Beispiel aus dem Sportbereich und der Kultur. Diese Ausrichtung werden wir fördern und zum Standard machen.
Die Interessen der Familien sind wichtig, denn es geht um ihre Kinder. Um für Familien eine Entlastung zu sein, muss der Ganztag in seinen Kernzeiten kostenfrei werden. Im weiteren Beratungsprozess müssen die Erwartungen der Eltern und Schülerinnen und Schüler an einen guten Ganztag eine zentrale Rolle spielen.
Wir wollen Schule, Ganztag und Familienzentrum zusammendenken und so Bildung, Erziehung und Betreuung miteinander verknüpfen.
Kinder schützen und stärken
Kinder haben unseren Schutz verdient. Deshalb sorgen wir für einheitliche Strukturen für den Kinderschutz. Jugendämter werden landesweit gleich ausgestattet sein. Die Zusammenarbeit zwischen Behörden wird einheitlich geregelt und der Kinderschutz wird fester Bestandteil bei Aus- und Fortbildungen in entsprechenden Berufsgruppen. Das ist ein großer Wurf für besseren Kinderschutz.
Wir wollen die gesamtgesellschaftliche Bedeutung des Kinderschutzes abbilden und uns dabei deutlich von einer Fokussierung allein auf die Jugendhilfe distanzieren. Dazu gehört auch die gemeinsame Entwicklung von Schutzkonzepten mit den Kindern und Jugendlichen in den Einrichtungen und Bildungsinstitutionen. Das wollen wir in einem Kinderschutzgesetz fortlaufend weiterentwickeln.
Freiräume und politische Mitbestimmung für Kinder und Jugendliche
Kindheit und Jugend sind für uns eigenständige Lebensphasen. Diese müssen folgerichtig auch eigenständige Politikbereiche haben. Deshalb entwickeln wir eine einmischende Kinder- und Jugendpolitik. Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, ihre Interessen einzubringen und an Entscheidungsprozessen beteiligt zu werden. Die Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben für uns oberste Priorität.
Junge Menschen brauchen Freiräume. Sie benötigen freie Zeit, um selbstbestimmt Erfahrungen zu sammeln, sich eine eigene Meinung zu bilden und sich zu engagieren. Jugendliche und junge Erwachsene sind eben nicht nur Schülerinnen und Schüler, Azubis oder Studierende. Bildung findet auch außerhalb dieser institutionellen Kontexte statt. Die Kinder- und Jugendverbände, die Freie Wohlfahrt und die offene Kinder- und Jugendarbeit sind für uns wichtige Partner, wenn es darum geht, jungen Menschen diese Freiräume zu ermöglichen. Dies haben sie zuletzt eindrucksvoll in der Corona-Pandemie und bei der Arbeit mit jungen Geflüchteten unter Beweis gestellt.
Wir werden den Kinder- und Jugendförderplan in diesem Sinne weiterentwickeln und besser finanziell ausstatten. Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf Augenhöhe zu begegnen, ist elementar für ihre positive Entwicklung. Altersgerechte Mitsprache und Teilhabe in allen Belangen und Bildungsinstitutionen stärkt ihren Selbstwert und ihre Resilienz. Gleichzeitig ist Kinder- und Jugendbeteiligung ein Weg, demokratische Teilhabe von Anfang an zu leben. Das gilt insbesondere auch für unsere Schulen. Wir werden deshalb in der nächsten Legislaturperiode gemeinsam mit den Jugendverbänden eine Strategie für eine einmischende Kinder- und Jugendpolitik auf Landesebene verwirklichen und als Querschnittsaufgabe strukturell, krisenfest und verbindlich verankern. Dazu gehören für uns niedrigschwellige Beteiligungsformate sowie ein Kinder- und Jugendcheck in Gesetzgebungsverfahren. Wir wissen: Echte Partizipation funktioniert nur, wenn wir jungen Menschen auch Gestaltungsmacht geben.
Guter Start ins Leben für alle Kinder
Jedes Kind soll sein volles Potenzial entfalten können. Dabei darf Herkunft nicht länger über Zukunft entscheiden. Hürden, die aus den verschiedenen Ausgangssituationen von Kindern resultieren, räumen wir beiseite. Hier leisten Familienzentren hervorragende Arbeit. Familienzentren sind Orte, an denen Familien gebündelt Informationen und Angebote bereitgestellt bekommen. Sie fördern Kinder individuell und unterstützen Familien umfassend. Viele Kitas gehen hier schon mit gutem Beispiel voran. Wir wollen dieses Konzept an allen Grundschulen ermöglichen.
An diesen Grundschulen sollen Förder- und Hilfsangebote unter einem Dach vereint werden. Auch die Eltern sollen gut begleitet werden. Ein wichtiges Instrument dafür ist die Familienbildung, dazu gehören unter anderem niedrigschwellige Formate des Austauschs, Spielgruppen, Forschungsprojekte oder Familienfreizeiten. Zur Stärkung der Familienbildung im Sozialraum ist nicht nur eine sichere Förderung der Maßnahmen, sondern auch eine gute Verzahnung der Arbeit der einzelnen Träger und der Familienzentren notwendig. Das hilft auch Kommunen und Quartieren, die besonders stark von Bildungs- und Einkommensarmut betroffen sind: Kein Kind soll aufgrund des Wohnorts oder der finanziellen Situation der Eltern benachteiligt sein. Alle Kinder starten mit uns gut ins Leben.
Schülerinnen und Schüler können nur dort erfolgreich lernen, wo sie sich geborgen und sicher fühlen. Wir wollen, dass alle Schulen die Möglichkeit haben, ihre Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern und zu einem Abschluss zu führen. Wir brauchen eine Kultur des Auffangens und Behaltens. Jede Schule muss das Ziel haben, die aufgenommenen Kinder auch zu behalten. Wenn ein Kind die Schule verlassen muss – wenn es abgeschult wird -, hinterlässt das Narben auf der Seele. Wir brauchen eine neue Schulkultur, in der das einzelne Kind im Mittelpunkt steht. Wir wollen uns bei der Förderung nicht an den Defiziten orientieren. Wir müssen Stärken stärken und Schwächen schwächen. Die ausführliche Beschreibung von erworbenen Kompetenzen jenseits von Schulnoten, die an einigen Schulen in Nordrhein-Westfalen die Zeugnisse ergänzen, sind ein richtiger Beitrag, um eine fördernde Lernkultur zu schaffen.
Wir wollen jedes Kind mit seinen Talenten fördern und fordern. Deshalb werden wir kommunale Bildungslotsinnen und Bildungslotsen überall vor Ort einführen. Sie sollen dabei helfen, Schulabbrüche aktiv und frühzeitig zu verhindern. Vor allem aber sollen die Bildungslotsinnen und Bildungslotsen unseren Kindern und Jugendlichen helfen, ihren Kurs zu halten und zu ihrem selbst gesetzten Ziel zu finden: Mit uns wird künftig jedes Kind einen Anspruch auf ein Bildungslotsen-Angebot haben!
Wir nehmen die Herausforderungen an. Deshalb wollen wir Bildungseinrichtungen, die in besonders herausfordernden Lagen sind, besonders helfen. Dort, wo die Lern- und Lebenssituation der Kinder instabil ist, müssen Bildungseinrichtungen ein stabiler Lebensraum sein und bedürfen daher mehr personeller Unterstützung durch Fachkräfte und multiprofessionelle Teams (bestehend aus verschiedenen pädagogischen Fachkräften). Dafür braucht es deutlich mehr Geld. Wir wollen daher einen Sozialindex für unsere Bildungseinrichtungen einführen, der den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort und der Lebenswirklichkeit der Kinder entspricht. Wir schaffen gleiche Chancen für alle durch Schwerpunktsetzung, wo es sie braucht.
Für den schulischen Bereich werden wir 1.000 Schulen in besonders herausfordernden sozioökonomischen Lagen in einem ersten Schritt mit zusätzlichen personellen und sachlichen Mitteln ausstatten.
Ein gehaltvolles Mittagsessen für die gesundheitliche Entwicklung unserer Kinder sehr wichtig und darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Deshalb sollen Mittagsessen in den Bildungseinrichtungen nach Standard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gekocht werden. Für die Kinder, deren Eltern es sich nicht leisten können: kostenfrei. In einem ersten Schritt wollen wir hier die Bildungseinrichtungen an Standorten mit besonderen Herausforderungen berücksichtigen. Im Rahmen eines pädagogischen Konzepts und der eigenen Schwerpunktsetzung wollen wir diesen Kitas und Schulen die Möglichkeit geben, hier einen Schwerpunkt zu setzen.
Zur gesundheitlichen Entwicklung zählt aber natürlich noch viel mehr als nur das Mittagessen anzupassen. Um die Gesundheit von Beginn an zu fördern, wollen wir Schulgesundheitspflegerinnen und -pfleger an den Schulen einführen. Mit der perspektivischen Einsetzung wollen wir eine geregelte Gesundheitsversorgung und -förderung für Kinder, Jugendliche und das Schulpersonal an dem Lernort Schule anbieten.
Jedes Kind, das in eine Bibliothek geht, macht etwas richtig. Jedes Engagement im Verein stärkt Kinder. Deshalb brauchen Kinder Zugänge zu Vereinen und Bibliotheken, und zwar ohne finanzielle Hürden. Damit jedes Kind unabhängig von der finanziellen Ausgangslage Zugang zu Wissen erhält, sei es in Form eines Buchs oder auch digitaler Medien, wird jedes Kind einen kostenfreien Büchereiausweis bis zum Ende der Schulzeit erhalten.
Zu einer gerechten Welt gehört auch, dass wir Gesetze nicht nur daran messen, welche Bürokratiekosten durch sie entstehen, sondern auch, ob und in welcher Weise unsere Kinder davon betroffen sind. Die Auswirkungen von Gesetzgebungsvorhaben wollen wir daher zukünftig einer Bewertung unterziehen, inwieweit das Vorhaben sich auf Kinder und Jugendliche auswirkt.
Frühe Entscheidungen über Bildungskarrieren führen in die Irre. Schulen, die die Begegnung und den Austausch zwischen unterschiedlichen Milieus fördern und längeres gemeinsames Lernen ermöglichen sind hilfreich, den Bildungserfolg vom Status der Eltern abzukoppeln. Unsere Gesamtschulen haben in den letzten 50 Jahren Zusammenhalt gefördert und beeindruckende Erfolge für den Bildungsaufstieg und die Chancengleichheit in Nordrhein-Westfalen vorzuweisen. Wir wollen allen Schülerinnen und Schülern den sozialen Aufstieg über ein Abitur oder eine duale Ausbildung ermöglichen.
Mehr Personal für mehr Chancengleichheit
Unterricht ist gut, wenn er stattfindet. Deshalb machen wir Schluss mit dem Unterrichtsausfall! Dafür ist gutes und zufriedenes Personal das Fundament. Wir brauchen dringend mehr multiprofessionelle Teams in Form von: Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern, Kinderpflegerinnen und Kinderpflegern, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeitern, Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen, Pädagoginnen und Pädagogen, Kindheitspädagoginnen und Kindheitspädagogen, Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern sowie Therapeutinnen und Therapeuten. Diese können sich gegenseitig unterstützen und Kindern und Jugendlichen erweiterte Bildungschancen bieten. In diesem Zusammenhang muss die Schulsozialarbeit gesichert und verstetigt werden. Gutes Personal bekommt man nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Dafür wollen wir Ungerechtigkeiten im System beseitigen und zeitgemäße Voraussetzungen schaffen: Frühkindliche Bildung wird mit uns aufgewertet werden, die praxisintegrierte Ausbildung, die Fort- und Weiterbildung wird verbessert und ausgebaut werden. Es sind neue Aufgabenfelder in Kita und Schule entstanden. Die Aus-, Fort- und Weiterbildung für pädagogisches Personal muss den gesellschaftlichen Herausforderungen wie Vielfalt, Antidiskriminierung, Digitalisierung und Verbraucherschutz lebensnah Rechnung tragen. Insbesondere die Anerkennung von Berufserfahrungen für Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger werden wir überarbeiten. Für das gesamte Personal bedarf es einer Chance auf einen beruflichen Aufstieg und einer guten Bezahlung.
Wir brauchen jetzt eine Personaloffensive. Diese muss gemeinschaftlich von den Berufskollegs und den Hochschulen gestaltet werden. Es gilt, alle Schulen entsprechend ihren Bedarfen mit engagiertem und qualifiziertem Personal für die zukünftigen Herausforderungen auszustatten. Dazu gehören auch beispielsweise die Werkstattlehrkräfte, die Expertise aus dem Handwerk mit pädagogischen Kompetenzen verbinden. Für die Zukunft wollen wir berufliche Kompetenzen und Abschlüsse bei der Anerkennung für den Lehrberuf stärker berücksichtigen. Alle Lehrkräfte müssen den gleichen Lohn beim Eingangsgehalt verdienen. Zudem werden wir die Studienplätze für Lehramt, Sonderpädagogik und Sozialpädagogik massiv ausbauen und die Zugangsvoraussetzungen sinnvoll anpassen, um mehr Lehrkräfte und pädagogisches Fachpersonal ausbilden zu können.
Schulen, in denen Kinder keine Probleme sind
Wir wollen Schulen, in denen Kinder mit körperlichen, geistigen oder emotionalen Herausforderungen jederzeit willkommen sind. Nicht die Kinder und ihre Eltern sind das Problem, sondern die aktuellen Rahmenbedingungen. Genau deshalb wollen wir diese ändern. Eine gute Schule ist eine, die weder den Lehrkräften noch Kindern oder Eltern Probleme bereitet, sondern sie löst. Eines ist klar: Die UN-Behindertenrechtskonvention gilt. Das ist für uns unverhandelbar und das bedeutet, dass es der Auftrag der Politik ist, dafür zu sorgen, dass sie eingehalten werden kann.
Das Wichtigste dabei ist, sich jetzt zu kümmern und die Familien und Lehrkräfte zu unterstützen. Inklusion soll Teil jeder Schule sein. Dafür schaffen wir die passenden Voraussetzungen.
Wir wollen daher an jeder Schule in Nordrhein-Westfalen ein pädagogisches Zentrum mit Expertinnen und Experten einrichten. Dabei ist uns wichtig, dass diese Zentren keine Parallelstruktur werden. Hier der Lehrbetrieb und da das pädagogische Zentrum. Stattdessen wollen wir eine inklusiv arbeitende Schule mit einem gemeinsamen Kollegium aus verschiedenen Professionen. Ein pädagogisches Zentrum bündelt die pädagogische und sonderpädagogische Expertise zu Unterricht und inklusiver Schulentwicklung. Es unterstützt die Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer, die Fachlehrerinnen und Fachlehrer und die unterrichtenden Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen und steht zur schulinternen Beratung zur Verfügung. Es koordiniert die Zusammenarbeit mit Externen von der Schulpsychologie über Therapeutinnen und Therapeuten bis zur Jugendhilfe. Hier gibt es zusätzliche Angebote und Auszeitangebote in Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe, auch für Schülerinnen und Schüler, die in Konflikte geraten oder Verhaltensprobleme bearbeiten müssen.
Zusätzlich soll es zukünftig eine Art „Schnelle Unterstützungsgruppe“ in jedem Schulbezirk geben, die bei akuten Herausforderungen mit Rat und verbindlicher Hilfestellung den Familien und Schulen zur Seite steht. Das bedeutet eine echte Entlastung für Eltern und Lehrkräfte.
Wir wollen mit den Lehrerinnen und Lehrern, den anderen pädagogischen Fachkräften, den Eltern, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, aber auch Ärztinnen und Ärzten und Therapeutinnen und Therapeuten in Ruhe und vor allem mit Bedacht diese Unterstützungssysteme gemeinsam entwickeln und die Inklusion in unseren Schulen ordentlich weiterentwickeln.
Schulen auf der Höhe der Zeit
Wir werden unser Bildungssystem so weiterentwickeln, dass es den Anforderungen einer veränderten und digitalisierten Lebens- und Berufswelt gerecht wird. Dabei werden wir genau prüfen, was sich bewährt hat und was wir verbessern müssen. Wichtig ist, dass Bildungsinhalte und zu erwerbende Kompetenzen allen Schülerinnen und Schülern auch in Zukunft gesellschaftliche Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Dafür werden wir eine Bildungskommission mit Expertinnen und Experten einrichten.
Die Bildungskommission wird sich neben den Bildungsinhalten auch mit der Bildungsfinanzierung befassen. Wir brauchen mehr Geld für bessere und wirkungsvollere Bildungsangebote und ein verbindlicheres Zusammenwirken aller Beteiligten vor Ort. Die gegenwärtigen Zuständigkeiten sind weder für Familien noch für Schulen durchschaubar und Strukturen sind so angelegt, dass sie Prozesse eher lähmen als Lösungen auf akute Probleme bereitstellen. Das werden wir anpacken und das Finanzierungsgeflecht entwirren. Eine klare und verbindlich geregelte Finanzierung der staatlichen Bildungsaufgaben zwischen Land und Kommunen muss auskömmlich sein für die notwendige Qualität des Angebots, die sächliche Ausstattung in den Schulen, den Gebäudeunterhalt und für Investitionen in den Schulneubau. Damit das gleichermaßen in finanzstarken wie finanzschwachen Kommunen gelingt, greifen wir finanziell mit unserem Sonderprogramm „Schulneubau und Schulsanierung“ dort unter die Arme, wo es gebraucht wird.
So zielgerichtet, wie wir bei der Schulsanierung helfen, wollen wir es auch bei einzelnen Kindern tun. Mit einer Potenzialanalyse werden wir die Begabungen und Talente der Kinder einschätzen, um die Kinder gezielt in ihren Stärken anzusprechen.
Auch die Digitalisierung im Kita- und Schulwesen muss vorangetrieben werden. Wir brauchen mehr Geld für eine bessere Infrastruktur und Ausstattung. Diese digitale Infrastruktur muss von IT-Expertinnen und Experten verwaltet und gepflegt werden. Das entlastet die Lehrkräfte, die sich darauf konzentrieren können, den Kindern die nötige Medienkompetenz zu vermitteln, damit sie zu mündigen Mediennutzerinnen und Mediennutzern werden, indem sie reflektiert, kreativ und verantwortungsvoll digitale Medien nutzen. Weil Medienkompetenz uns besonders wichtig ist, werden wir das Budget für Fortbildungen pro Lehrkraft anheben. Daneben müssen wir die Digitalkompetenzen der Schülerinnen und Schüler in den Blick nehmen und in allen Schulformen die Grundlagen der Informationstechnologie unterrichten.
Wir wollen uns dafür einsetzen, dass unsere Bildungsinstitutionen diskriminierungsfrei werden. Dafür wollen wir Schutzstrukturen für betroffene Schülerinnen und Schüler sowie für Lehrkräfte etablieren.
Berufliche Bildung früher in den Blick nehmen
Schulen auf der Höhe der Zeit müssen auch Übergänge in eine akademische und handwerkliche Berufslaufbahn gleichermaßen ermöglichen und früh vorbereiten. Wir brauchen zum Beispiel gute Ingenieure, die nachhaltige Energien planen und gute Handwerker, die diese in die Tat umsetzen.
Hierfür müssen alle Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I gute strukturelle Voraussetzungen haben, um eine duale Ausbildung mit ihrem jeweiligen Abschluss antreten zu können. Insbesondere mit dem Haupt- und dem Realschulabschluss soll auch eine gute berufliche Lebensplanung möglich sein. Diese Abschlüsse müssen wieder mehr wert sein und wertgeschätzt werden.
Damit alle einen Abschluss bekommen, werden wir – wie im Kapitel Arbeit und Wirtschaft ausgeführt – das Erfolgsprogramm „KAoA – Kein Abschluss ohne Anschluss“ stärken, ausbauen und eine Ausbildungsplatzgarantie in Nordrhein-Westfalen einführen. Zudem werden wir an allen Schulformen praktische Unterrichtsinhalte in der Sekundarstufe I erhöhen und die starken Angebote der Berufsorientierung an den Berufskollegs bereits in die Sekundarstufe I ziehen. Hierzu werden wir, orientiert an der individuellen Ausgangslage der Schülerinnen und Schüler, Möglichkeiten des Langzeitpraktikums stärken und ausbauen. Hiermit spannen wir ein Sprungtuch, damit niemand ohne Anschluss die Schule verlässt.
Wir wollen alle jungen Menschen in eine Arbeitswelt bringen – sei sie handwerklich oder akademisch ausgerichtet – die sie mit einer hohen Berufszufriedenheit ausfüllt.
Für uns bedeutet schulische Bildung das Lernen für das Leben, damit jeder die Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes und zufriedenes (Berufs-)Leben erlangen kann.
Akademische Bildung und Wissenschaft
Wissenschaft und Forschung sind entscheidend, um den künftigen Herausforderungen für unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft erfolgreich begegnen zu können und die Zukunft unseres Landes souverän zu gestalten. Wir benötigen eine starke Grundlagenforschung, um den Wissensspeicher mit neuen Ideen und Technologien zu füllen. Von gleicher Bedeutung ist die angewandte Forschung, die die Brücke schlägt, um wissenschaftliche Erkenntnisse in Wirtschaft und Gesellschaft nutzen zu können. Unsere Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAWs) in der dichtesten Hochschul- und Forschungslandschaft Europas werden wir als Herz des Wissenschaftssystems stärken. Neben einer Fokussierung auf unsere Hochschulen werden wir auch die Ansiedlung weiterer außeruniversitärer Forschungsinstitute offensiv fördern und begleiten. Ihre Zusammenarbeit mit den Hochschulen werden wir unterstützen. Wir werden erstklassige Bedingungen für Forschung schaffen, um im nationalen und internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen zu können. Die anwendungsorientierte Forschung wollen wir stärken, unter anderem, indem wir die Lehrverpflichtung an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften reduzieren, das Promotionskolleg NRW verlässlich unterstützen und die Mittel für Forschung an den HAWs gemeinsam mit dem Bund steigern. Auch das Potenzial der anwendungsnahen Forschungseinrichtungen der Forschungsgemeinschaft des Landes, der Johannes-RauForschungsgemeinschaft werden wir heben, indem wir die Förderung des Landes aufstocken und die Institute von Bürokratie entlasten. Geschlechtergerechtigkeit und Vielfalt in all ihren Dimensionen sind dabei Qualitätsmerkmale und Wettbewerbsfaktoren im Wissenschaftssystem.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass gute Arbeitsbedingungen und verlässliche Karrierewege für unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geschaffen werden.
Wir bekennen uns dazu, dass Daueraufgaben auch Dauerstellen brauchen: Unsere Forschenden und Lehrenden sollen sich keine Sorgen machen müssen, ob sie im kommenden Semester noch eine Arbeitsstelle haben. Darum wollen wir die Entfristung von promoviertem wissenschaftlichem Personal zur Regel machen. Wir werden uns für eine verlässliche Grundfinanzierung der Hochschulen sowie für neue und dauerhafte Beschäftigungsmöglichkeiten unterhalb der Professur einsetzen. Die schwierige Situation von Promovierenden ist uns bewusst. Wir wollen dafür sorgen, dass sich die Arbeitsverträge von Promovierenden an der tatsächlich zu erwartenden Promotionszeit orientieren, und dass 100 Prozent Arbeit auch zu 100 Prozent entlohnt wird. Wir wollen außerdem dafür sorgen, dass studentische Hilfskräfte an Universitäten grundsätzlich dem Tarifvertrag der Länder unterliegen und sie unbefristete Arbeitsverträge erhalten, wenn sie für Daueraufgaben eingesetzt werden. Zur Verbesserung der studentischen Arbeitsbedingungen gehört auch die Abschaffung der Optionalisierung von SHK-Räten als einzige studentische Personalvertretung und stattdessen deren verpflichtende Einführung.
Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, was an den Hochschulen und im Wissenschaftssystem falsch läuft. Viele Studierende haben seit Beginn ihres Studiums noch nie eine Hochschule, eine Mensa oder die Bibliothek von innen gesehen, geschweige denn ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen außerhalb von Videokonferenzen. Digitale Lehre, psychische Belastungen und fehlender Ausgleich waren und sind auch nach zwei Jahren Pandemie Alltag an den Hochschulen. Dabei soll das Studium für Studierende zu den glücklichsten Phasen ihres Lebens gehören. Neues Wissen wird erworben, man feiert, erkundet die Welt, politisiert und qualifiziert sich. Alles das trägt dazu bei, den eigenen Horizont zu erweitern und Netzwerke zu knüpfen. Dieses Glück soll nicht an Organisationsoder Finanzierungsfragen scheitern.
Wir wollen deshalb die Studierendenwerke so finanzieren, dass diese ihre Aufgabe sachgerecht durchführen können und Semesterbeiträge gesenkt werden können. Eine auskömmliche Finanzierung ist die Grundvoraussetzung dafür, dass die Studierendenwerke ihrer sozialen Verantwortung nachkommen und die nötige Infrastruktur eines sozialen Campus schaffen können. Die Stärkung von Angeboten der preisgünstigen Hochschulgastronomie, der Kinderbetreuung und der psychosozialen Fürsorge für Studierende steht dabei für uns im Fokus. Weniger finanzielle Sorgen bringen mehr Bildungserfolg und machen die Hochschule für alle jungen Menschen leichter zugänglich. Mit dem Semesterbeitrag allein ist es nicht getan. Die finanziellen Belastungen von Studierenden entstehen nämlich nicht allein durch die Semesterbeiträge. Insbesondere die Kosten für notwendige (digitale) Ausstattung und die steigenden Lebenshaltungskosten in den Universitätsstädten führen zu wachsenden finanziellen Unsicherheiten bei Studierenden. Wer heute in einer Unistadt leben will, braucht auch bezahlbaren Wohnraum. Deshalb investieren wir als Land in den Neubau und die Sanierung von Studierendenwohnanlagen. Am Mietmarkt soll die Bildung nicht scheitern. Das BaföG muss ein Studium ohne wirtschaftliche Existenzsorgen ermöglichen und genau deshalb hat die SPD dies mit den Koalitionspartnern im Bund für die kommende Legislaturperiode verhandelt.
Die Hochschulen zu öffnen für alle jungen Menschen, auch wenn die Eltern wenig Geld haben, ist unser Ziel. Dafür setzen wir an allen bekannten Problemen an und lösen sie. Dabei steht für uns die Garantie eines gebührenfreien Studiums an erster Stelle. Neben materieller Unterstützung in Sachen Studienfinanzierung und Wohnen wollen wir dabei auch die ideelle Förderung an den Hochschulen hinsichtlich der Bedürfnisse insbesondere von Erstakademikerinnen, Studienanfängern mit Migrationsgeschichte und Frauen in den Blick nehmen. Zur Wissenschaft gehört aber auch, zu wissen, dass man noch nicht alles weiß. Wir wollen soziale Ungerechtigkeiten an den Hochschulen und in der Gesellschaft überwinden und deshalb investieren wir in Forschung, die uns die Augen öffnet. Beim Thema soziale Gerechtigkeit an Hochschulen ist noch viel zu tun: Drei von vier Professuren in Deutschland sind mit Männern besetzt, in den Spitzenpositionen wie dem Vorsitz einer Forschungsgesellschaft, sind sogar nur 8,1 Prozent weiblich. Um Frauen zu fördern, wollen wir ein eigenes Landesprogramm zur Stärkung junger Akademikerinnen in der Wissenschaft und an Hochschulen einführen. Mit Blick auf das Sozialprofil der Wissenselite wird klar, auch hier gibt es noch viel zu tun: Zwei von drei Spitzenpositionen sind in Familien aufgewachsen, die zu den obersten 3,5 Prozent der Gesellschaft gehören. Deshalb müssen wir auch verstärkt Faktoren wie Klassismus und Rassismus in der Wissenschaft in den Blick nehmen und uns erneut fragen, wer forscht und lehrt eigentlich an unseren Hochschulen und Einrichtungen? Wir setzen uns dafür ein, dass Wissenschaft von sozialer Herkunft entkoppelt wird und nicht Privileg einiger weniger ist. Dazu wollen wir auch einen interdisziplinären Forschungsverbund zu Aspekten der sozialen Ungleichheit und gesellschaftlichem Zusammenhalt gründen.
Die Hochschulen werden besser, wenn sie gemeinsam gestaltet werden. Deshalb stehen wir für das Modell der demokratischen Hochschule und führen die Viertelparität in allen Hochschulgremien ein. Alle vier Statusgruppen (Professorinnen und Professoren, Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Technik und Verwaltung sowie Studierende) sollen zu gleichen Teilen in den Hochschulgremien vertreten sein.
Die Studierendenschaft an deutschen Hochschulen ist divers und vielfältig. Studierende befinden sich in unterschiedlichen Lebensmodellen und -situationen. Das Studium sollte daher selbstbestimmt und eigenverantwortlich gestaltet werden können. Anwesenheitspflichten und eine Höchststudiendauer lehnen wir ab, da sie die unterschiedlichen Lebensrealitäten der Studierenden verkennen und einen erfolgreichen Studienabschluss erschweren. Insbesondere Studierende mit Kind, pflegende und chronisch kranke Studierende benötigen daher flexible Optionen der Studiengestaltung und angemessene Unterstützungssysteme. Dies betrifft unter anderem die auskömmliche digitale Ausstattung der Infrastruktur, die Entbürokratisierung und Entlastung durch vollständig digitalisierte Administrationen sowie die nachhaltige Förderung von Daten getriebener Forschung sowie deren Forschungsdaten in allen Disziplinen – von Altertumskunde bis Zoologie. Wir wollen zudem die Entwicklung nachhaltiger Lehr- und Lernkonzepte zur Stärkung der „digital literacy“ sowohl der Studierenden als auch der Beschäftigen in Forschung und Lehre sowie Technik und Verwaltung fördern. Auf diese Weise unterstützen wir die Aus- und Weiterbildung (digital) selbstbestimmter Mitbürgerinnen und Mitbürger und machen sie stark für gesellschaftliche Umbrüche und die Herausforderungen eines von digitaler Transformation geprägten Arbeitsmarktes.
Den Entwicklungs- und Bildungsfreiraum eines Studiums angesichts der immensen Erwartungen des Arbeitsmarktes bezüglich Flexibilität, Mobilität und Qualifikation freizuhalten – das stellt alle Beteiligten im Hochschulwesen vor enorme Herausforderungen. Durch eine möglichst frühe Zertifizierung der vielen sozialen, fachlichen, methodischen und digitalen Kompetenzen, die im Laufe eines Studiums erworben werden, wollen wir diesen Freiraum stärken, um faire Übergänge in andere Aus-und Weiterbildungsformen zu schaffen – etwa im Falle eines Studienfachwechsels oder Abbruchs. Wir werden Hochschulen dabei unterstützen, solche Angebote einzurichten und über den Europäischen bzw. den Deutschen Qualifikationsrahmen abzusichern.
Alle, für die wir die Hochschulen weiter öffnen, sollen gute Arbeits- und Studienorte vorfinden. Deshalb werden wir die Hochschulgebäude sanieren und energetisch modernisieren, barrierefrei bauen oder umbauen. Dass wir gleichzeitig im Seminarraum mit Studierenden die Auswirkungen des Klimawandels wissenschaftlich betrachten und dabei das Fenster undicht ist, darf nicht so bleiben.
Wir wollen nicht nur sanieren, sondern auch einen qualitativen Zugewinn für unsere Hochschulen erzielen. Lehre verändert sich, es wird interdisziplinärer gearbeitet und mehr Praxisbezüge werden hergestellt. Das begrüßen wir und erkennen daraus auch neue räumliche Notwendigkeiten. Deshalb wollen wir die Weiterentwicklung der Campus an den Hochschulen dauerhaft fördern. Eine qualitativ hochwertige und funktionierende bauliche Infrastruktur der Hochschulen und deren Integration in das Stadtbild, die Stadtinfrastruktur und die übergeordnete Verkehrsinfrastruktur sind für die Städte von morgen essenziell. Diese komplexe Aufgabe wollen wir exemplarisch mit ganzheitlichen Handlungskonzepten und neuen Finanzierungswegen angehen. Der Campus soll urbaner Lern-, Arbeits- und Lebensort werden. Diese pulsierenden Herzen des Hochschullebens und der Städte müssen dazu aber infrastrukturell ertüchtigt werden.
Hochschulen sind jedoch nicht nur Lern-, Arbeits- und Lebensorte, sondern auch Impulsgeber und Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung, der Identität sowie des strukturellen Wandels von Städten und Regionen. Nordrhein-Westfalen ist mit seinen zahlreichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen der dichteste Wissenschaftsraum Europas. Hochschulkooperationen wie zum Beispiel die Universitätsallianz Ruhr geben Ballungsräumen Innovationskraft und sind unersetzlich für ihre Entwicklung zu einer Wissensregion. Solche Kooperationen von Hochschulen, aber auch die enge Vernetzung mit Städten und Regionen werden wir weiter unterstützen.
Wir werden uns für die Neugründung eines Nationalen Bildungsrats einsetzen. Dieser soll als dauerhaftes Gremium mit Akteurinnen und Akteuren aus Praxis und Wissenschaft, regelmäßig und unabhängig von der Kultusministerkonferenz, an gemeinsamen Zielen und Maßnahmen für das deutsche Bildungssystem arbeiten und diese auch veröffentlichen.
2.3
Eine bessere und zukunftsfeste Gesundheits- und Pflegeversorgung
Gesundheit ist Voraussetzung für Wohlbefinden. Nur, wer weiß, dass man im Krankheitsfall gut versorgt ist, kann frei leben. Deshalb ist Gesundheit einer unserer politischen Schwerpunkte. Wir stehen für die Freiheit von Sorge und Angst. Wir wollen Gewissheit für alle Menschen, dass sie die bestmögliche gesundheitliche Versorgung erhalten.
Dienstleistungen, Produktion und Forschung für Gesundheit sind aber auch zu einem maßgeblichen Faktor für Beschäftigung und Wirtschaftskraft in Nordrhein-Westfalen herangewachsen. Wir wollen konkrete Projekte in den Regionen unterstützen und damit dazu beitragen, dass die Kompetenzen Nordrhein-Westfalens in der Gesundheitsversorgung, -technik und -forschung auch über die Grenzen des Landes hinaus wahrgenommen, genutzt und dadurch weiter gestärkt werden.
Wir betrachten Gesundheit nicht nur im Lichte der aktuellen Corona-Krise, sondern weit darüber hinaus. Wir wollen eine Gesundheitspolitik, die immer überzeugt: Im Katastrophenfall genauso wie im Alltag. Dafür treten wir an.
Außerdem treten wir für die Stärkung der personellen, finanziellen und digitalen Ausstattung der kommunalen Gesundheitsämter ein.
Wir stellen sicher, dass Menschen, die krank werden, chronisch erkrankt sind oder eine Behinderung haben, gut versorgt sind. Wir können dafür sorgen, dass die Angehörigen Zeit für ihre erkrankten Lieben haben, anstatt herumzutelefonieren, um einen Platz im Krankenhaus oder einen Termin beim Facharzt zu bekommen. Und wir können dafür sorgen, dass das Gesundheitswesen ein Arbeitsplatz mit hoher Arbeitszufriedenheit wird. Das alles können wir tun und deshalb werden wir es tun.
Zukunftsfähige Krankenhäuser
Beginnen wir mit den Krankenhäusern. Sie sind doch mehr als Gebäude, in denen medizinische Versorgung organisiert wird. Sie sind gleichzeitig Arbeitgeber, Wirtschaftsfaktor und Garant dafür, dass schnell geholfen werden kann, wenn Hilfe gebraucht wird. Genau deshalb – weil Krankenhäuser wichtig für die Gesellschaft sind -werden wir landesweit alle Krankenhausstandorte erhalten, manche möglicherweise mit verändertem Versorgungsauftrag. Mit Schließungen soll endlich Schluss sein.
Sie können einem kranken Menschen nicht erklären, dass es für sie oder ihn kein Krankenhaus in der Nähe gibt, weil Krankenhausstandorte allein an Faktoren wie Bevölkerungsdichte und demografischer Struktur bemessen wurden. Wer krank ist, braucht ein Krankenhaus vor Ort. Eines, das so nah ist, dass ein lieber Freund mit Blumenstrauß leicht zu Besuch kommen kann. Das Land berücksichtigt bei der Krankenhausplanung, dass wohnortnah eine kinderchirurgische Grundversorgung für (Klein)Kinder gegeben sein muss.
Das zu organisieren ist möglich.
Dafür müssen wir den ambulanten und stationären Sektor neu ordnen. Das heißt, dass wir politisch dafür sorgen, dass ambulante Versorgungsangebote und bestehende Krankenhäuser enger zusammenarbeiten. Heute trennt man diese Angebote allein aus bürokratischen, aber nicht aus medizinischen Gründen. Wir verstehen unseren Auftrag so, dass wir solche bürokratischen Unsinnigkeiten zu verändern haben. Wir lösen daher die künstlichen Grenzen von ambulant und stationär, von gesetzlicher Krankenversicherung und gesetzlicher Pflegeversicherung auf. Zusammenarbeit statt Zuständigkeitsabgrenzung. So entsteht mehr Wirtschaftlichkeit ohne neuen Druck auf die Beschäftigten.
Die Verzahnung der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung benötigt entsprechende organisatorische Strukturen. Hierfür werden wir die Möglichkeiten von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Integrierten sektorenübergreifenden Gesundheitszentren (ISGZ), also die Verknüpfung der ambulanten und der stationären Versorgung, besonders in den Fokus nehmen. Bei Planungsgesprächen mit Investoren und möglichen Trägern vor Ort setzen wir uns für eine stärkere Einbindung der Kommune bzw. der städtischen Beteiligungsorganisationen in die Umsetzung ein.
Die unwirtschaftlichen Strukturen der Krankenhausfinanzierung müssen reformiert werden. Weil ein solcher Prozess langwierig ist, gehen wir in zwei Schritten vor. Wir ändern schnell im bestehenden System die finanziellen Rahmenbedingungen und sorgen für Entlastung und arbeiten parallel an einem neuen Vergütungssystem gemeinsam mit dem Bund.
Wichtig ist uns dabei, dass wir aus der Corona-Pandemie die richtigen Schlüsse ziehen. Wir brauchen eine gute Finanzierung für den Alltag und müssen Reserven anlegen und Vorbereitungen für medizinische Krisenfälle treffen. Im besten Falle brauchen wir sie nie, aber wenn wir sie brauchen, ist getroffene Vorsorge besser, als überrumpelt zu werden.
Nie wieder sollen medizinische Masken und Spritzen ausgehen! Wir schaffen gesicherte Lieferketten und eine abgestimmte Lagerhaltung für krisenrelevante Produkte wie zum Beispiel persönliche Schutzausrüstung, Testkits und Desinfektionsmittel. Gesundheit ist so wichtig, dass uns das Lagerhaltungskosten wert ist.
Neue Kosten werfen immer die Frage auf, wo eingespart werden soll. Für uns ist klar, dass dies nicht bei den Beschäftigten, nicht bei der Qualität, nicht bei den Standorten passieren darf. Stattdessen machen wir uns dran, Bürokratie und übermäßige Regulierung abzubauen. Dass das geht und im Zweifelsfall notwendig ist, haben wir doch nun schon monatelang erlebt. Heute impfen auch Apothekerinnen und Apotheker und andere Professionen. Dass sie es lange nicht durften, war eine unsinnige Regulierung, von denen es sehr viele gibt. Genau diese systematisch zu identifizieren und abzubauen, ist unser Auftrag in den kommenden Regierungsjahren.
Das alles hilft aber nur wenig, wenn jeder Gewinn aus weniger Bürokratie von privaten Klinikbetreibern aus dem System genommen wird. Wir wollen guten Gesundheitsschutz vor Ort finanzieren und deshalb werden wir die Gewinnentnahme für private Klinikbetreiber, Klinikgesellschaften und Klinikkonzerne regulieren. Man darf mit Gesundheit Geld verdienen, aber unser Gesundheitssystem darf nicht für den persönlichen Vorteil auf Verschließ gefahren werden. Wer diesen Markt nach unserer Regulierung nicht mehr lukrativ genug findet, kann sich darauf verlassen: Wir scheuen uns nicht, Kliniken wieder in kommunale Trägerschaft zu übernehmen.
Wir wollen, dass der Kostendruck sinkt und sind deshalb bereit, mehr in Gesundheit zu investieren. Im Gegenzug wollen wir aber auch, dass der Druck auf die Beschäftigten im Gesundheitswesen merklich sinkt. Dienstleistungen, die in Krankenhäusern anfallen und nicht zu den eigentlichen Gesundheitsdienstleistungen gehören – wie zum Beispiel die Reinigung, die Küche, die Logistik, die Wäsche – wollen wir nicht länger in Tochtergesellschaften ausgliedern lassen. Tarifflucht und Dumpingtarifverträge in diesen Bereichen sind unsozial, unwürdig und gesamtwirtschaftlich nicht nachhaltig. Deshalb lautet unser Versprechen: Mehr Geld für Gesundheit und mehr Lebensqualität für die Beschäftigen.
Neben den Krankenhäusern leisten auch die Rehakliniken einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsversorgung in unserem Land. Zusätzlich sind sie wichtige Standortfaktoren in einigen Regionen unseres Landes. Wir werden die Rehakliniken auch bei zukünftigen Gesundheitsplanungen in NRW unterstützen.
Gesundheit für alle in ganz Nordrhein-Westfalen
Wir wollen in allen Landesteilen einen guten und wohnortnahen Zugang zu medizinischer Versorgung und gute vorsorgende Angebote, damit Menschen weniger oft krank werden. Dazu stehen wir in Nordrhein-Westfalen vor zwei Herausforderungen: Wir müssen uns besonders um die Versorgung in ländlichen Bereichen und um die Versorgung in den Stadtteilen kümmern, in denen Menschen mit geringem Einkommen leben. Nach der Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe werden wir bis zum Jahr 2030 – also in 8 Jahren – rund 1.165 Hausärztinnen und Hausärzte weniger haben als heute.
Wir wollen mehr Hausärztinnen und Hausärzte für die ländlichen Bereiche NordrheinWestfalens und für die Stadtteile, in denen wenig Privatversicherte zu erwarten sind, finden. Dazu werden wir Anreizsysteme schaffen – durch Studienstipendien, Praxiskredite und mehr Studienplätze für Medizin. Unser Ziel bleibt, dass der erste Anlaufpunkt im Gesundheitssystem die Hausärztin bzw. der Hausarzt ist. Auch bei Fachärztinnen und Fachärzten und besonders Kinderärztinnen und Kinderärzten gehen wir neue Wege, um engagierte Frauen und Männer für diese Aufgabe zu gewinnen.
Medizinische und rehabilitative Versorgung und Pflege sind eine Teamleistung; in der Berufspraxis müssen die Beteiligten Hand in Hand arbeiten. Auf diese gemeinsame Zusammenarbeit bereitet das jetzige Ausbildungssystem zu wenig vor. Pflegerinnen, Therapeuten sowie Ärztinnen und Ärzte kommen häufig erst im Berufsalltag, aber nicht in Ausbildung und Studium miteinander in Kontakt. Wir setzen uns für mehr interdisziplinäre Ausbildungsanteile ein, um die Basis für die gemeinsame Zusammenarbeit zu verbreitern.
Der Fachkräftemangel in der Pflege und den therapeutischen Gesundheitsfachberufen wird durch mangelnde Bildungs- und Aufstiegsperspektiven mitverursacht. Wir schaffen in Nordrhein-Westfalen auch für diese Berufe die Rahmenbedingungen, um von der Ausbildung bis zur Promotion in den entsprechenden Berufsfeldern gelangen zu können. Hiermit einher geht die Förderung von Forschung in den Therapieberufen und der Pflege auch auf universitärem Niveau.
Der Einsatz von Hebammen muss flächendeckend sichergestellt werden. Hebammen erfüllen eine zentrale Rolle für werdende Mütter und Familien. Man muss sich in NordrheinWestfalen darauf verlassen können, dass die Geburt eines Kindes gut begleitet wird. Den Bedarf an Hebammen werden wir mit zusätzlichen Studienplätzen entsprechen.
Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und stellen die Versorgungssicherheit bei Schwangerschaftsabbrüchen her. Sie sollen Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein. Die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung. Sogenannten Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern treten wir wirksam entgegen. Wir stellen die flächendeckende Versorgung mit Beratungseinrichtungen sicher, die zukünftig auch online möglich sein soll. Wir unterstützen die Initiativen auf Bundesebene zur Streichung des §219a, damit Ärztinnen und Ärzte öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen.
Gleiches gilt für die zahnärztliche Versorgung. Es braucht sie flächendeckend und verlässlich im ganzen Land. Sie gehört zu den grundlegenden, notwendigen medizinischen Versorgungsangeboten in der Fläche. Die wohnortnahe ausgerichtete PatientenZahnarzt-Beziehung ist für die Zahngesundheit der Bürgerinnen und Bürger wichtiger Bestandteil der Versorgung. Das erklärt sich ganz leicht: Man sollte regelmäßig zur zahnärztlichen Kontrolle gehen. Je länger man es aufschiebt, desto schlimmer wird es. Neue Praxen müssen barrierefrei sein. Der Ausbau einer barrierefreien Versorgung mit Zahnärztinnen und Zahnärzten ist ein wichtiger Baustein in der allgemeinen Versorgung. Je weniger Praxen, je weiter die Strecken zum Zahnarzt oder zur Zahnärztin werden, desto größer wird die Barriere diese Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. Es ist also auch ökonomisch sinnvoll, lieber in die breite Prävention, statt in teure Zahnbehandlungen zu investieren, die hätten vermieden werden können.
Wir werden die derzeitigen Lücken bei der medizinischen Versorgung, sei es ambulant oder stationär, bei psychischen, neurologischen und orthopädischen Erkrankungen schließen.
Neben der Versorgung mit Krankenhäusern, Haus- und Fachärztinnen und -ärzten wollen wir das Wissen der Menschen über ihren Körper und ihre Gesundheit vermehren. Wir wollen präventive Angebote, die sehr niedrigschwellig sind und es allen Menschen ermöglicht, mehr auf sich und die eigene Gesundheit zu achten. Wir wissen, dass es Lebenssituationen und Lebensumstände gibt, die es schwer machen, sich ausreichend um sich selbst zu kümmern. Wir wollen verschiedene Wege ausprobieren, um dies zu ändern.
Wir setzen Gesundheitslotsen ein, die Betroffenen und Angehörigen bei Fragen der Gesundheitsförderung und -prävention begleiten. Gesundheitslotsinnen und -lotsen können Betroffene und Angehörige auch bei Fragen der häuslichen, stationären und sozialen Versorgung beraten und begleiten. Die Krankenkassen können eine aktive Rolle bei den Gesundheitslotsen spielen. Diese Lotsinnen und Lotsen wollen wir mit Landesmitteln fördern.
Wir wollen in Ballungsräumen barrierefreie „Gesundheits-Kioske“ einrichten und damit in den Stadtteilen sicherstellen, dass es ein leicht zugängliches und barrierefreies Angebot vor Ort gibt, bei dem Menschen in Fragen von Gesundheitsförderung, Krankheit und Pflege Informationen und Unterstützung bekommen. Dazu gibt es bereits Projekte der AOK, die wir landesweit ausbauen wollen. Ziel muss es sein, Menschen in einer persönlichen gesundheitlichen Notsituation mit oder ohne Krankenversicherung zu helfen. Die Gesundheits-Kioske sollen ein vertrauensvoller und akzeptierter Anlaufpunkt im Stadtteil werden. Dazu ist es wichtig, Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen und Sprachkenntnissen für die Arbeit vor Ort zu gewinnen. Die Gesundheits-Kioske können auch wichtige Aufklärungsarbeit übernehmen: zur Krebsvorsorge, zur Ernährung und für Angebote aus dem Bereich Sport. Hier können viele Angebote, die es bereits in einer Stadt gibt, gebündelt vorgestellt werden.
Um Doppelstrukturen in den Kommunen zu vermeiden, können diese Aufgaben auch an bereits bestehende und etablierte Beratungsangebote vor Ort angedockt werden.
Wir fühlen uns dem „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ verpflichtet und unterstützen die personelle Stärkung und verbesserte digitale Ausstattung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.
Die seelische Gesundheit eines jeden Menschen ist neben der körperlichen Unversehrtheit das höchste Gut. Die seelische Gesundheit ist für jeden einzelnen Menschen wichtig sowie für die gesamte Gesellschaft. Unsere Lebenswirklichkeit wird sich weiter verändern. Wir müssen an unserer Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit arbeiten. Psychische Erkrankungen, wie Depression, sowie Suizid und Einsamkeit dürfen keine Tabuthemen bleiben. Wir müssen gerade junge Menschen aufklären und sensibilisieren. Wir müssen die psychischen Erkrankungen wie Depression enttabuisieren. Wir werden entsprechende Präventionsmaßnahmen entwickeln und die Anzahl an ambulanten Therapieplätzen und Klinikplätzen auch im Kinder- und Jugendpsychiatrischen Bereich erhöhen. Wir werden Beratungs- und Therapieangebote schaffen, die niedrigschwellig sind und die kurzfristig zu erreichen sind. Damit ein Mensch in Not, der Hilfe benötigt, nicht monatelang auf einen Termin bei einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten warten muss. Besonders Kinder und Jugendliche haben unter der Pandemie gelitten. Die Zahl der Kinder, die an Depressionen leiden, ist nochmal gestiegen. Durch den Ausbau von schulpsychologischen Angeboten wollen wir den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, Lockdown-Erfahrungen zu verarbeiten.
Wir halten die Versorgungsverpflichtung bei psychischer Erkrankung vor der Notwendigkeit einer stationären Aufnahme für erforderlich. Dazu stärken wir die gemeindepsychiatrischen Verbünde, wo sie bestehen und unterstützen ihren Aufbau landesweit zum Aufbau kooperativer leistungserbringerübergreifender Strukturen zur wohnortnahen Versorgung. Diese sollen die Unterstützung unter Berücksichtigung von Selbstbestimmung und Zwangsvermeidung in Kooperation sicherstellen.
Apotheken sind in vielen Regionen ebenfalls erste Anlaufstellen, wenn Menschen sich krank fühlen. Wir setzen uns dafür ein, dass es öffentliche, inhabergeführte Apotheken gibt, die den gesetzlichen Auftrag zur flächendeckenden barrierefreien Arzneimittelversorgung gut leisten können. Apothekerinnen und Apotheker leisten in vielen Situationen einen wertvollen Beitrag zur Gesundheit ihrer Kundinnen und Kunden in der ambulanten Versorgung.
Für Familien wollen wir in den von uns neu geschaffenen Familienzentren an den Schulen Angebote zur gesundheitlichen Prävention anbieten: Gesunde Ernährung, Sportangebote, Angebote zur Förderung der Zahngesundheit und die Begleitung durch Hebammen. All das trägt zu besserer Gesundheitsvorsorge bei und senkt damit mittel- und langfristig die Gesundheitskosten insgesamt. Ein Zugewinn an Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger sowie eine Entlastung für das Gesundheitssystem.
Pflege der Zukunft: Neue Konzepte für große Herausforderungen
In Nordrhein-Westfalen werden aktuell 965.000 Menschen gepflegt. Drei Viertel von ihnen erhalten liebevolle Pflege durch ihre Angehörigen zuhause. Eine Leistung der Angehörigen, die unseren Respekt verdient, die aber nicht überfordern darf. Wir wissen, dass der Bedarf an Pflege in den kommenden Jahren wegen der Alterung unserer Gesellschaft weiter ansteigen wird. Wir wissen auch, dass es der Wunsch der meisten Menschen ist, im eigenen Zuhause möglichst lange leben zu können. Damit das möglich ist, stellen wir jetzt die Weichen:
Unser Ziel ist es, die pflegenden Angehörigen zu entlasten. Das gilt insbesondere für den Personenkreis der vollzeitarbeitenden pflegenden Angehörigen, zum Beispiel durch Streichung des Beitragszuschlags für Kinderlose, wenn sie Angehörige pflegen. Dazu wollen wir umfassende und ganzheitliche Beratungsangebote schaffen. Wir wollen die bisherigen Pflegestützpunkte zu Pflegekompetenzzentren weiterentwickeln und in ihnen alles Wissen über gesundheitliche Leistungen, finanzielle mögliche Leistungen und Pflegeangebote bündeln. Betroffene und Angehörige sollen hier bestmöglich beraten werden, um stationäre Aufenthalte zu vermeiden.
Wir wollen Pflegestützpunkte einrichten, die eine medizinische und pflegerische Grundversorgung bieten. In diesen Pflegestützpunkten sollen neue, fachübergreifende Beratungsangebote eingerichtet werden. Dort sollen speziell ausgebildete Lotsen mit Betroffenen und Angehörigen persönliche Unterstützungskonzepte entwickeln, die den langfristigen Erhalt der Lebensqualität zum Ziel hat. Das umfasst die Gesundheitsversorgung ebenso wie den pflegerischen Unterstützungsbedarf und die Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe in der näheren Umgebung. So wollen wir gewährleisten, dass Menschen mit Unterstützungsbedarf möglichst lange selbstbestimmt und zufrieden im eigenen Zuhause leben können. Gleichzeitig werden die Angehörigen so entlastet, weil sie auf verlässliche Strukturen mit festen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner vertrauen können. Wenn stationäre Pflege nötig wird, muss sie am vertrauten Ort, erreichbar für Angehörige und Bekannte, möglich sein. Wir setzen uns daher für wohnortnahe Pflegeplatzversorgung ein.
Kinder und Jugendliche, die ihre Eltern pflegen, so genannte „Young Carer“ brauchen besonders gezielte Beratung, Unterstützung und Information. Es gilt hier ein niedrigschwelliges, gut erreichbares Hilfsangebot zu etablieren.
Wir wollen ein Projekt aus unserem Nachbarland Rheinland-Pfalz übernehmen und speziell und fachübergreifend ausgebildete Fachkräfte als „Gemeindeschwestern“ einsetzen. Die Fachkraft soll die Menschen nach vorheriger Anmeldung zuhause besuchen und individuell beraten. Das neue Angebot soll Beratung zur hauswirtschaftlichen und gesundheitlichen Versorgung, zur Wohnsituation, Möglichkeiten der Mobilität und Pflege von Kontakten umfassen. Dazu soll aber auch die Vermittlung gut erreichbarer Teilhabeangebote wie Seniorentreffen, Veranstaltungen und Bewegungskurse gehören. Wo solche Angebote weniger stark vorhanden sind, sollen die Fachkräfte diese auch anregen. Das schafft einen weiteren Baustein für die Entwicklung gesundheits- und selbstständigkeitsfördernder Angebote in den Kommunen.
Weil in den kommenden Jahren mehr Menschen pflegebedürftig werden, die keine eigenen Kinder oder andere familiäre Unterstützung am Wohnort haben, wollen wir alternative Wohnformen für Menschen mit Unterstützungsbedarf besonders fördern. Dazu gehören beispielsweise Senioren- und Pflege-Wohngemeinschaften, die nicht nur ein Angebot für ältere Menschen, sondern auch für jüngere Menschen (zum Beispiel mit Behinderung oder Pflegebedarf) haben müssen.
Wir wollen, dass auch Menschen mit Unterstützungsbedarf von den Möglichkeiten der Digitalisierung profitieren können. Dazu wollen wir die Entwicklung unterstützender digitaler Instrumente fördern, die speziell Seniorinnen und Senioren sowie pflegebedürftigen Menschen dienen und ihren Alltag erleichtern.
Digitalisierung in Pflegeheimen heißt zum Beispiel das Zusammenwirken von Pflegepatientin bzw. Pflegepatient, qualifizierter Pflegekraft im Heim und Arzt ohne Notwendigkeit von Transporten und des damit verbundenen Verlassens der vertrauten Umgebung. Als Nebeneffekt wertet es die Tätigkeit der Pflegekräfte deutlich auf.
Wichtig für uns ist: Menschen sollen so selbstbestimmt wie möglich und so umsorgt wie nötig alt werden können – mit einer flächendeckenden Pflegestruktur.
Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind für uns die Arbeitsverhältnisse, in denen gepflegt wird, von großer Wichtigkeit. Wir sehen, dass diejenigen, die in der Pflege ausgebildet sind und arbeiten, häufig die Ausbildung abbrechen oder im Durchschnitt nach sechs Jahren aus dem Beruf aussteigen. Daraus ziehen wir folgende Konsequenzen:
Wir wollen die Arbeitsbelastungen in den pflegenden Berufen reduzieren, um mehr Menschen für diese wichtige Arbeit zu gewinnen. Dazu gehören kürzere, verlässliche und damit familienfreundlichere Arbeitszeiten und eine angemessene Entlohnung, bessere Aufstiegschancen und Möglichkeiten zur Weiterbildung.
Zudem wollen wir, dass Pflegende feste Plätze in den Krisenstäben auf kommunaler- und Landesebene haben, um dieser Perspektive mehr Gehör zu verschaffen. Wir wollen mit Pflegekräften in den intensiven und regelmäßigen Austausch gehen, um zu erfahren, wo der Schuh drückt. Und wir wollen diese Druckstellen dann angehen, es dürfen keine tiefen Druckgeschwüre werden.
Wir wollen Menschen, die aus den pflegenden Berufen ausgestiegen sind, zurückgewinnen. Durch Programme, die nachqualifizieren und den Wiedereinstieg erleichtern.
Eine Pflegekammer gegen den Willen der Beschäftigten, eine Zwangsmitgliedschaft, wird es mit uns nicht geben. Pflege- und Betreuungskräfte aus dem Ausland, vorwiegend aus Osteuropa, sind zu einer wichtigen Säule der häuslichen Versorgung geworden und wir begrüßen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Entlohnung dieser Menschen. Wir wollen deren Arbeitsbedingungen verbessern, klare Regeln für Arbeits- und Ruhezeiten und so einen rechtlichen Rahmen für Beschäftigung in der häuslichen Pflege schaffen.
Der größte Pflegedienst in Deutschland ist die Familie. Pflegende Angehörige sind eine entscheidende Stütze bei der häuslichen Pflege. Zeiten der Pflege müssen in der Berechnung der Rente berücksichtigt werden und wir müssen organisieren, dass die Angehörigen in ihren Berufen nicht abgehängt werden und Pflege, Familie und Beruf vereinbaren können und später nicht ausgebrannt und selbst krank werden.
Neben der Klärung materieller Fragen ist es wichtig, Netzwerke über die Pflegestützpunkte zu organisieren und die Angehörigen mit allem wichtigen Wissen zu unterstützen und Wege zu weiterer Hilfe zu vereinfachen. Wo immer es möglich ist, schaffen wir bürokratische Hindernisse ab. Das Angebot der Tagespflege halten wir für ein wichtiges Instrument, um pflegende Angehörige zu entlasten. Daher wollen wir ein Landesprogramm zur Förderung von Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflegeplätzen in den Einrichtungen schaffen, um flächendeckend und wohnortnah Entlastungsangebote zu schaffen. Darüber hinaus wollen wir den Ausbau von Pflegehotels unterstützen, damit Pflegebedürftige und ihre Angehörigen auch gemeinsam verreisen können. Außerdem setzen wir uns für die Ausweitung des Modellprojekts der AWO Westliches Westfalen ein, die mit ihrer Kurberatung pflegenden Angehörigen Kuren analog zum System der Mutter-Kind-Kuren anbietet.
Die Digitalisierung kann und muss auch in der Pflege genutzt werden. Die Technik erleichtert – wenn man sie beherrscht – das selbständige Leben in der eigenen Wohnung und die Kontaktaufnahme, wenn man Hilfe benötigt oder auch „nur“ einen kleinen Plausch mit Freunden oder Familie halten möchte. Hier sollten wir alle Möglichkeiten nutzen – über Anwenderschulungen, Umrüstungen in den Wohnungen und die Digitalisierung der Pflegezentren, Pflegedienste und alle weiteren geplanten Angebote.
Investitionskosten fallen neben den Eigenanteilen in der stationären Pflege an und sind ein großer und vor allem steigender Kostenfaktor für Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner. Wir setzen uns für eine öffentliche Förderung der Einrichtungen ein, um die Investitionskosten zu mindern und Pflegeheimbewohnende so finanziell zu entlasten. Gleichzeitig machen wir uns im Bund für eine Deckelung der Eigenanteile stark.
2.4
Gutes und bezahlbares Wohnen für alle
Zuhause soll es schön sein. Die Wohnung gibt Sicherheit und Geborgenheit. Für Familien ist die Wohnung das Zentrum des Zusammenlebens. Die Wohnung ist Schutzraum und Rückzugsort. Die Wohnung ist wichtig. Genau deshalb kämpfen wir darum, dass Menschen nicht aus ihren Wohnungen verdrängt werden – weder im Arbeitsleben noch im Alter. Wir schaffen durch Neubau für viele Menschen ein neues, gutes Zuhause, gehen gegen steigende Mieten vor und helfen dabei, dass man sich die eigene Wohnung mit normalem Gehalt wieder leisten kann.
Unser Ziel ist es, dass wir in Nordrhein-Westfalen nicht mehr als 30 Prozent unseres verfügbaren Haushaltseinkommens für die Miete ausgeben müssen. Das soll für alle zehn Millionen Mieterinnen und Mieter in Nordrhein-Westfalen gelten. So bleibt der allergrößte Teil des eigenen Einkommens für das gute Leben übrig. Gleichzeitig unterstreichen wir unser sozialdemokratisches Aufstiegsversprechen, und werden die Menschen beim Streben nach einer Immobilie unterstützen.
Ob Familien mit oder ohne Kinder, Alleinstehende, Seniorinnen und Senioren, Menschen mit Behinderung, Geringverdienende, Studierende oder Wohnungslose: Wir wollen für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen ein bezahlbares, gutes und barrierefreies Wohnen in einem attraktiven, lebenswerten Umfeld schaffen.
Bezahlbares Wohnen
Menschen ziehen nach Nordrhein-Westfalen. Das ist gut, denn es zeigt: Unser Land ist attraktiv! Diese Attraktivität wollen wir nicht dadurch verlieren, dass hier der Wohnraum immer knapper wird. In Nordrhein-Westfalen herrscht Wohnungsnot. Nicht nur in den Metropolen, auch in immer mehr kleineren Städten und Gemeinden finden Menschen kaum noch Wohnungen, die sie sich leisten können. Die Mieten steigen drastisch und fressen Einkommen, Kaufkraft und Wohlstand.
Wir brauchen pro Jahr 100.000 neue Wohnungen in Nordrhein-Westfalen.
Wir wollen passgenaue Lösungen erarbeiten – für die verdichteten Großstädte mit explodierenden Mieten und Wohnungsmangel ebenso wie für die dünner besiedelten Regionen des Landes, in denen es manchmal sogar Leerstände gibt, und dabei gleichzeitig den Herausforderungen des Klimaschutzes gerecht werden.
Die Instrumente sind unterschiedlich, das Ziel ist allerdings gleich: Wir wollen ausreichend und guten, bezahlbaren Wohnraum schaffen, überall im Land.
Um den Bestand an Sozialwohnungen zu halten, benötigen wir 25.000 neue Wohnungen mit sozialer Mietpreisbindung jährlich. Die zeitliche Befristung bei öffentlich geförderten Wohnungen lässt regelmäßig Wohnungen aus der Mietpreisbindung fallen. Um den Wegfall von mietpreisgebundenen Einheiten auszugleichen, müssen jedes Jahr neue öffentlich geförderten Wohnungen fertiggestellt werden. Um diesen Zyklus zu durchbrechen, werden wir eine zusätzliche Fördersäule für den gemeinwohlorientierten Wohnungsbau schaffen. Die Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, mit der Maßgabe, die Sozialbindung zu erhalten.
Kommunale Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften entfalten eine bremsende Wirkung auf das örtliche Mietniveau. Gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften sind darüber hinaus besonders aktiv im Bau von mietpreisgebundenen Wohnungen, wenn die notwendigen Rahmenbedingungen das zulassen. Wir werden die Gründung neuer kommunaler Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften unterstützen und fördern. Bestehende Unternehmen und Genossenschaften werden wir bei der Realisierung neuer Vorhaben unterstützen. Konkret wollen wir kommunalen Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften besonders attraktive Förderkonditionen in der öffentlichen Wohnraumförderung einräumen. Dabei werden wir darauf achten, dass Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung – inklusive Tochterunternehmen – Tarifverträge anwenden.
Nicht jede Kommune verfügt über ein eigenes Wohnungsunternehmen. Deshalb gründen wir eine Landeswohnungsbaugesellschaft. Diese soll im Auftrag der Städte und Gemeinden arbeiten, die keine Wohnungsunternehmen haben oder deren Wohnungsunternehmen nicht schnell genug neue, bezahlbare Wohnungen schaffen können. Sie soll große Projekte entwickeln und umsetzen. Einzelne Gebäude können dann an örtliche kommunale und gemeinwohlorientierte Gesellschaften sowie Genossenschaften weitergegeben werden oder bei ihr verbleiben. Durch den zusätzlichen Ankauf von bestehenden Wohnungen sichern wir bezahlbare Mieten im Bestand und schaffen einen neuen, dem Gemeinwohl verpflichteten Akteur am Wohnungsmarkt.
Wer Wohnungen bauen will, braucht Grundstücke. Deshalb wollen wir in NordrheinWestfalen die Chance nutzen, dass der Bund seine Grundstücke in unserem Land für preisgebundenen Wohnungsbau zur Verfügung stellt. So kann Wohnraum für Studierende, Auszubildende, Singles und Familien entstehen.
Um die Anzahl der notwendigen neuen Wohnungen zu erreichen, braucht es schnellere und digitalisierte Planungs- und Genehmigungsverfahren. Voraussetzung für schnelles Bauen sind gut ausgestattete, digitalfähige Bauämter in den Kommunen. Wir werden die Kommunen finanziell stärken, damit sie in ihren Bau- und Planungsämtern in der Lage sind, die Aufgaben personell zu bewältigen. Wir werden Planungs- und Genehmigungsverfahren digitalisieren und beschleunigen.
Wo es Leerstände gibt – auch gewerblicher Art -, müssen sie nutzbar gemacht werden. Angefangen von der Förderung des Wohnungserwerbs (Jung kauft Alt, Mietkauf, Gründung und Förderung von Genossenschaften) bis zum Abriss zur Aufwertung eines Quartiers reicht die Palette. Dort, wo sogenannte Schrottimmobilien die städtebauliche Entwicklung verhindern, werden wir die Kommunen unterstützen, dagegen vorzugehen und Quartiere attraktiver zu machen. Wir unterstützen die Bemühungen der Bundesregierung, kurzfristig das Vorkaufsrecht für Kommunen rechtssicher auszugestalten.
Wo Renovierungsbedarf besteht, muss Modernisierung auf den Weg gebracht werden. Dies gilt vor allem für die Klimaziele im Gebäudesektor. Das ist möglich. Konkret gelingt es beispielsweise in der .Innovation City‘ in Bottrop. Deshalb ist es richtig, diesen lokalen Erfolg zum Modell für ganz Nordrhein-Westfalen zu machen.
Das Wohnungsproblem ist lösbar. Deshalb packen wir es an.
Mieterschutzland Nordrhein-Westfalen
Unter einer von uns geführten Landesregierung wird Nordrhein-Westfalen zum Mieterschutzland.
Wir werden landesseitig die Spielräume, die uns das Bundesrecht gibt, nutzen: Dazu gehört beispielsweise, die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen bei der Ausweisung von angespannten Wohnungsmärkten auszuweiten, damit die Mietpreisbremse und andere Instrumente zur Bekämpfung der Mietpreisspirale nicht ausgebremst, sondern genutzt werden können.
Die Zahl der Kommunen, in denen mieterschützende Vorschriften gelten, werden wir erhöhen. Um einen Mietpreisanstieg bei bestehenden Mietverhältnissen zu begrenzen, wollen wir eine Kappungsgrenzenverordnung einführen. Um bezahlbare Mieten zu gewährleisten, wollen wir zudem wieder eine Umwandlungsverordnung einführen. Damit schaffen wir die Möglichkeit, die Luxusmodernisierung und Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen zu untersagen, wenn dadurch die Wohnungsversorgung der Bevölkerung bedroht wird. Auch eine Mietpreisbremse, mit der ein Mietpreisanstieg bei Mieterwechsel begrenzt wird, ist ein wichtiges Instrument des Mieterschutzes.
Wir wollen mehr Mieterschutz, und genau deshalb werden wir aktiv den Mietmarkt in allen Kommunen in Nordrhein-Westfalen beobachten und dort eingreifen, wo es nötig ist. Dafür schaffen wir eine neue Mieterschutzverordnung. Wir werden die Anwendung der Mietpreisbremse erleichtern und die Möglichkeiten des novellierten Bundesbaurechtes nutzen.
Die Möglichkeit, Wohnungen kurzzeitig für zum Beispiel touristische Zwecke zu vermieten, werden wir zeitlich begrenzen. Dazu werden wir das Wohnraumstärkungsgesetz überarbeiten. Die Kommunen werden wir bei der Umsetzung dieses Gesetzes eng einbinden. Darüber hinaus statten wir die Behörden so aus, dass die Umsetzung des Gesetzes kontrolliert werden kann.
Wir wollen die öffentlich-rechtliche Wohnungsaufsicht auch beim Schutz von Mieterrechten wieder stärken. Kommunen müssen rechtlich und materiell in die Lage versetzt werden, bei groben Verstößen gegen Bauordnungsvorschriften und Mieterrechte auch hoheitlich tätig zu werden.
Die eigenen vier Wände
Wir wollen mehr Menschen den Traum von den eigenen vier Wänden ermöglichen. Eigentum ist nicht nur das Zuhause. Es ist auch Altersvorsorge. Die Aussicht auf ein eigenes Heim ist für uns Teil des sozialdemokratischen Aufstiegsversprechens. Aus diesem Grund wollen wir die Förderung von Wohneigentum erweitern, damit sich ein deutlich größerer Bevölkerungskreis den Traum der eigenen vier Wände erfüllen kann. Die Fördervoraussetzungen wollen wir sowohl inhaltlich so anpassen, dass mehr Menschen von der Förderung profitieren, als auch die Förderverfahren verschlanken und vereinfachen. Der Kauf von Genossenschaftsanteilen kann dabei ein Beitrag sein, wie Eigentumsbildung auch in den besonders angespannten Wohnungsmärkten gelingen kann. Hierzu kann auch die NRW-Bank zusätzliche Hilfen leisten.
Beim Erwerb einer ersten selbst genutzten Immobilie insbesondere durch Familien mit Kindern werden wir die Grunderwerbsteuer durch ein gezieltes Landesprogramm kompensieren.
Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer wollen wir vor den ungerechten und bürokratischen Straßenausbaubeiträgen nach dem Kommunalabgabengesetz bewahren. Die Beiträge in oft fünfstelliger Höhe belasten besonders junge Familien sowie Rentnerinnen und Rentner. Vor allem letztere geraten dadurch in existenzgefährdende Situationen, da ihnen kaum Kredite gewährt werden. Wir werden daher die Straßenausbaubeiträge für Anliegerinnen und Anlieger abschaffen und den Einnahmeausfall der Kommunen kompensieren.
Gemeinwohlorientierte Bodenpolitik
Auch in Nordrhein-Westfalen spekulieren Investoren mit Grundstücken und treiben damit die Preise nach oben. Dem schauen wir nicht tatenlos zu, sondern versetzen die Städte und Gemeinden in die Lage, entsprechende Maßnahmen zu beschließen.
Dafür werden wir die Möglichkeiten im Baulandmobilisierungsgesetz für NordrheinWestfalen nutzen und so alle Potenziale ausschöpfen, um Mietwohnraum zu erhalten und mehr Wohnbauflächen zu schaffen.
Mit einer gemeinwohlorientierten Bodenpolitik wollen wir Baukosten senken. Dafür richtet das Land einen Bodenfonds ein. In diesen fließen Grundstücke ein, die das Land in Treuhand der Kommunen erwirbt und zu Bauland entwickelt. Baureife Grundstücke werden zu Wohnzwecken vergeben. Das erfolgt im Zuge der neuen Gemeinnützigkeit ausschließlich in Erbpacht, zu einem günstigen Pachtzins. Die Pachtzinserlöse fließen als Tilgungen dem Bodenfonds wieder zu. Auf diese Weise können Grundstücke langfristig für bezahlbaren Wohnungsbau gesichert werden und es wird eine kostendämpfende Wirkung für den gemeinwohlorientierten Wohnungsbau erreicht.
Wir werden den Kommunen schnellstens die Möglichkeit geben, eine Grundsteuer C für unbebaute Grundstücke einzuführen, um so gegen Spekulation vorzugehen. Die erzeugte Mobilisierung von Bauland hat beruhigende Wirkung auf den ganzen Markt.
Wir werden die Grunderwerbsteuer für die Errichtung mietpreisgebundenen Wohnraums durch ein gezieltes Landesprogramm erstatten, um weitere Anreize zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu setzen.
Landeseigene Grundstücke werden wir vorrangig für mietpreisgebundenen Wohnungsbau zur Verfügung stellen.
Wir werden insbesondere finanzschwache Kommunen dabei unterstützen, die Entwicklung von Baugebieten nicht nur privaten Investoren zu überlassen. Wir werden sie dabei unterstützen, selbst zu Akteuren zu werden. Dies kann über kommunale Vorkaufsrechte, Entwicklung von Bauland nur bei (zumindest anteiligem) Verkauf an die Kommune sowie bei der Entwicklung von Konzeptvergaben geschehen. Damit kommunale Grundstücke vor dem Hintergrund der Finanznot einer Kommune nicht allein an den Meistbietenden verkauft werden, werden wir Kommunen bei der Nutzbarmachung für Lösungen für mietpreisgebundenen Wohnraum unterstützen.
Die Kommunen werden wir bei der Erstellung kommunaler Wohnungs- und Wohnflächenbedarfsanalysen unterstützen und zur Nutzung der Instrumente des Baulandmobilisierungsgesetzes (Baugebote, Erleichterung des Ausbaus von Dachgeschossen, Grundsteuer C) ermutigen.
Damit wir beim Wohnungsbau nicht immer mehr Flächen im Land versiegeln, reaktivieren und stärken wir Instrumente zur Schaffung von Wohnbauflächen, ohne bisher ungenutzte Freiflächen zu bebauen. In sehr vielen Kommunen bestehen noch Potenziale zur Verdichtung des vorhandenen Wohnungsbestandes oder des Ausbaus von Dachgeschossen. Überdies haben wir gerade in den altindustriell geprägten Regionen Brachflächen, die vor der Inanspruchnahme von Freiraum reaktiviert werden müssen. Bodenfonds können den Kommunen des Weiteren helfen, ihre Wohnflächenbedarfe zu finanzieren. Erhebliche Potenziale ergeben sich auch durch Verbesserungen der StadtUmland-Beziehungen. Sowohl die Digitalisierung als auch ein massiver Ausbau von Bus und Bahn kann einen maßgeblichen Beitrag zur Stärkung der Kommunen, der Bekämpfung des Wohnungsmangels und zur Stärkung der Eigentumsbildung leisten, weil Immobilien auf dem Land immer noch deutlich erschwinglicher als in den Zentren sind.
Umbau statt Neubau
Wir werden zusätzlich ein großangelegtes Programm zum „Umbau statt Neubau“ starten, um vorhandene Bausubstanz zu verbessern, Fehlnutzungen entgegenzuwirken, Kosten zu sparen und das Klima zu schützen. Der größte Klimaschaden eines Hauses entsteht beim Bau. Deshalb ist es sinnvoll, bestehende Bausubstanz möglichst zu erhalten, statt alles neuzubauen.
Häufig ist ein Umbau bestehender Immobilien ressourcen- und umweltschonender als der Neubau. Den Baubestand in Nachbarschaften, Orten und Dörfern wollen wir erhalten und modernisieren. Wir wollen das Aussterben der Ortskerne bei gleichzeitigem Wachstum am Ortsrand (Donut-Effekt) und damit fortschreitende Zersiedelung und Flächenversiegelung verhindern. Daher werden wir dazu ermutigen, den aktuellen Bestand zu ertüchtigen und klima- und umweltschonend zu sanieren. Damit die Kosten nicht allein getragen werden müssen, werden wir die energetische Sanierung sowie den Umbau auf modernen Standard und für altersgerechtes Wohnen stärker als bisher fördern.
Dafür werden Projekte wie „Jung kauft Alt“ fortführen, anpassen und ausweiten. Gleichzeitig werden wir stärker als bisher die Stadt-Umland-Beziehungen für eine zukunftsorientierte Wohnungspolitik nutzen. Deshalb sorgen wir für bessere Verkehrsverbindungen zwischen Stadt und Umland. Die Arbeitswelt wird smarter und auch mobiler. Die zunehmende Möglichkeit von Homeoffice kann hier unterstützend wirken. Dafür braucht es die entsprechenden Voraussetzungen. Gerade in ländlichen Gebieten ist es für einen Arbeitsplatz zuhause unabdingbar, dass es ein vernünftiges Mobilfunknetz und eine gute Internetverbindung gibt.
Einen besonderen Fokus legen wir auf die Barrierefreiheit für alle Generationen: Wir wollen, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen auch im Alter dort weiterleben können, wo sie verwurzelt sind. Wir werden daher bei Umbaumaßnahmen Barrierefreiheit stärker unterstützen.
Lebenswerte Städte, Gemeinden und Dörfer
Wohnen ist mehr als ein Dach über dem Kopf. Wir legen Wert darauf, dass sich die Menschen in ihrem Wohnumfeld wohlfühlen können. Dazu gehört eine gute Nah- und Gesundheitsvorsorge, eine breite Bildungsinfrastruktur, ein gesundes und nachhaltiges Mikroklima in der Wohnumgebung sowie eine gute öffentliche Nah- und Fahrradverkehrsanbindung.
Die Städte und Gemeinden werden wir bei der Entwicklung von integrierten Siedlungskonzepten unterstützen, die alle Aspekte von Wohnen mit kurzen Wegen vereinen.
Die Städtebauförderung und unsere Wohnungspolitik werden wir darauf ausrichten, dass die Aspekte von nachhaltigem und gesundem Leben in den Nachbarschaften mit Blick auf das gesamte Wohn- und Lebensumfeld Berücksichtigung finden.
Wir werden die Städte und Gemeinden bei notwendigen städtebaulichen barrierefreien Umbau- und Klimaanpassungsmaßnahmen unterstützen. Kommunale und landeseigene Gebäude werden wir verpflichtend klimaneutral bauen und möglichst ökologisch betreiben. Zum Beispiel mit einem Investitions- und Förderprogramm „Mit Wasser und Natur das Quartier lebenswert machen“, um den Auswirkungen des Klimawandels mit neuen und Lebensqualität fördernden Konzepten zu begegnen. Grün- und Wasserflächen sorgen dafür, dass Wasser Raum und Rückhalt findet, zum Beispiel Stadtgrün oder Dachbegrünung. Solche Flächen können Regenwasser gezielt aufnehmen, (zwischen-)speichern und wirken zugleich wie große natürliche Klimaanlagen.
Mit der Internationalen Gartenausstellung IGA 2027 soll an mehreren Orten im Ruhrgebiet die grünste Stadtlandschaft der Welt entstehen. Wir unterstützen die IGA 2027, in der wir eine große Chance auch für eine integrierte Stadt- und Regionalentwicklung, eine zukunftsgerichtete Gestaltung des Landschaftsraumes und die Vernetzung der Kommunen im Ruhrgebiet – der schon heute grünsten Industrieregion der Welt – sehen.
Die Bedürfnisse von Kindern- und Jugendlichen sollen in besonderer Weise berücksichtigt werden. Dafür legen wir ein Landesprogramm „1.000 Spielplätze in Nordrhein-Westfalen“ auf. Kinder und Jugendliche wollen wir bei der Entwicklung neuer Spiel- und Freizeitflächen aktiv beteiligen.
Eine gute Nah- und Gesundheitsversorgung sowie belebte Innenstädte sind für uns der Anspruch. Wir werden daher einen „Masterplan Innenstadt“ auf den Weg bringen. Auf diesem Weg bringen wir einen attraktiven Mix aus Handel, Arbeit, Wohnen, Kultur, Handwerk und Gastronomie in unsere Innenstädte und machen unsere Kommunen zur aktiven Kraft der Innenstadtpolitik. Hierzu gehört ein barrierefreier öffentlicher Raum einschließlich barrierefreier öffentlicher Toilettenanlagen. Unser Ziel: Ein belebter Dorfplatz, eine belebte Innenstadt.
Corona hat die Krise unserer Innenstädte und Stadtteilzentren offen zu Tage treten lassen. Die Innenstädte sind häufig unsere Visitenkarte, Orte der Begegnung, der Kultur, der Gastronomie, Hotels, nicht nur des Einkaufens. Zur Strategie der Reaktivierung unserer Innenstädte wollen wir auch bessere Möglichkeiten schaffen, das Wohnen in den Städten wieder zu ermöglichen. Dazu werden wir die Städtebauförderung des Landes ebenso wie das Baurecht im Rahmen unserer Möglichkeiten anpassen. Bestehende Förderprogramme des Bundes und der Länder zeigen, dass es vielfältige Ansätze zur Verbindung von Online- und stationärem Handel gibt und Wohnen in den Innenstädten möglich ist, wenn die soziale und verkehrliche Infrastruktur verbessert wird. Das Modellprojekt „Smart Cities“ zeigt zahlreiche Beispiele einer digitalen Stadt, die ihren Bürgerinnen und Bürgern zeigt, dass die Digitalisierung vieler Lebensbereiche in den Kommunen die Lebensqualität verbessert.
3
Ein moderner Staat der Bürgerinnen und Bürger: Digital, handlungsfähig, verlässlich
Der Staat dient uns Bürgerinnen und Bürgern. Deshalb soll er gut funktionieren. Die Corona-Pandemie und Flutkatastrophe haben den Modernisierungsbedarf unseres Landes schonungslos offengelegt. Ob Infrastrukturen oder Behörden und Verwaltungen: Staatliches Handeln muss schneller und effektiver werden. Es geht darum, das Leben der Menschen einfacher zu machen.
Modernisierung fängt bei richtig verstandener Digitalisierung an. Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Gute analoge Verfahren werden zu guten digitalen Prozessen. Genau deshalb beteiligen wir alle entscheidenden Akteure in der Verwaltung und der Zivilgesellschaft am Digitalisierungsvorhaben. Es sollen gute digitale Prozesse entstehen, die Verwaltung leichter statt schwer machen.
Ein moderner Staat – digital, handlungsfähig und verlässlich – ist die Voraussetzung für gute Politik und funktionierende Demokratie. Als Dienstleister soll der Staat den Bürgerinnen und Bürgern partnerschaftlich und auf Augenhöhe begegnen. Gleichzeitig sollen sich alle darauf verlassen können, dass es in Nordrhein-Westfalen läuft und vorangeht. Das ist unser Anspruch und unser Versprechen.
Die Voraussetzung eines modernen und handlungsfähigen Staates sind Investitionen in die Zukunft, eine nachhaltige Finanzierung sowie ein leistungsfähiger und attraktiver Öffentlicher Dienst.
3.1
Wir modernisieren die Verwaltung und machen NRW digitaler
Die Verwaltung muss agiler und digitaler werden. Wir werden die Digitalisierung der Landesverwaltung vorantreiben und eng mit der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes vernetzen. Gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen sorgen wir für eine bürgernahe, barrierefreie und effiziente öffentliche Verwaltung, die das Leben der Menschen erleichtert und den konkreten Nutzen der Digitalisierung verdeutlicht. Weg vom Silo-Denken hin zu einer handlungsfähigen öffentlichen Verwaltung auf allen staatlichen Ebenen. Das steigert die Akzeptanz und reduziert mögliche Vorbehalte gegen digitale Prozesse.
Digitalisierung in Nordrhein-Westfalen machen wir gemeinsam
Wir wollen die digitale Verwaltung in Nordrhein-Westfalen für alle Menschen gleichermaßen mit niedrigen Hürden nutzbar machen. Hier gilt es, die IT-Infrastruktur in allen Kommunen und auch in der Landesverwaltung auf einen aktuellen leistungsfähigen Stand zu bringen und die Mitarbeitenden in den Verwaltungen auf diesem Weg von Anfang an mitzunehmen; dies unter Beachtung des Gesundheitsschutzes für die Mitarbeitenden. Dabei werden wir berücksichtigen, dass nicht alle Menschen digitale Angebote nutzen können oder wollen.
Unser Versprechen ist klar: Für uns ist Digitalisierung kein Stückwerk, sondern folgt einem echten Masterplan. Genau diesen erstellen wir am Anfang der kommenden Wahlperiode und sorgen dafür, dass bis 2030 unser Land digitales Vorbild in Deutschland wird.
Für uns ist klar, wir brauchen im Rahmen des Masterplans „Digitales NRW 2030“ eine klare Strategie zur öffentlichen Datenhoheit, wir wollen einen Digitalrat gemeinsam mit zentralen Akteuren der Digitalisierung einführen und gemeinsam mit der IT- und Digitalwirtschaft offene Standards und Schnittstellen definieren. So sorgen wir dafür, dass die öffentliche Verwaltung in ganz Nordrhein-Westfalen mit Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen unkompliziert zusammenarbeiten kann.
Die Digitalisierung ist schneller und innovativer als heutige Verwaltungsprozesse. Deshalb schaffen wir Experimentierräume und Reallabore, um damit digitale Techniken gemeinsam frühzeitig und schnell mit Nutzerinnen und Nutzern zu testen.
Und weil Digitalisierung Kompetenz braucht und nicht mal eben nebenbei gemacht werden kann, schaffen wir attraktive Arbeitsplatzmodelle für IT-Berufe innerhalb der Landes- und Kommunalverwaltungen.
Zudem wollen wir bereits in der Ausbildung in der öffentlichen Verwaltung ein stärkeres Gewicht auf digitale Fähigkeiten legen sowie zur Personalgewinnung neue Tarifmodelle einführen, Fachkarrieren ermöglichen und den Quereinstieg aus der Praxis mit verbesserten Qualifizierungsangeboten erleichtern.
Gemeinsam mit dem Bund wollen wir für schnelle Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren sorgen, um private wie staatliche Investitionen schnell, effizient und zielsicher umsetzen zu können. Unser Ziel ist es, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren. Dadurch treiben wir auch den flächendeckenden Gigabit- und 5G-Ausbau konsequent voran. Deshalb werden wir gemeinsame Standards im Rahmen der Digitalisierung von Kommunen und Behörden schaffen, um Reibungsverluste künftig zu vermeiden. Dazu gehört auch, Behörden und Verwaltungen – vor allem auch auf kommunaler Ebene – personell besser auszustatten.
Wir wollen gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Innovationen unter Beteiligung der Zivilgesellschaft bestmöglich fördern und so für eine transparente und partizipative Digitalpolitik sorgen, die über alle Politikfelder hinweg strategisch umgesetzt wird.
3.2
Wir machen den öffentlichen Dienst attraktiver
Ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst – gute Schulen, eine präsente Polizei und Justiz, handlungsfähige Genehmigungsbehörden, eine starke Finanzverwaltung – sind von besonderer Bedeutung für die Entwicklung des Landes. Ohne einen handlungsfähigen Staat, ohne gute Dienstleistungen für die Menschen durch einen leistungsfähigen öffentlichen Dienst verlieren die Bürgerinnen und Bürger Vertrauen in unser Land.
Angesichts von zurzeit fast 18.000 unbesetzten Stellen beim Land NRW ist die Handlungsfähigkeit des Staates akut gefährdet. Deshalb ist die Sicherung der Handlungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes in Nordrhein-Westfalen, durch die Besetzung offener Stellen, eine zentrale Aufgabe einer neuen Landesregierung. Die dazu notwendige Attraktivierung des öffentlichen Dienstes geht nur mit und nicht gegen die Beschäftigten. Die alte Landesregierung hat es nicht geschafft, diese Attraktivierung voranzubringen. Auch weil sie darüber mit den Gewerkschaften keinen Dialog auf Augenhöhe geführt hat. Uns ist bewusst, dass eine Attraktivierung der Öffentlichen Dienstes nicht zum Nulltarif zu erreichen ist.
Um den Öffentlichen Dienst für die jungen Menschen in Nordrhein-Westfalen, aber auch für die jetzt Beschäftigten, attraktiver zu machen, werden wir im Dialog mit den Beschäftigten und ihren Gewerkschaften ein Maßnahmenpaket erarbeiten und umsetzen.
Das heißt ganz konkret:
Wir werden die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten schrittweise zurückfahren und an die Arbeitszeit der Tarifbeschäftigten angleichen. In einem ersten Schritt werden wir zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Arbeitszeit von Beamtinnen und Beamten mit kleinen Kindern, mit pflegebedürftigen Familienmitgliedern und im Schichtdienst verringern.
Wir werden die Langzeitarbeitszeiten besser ausgestalten und zu einer Verkürzung der Arbeitszeit nutzen.
Wir werden für eine gerechte und gleiche Besoldung für Lehrkräfte sorgen.
Wir werden verbindliche Regeln für das Homeoffice schaffen.
Wir werden die Kostendämpfungspauschale abschaffen.
Wir werden das Zulagenwesen zeitgemäß ausgestalten. Dies betrifft insbesondere die Entwicklung der Zulagen für den Dienst zu ungünstigen Zeiten sowie die Feuerwehr- und Polizeizulage.
Wir werden dem Beispiel anderer Bundesländer folgen und Landesbeamtinnen und Landesbeamten die Wahl der Krankenkasse (GKV) ermöglichen, indem das Land einen Zuschuss für die Beamtinnen und Beamten zahlt, die sich gesetzlich versichern wollen. So schaffen wir echte Wahlfreiheit.
Wir werden Schritte zur verbesserten Eingangsbesoldung unternehmen.
Wir werden die sachgrundlosen Befristungen in der Landesverwaltung abschaffen.
Wir werden die Bewertungskriterien für Beförderungen auf strukturelle Benachteiligung von Frauen überprüfen, um die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen für Führungspositionen zu ermöglichen.
Wir werden im öffentlichen Dienst die veränderte, vielfältigere Gesellschaft abbilden. Der Arbeitgeber Staat muss die Interkulturalität stärken und bei den Menschen mit Migrationsgeschichte ein Interesse am Staatsdienst wecken und Hemmnisse bei der Einstellung und Karriere abbauen.
3.3
Demokratie von Grund auf stärken
Demokratie muss man jeden Tag verteidigen. Sie ist keine Selbstverständlichkeit – auch wenn sie sich zum Glück in unserem Alltag oft so anfühlt. Wir wollen ein Land, das sich um seine Demokratinnen und Demokraten bemüht, das Demokratie vermittelt und dazu erzieht. Wir stehen für das demokratische Nordrhein-Westfalen.
Wir stärken die Politische Bildung
Zentrales Instrument zur Stärkung der Demokratie ist die politische Bildung. Sie muss in der Kita beginnen, in allen Schulformen fortgesetzt und fester Bestandteil der Weiterbildung sein. Der hohe Anteil fachfremd erteilten Politikunterrichts muss reduziert werden. Wir werden daher auch das Fach Sozialwissenschaften in bewährter Form wieder einführen. Auch im außerschulischen Bereich muss die politische Bildung für alle gestärkt werden. Dazu wollen wir die Landeszentrale für politische Bildung als eigenständige Einrichtung besser ausstatten. Die Förderrichtlinien wollen wir anpassen, damit bereits Projekte mit Teilnehmenden ab 14 Jahren unterstützt werden können. Den jährlichen Demokratiebericht für Nordrhein-Westfalen werden wir fortschreiben. Wir werden Initiativen zur politischen Partizipation von Menschen mit Behinderung stärken und Informationsmedien in leichter Sprache fördern.
Politische Bildung findet in Nordrhein-Westfalen auf vielfältige Weise statt. Demokratische Bildungsorte wollen wir noch stärker in ihrer Arbeit unterstützen und miteinander vernetzen. Die wichtige Arbeit der Gedenkstätten in Nordrhein-Westfalen werden wir weiter fördern und den Ausbau der Gedenkstätte des Kriegsgefangenenlagers ,Stalag 326′ unterstützen. Wir werden die Grundlage schaffen, dass junge Menschen bis zum Eintritt in ihr Berufsleben zumindest einmal eine Gedenkstätte oder einen Erinnerungsort besucht haben. In dem Zusammenhang wollen wir auch die internationale Jugendarbeit, besonders die Austausche mit Israel, sowie die Präventionsarbeit mit jungen Menschen, zielgruppenspezifisch, stärken.
Wir gehen konsequent gegen Rechtsextremismus vor
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, wie zum Beispiel Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus sowie rechte Gewalt sind eine zunehmende Bedrohung für das gute Zusammenleben der Menschen in Nordrhein-Westfalen. Rechtsradikale versuchen immer stärker, Hass als demokratisch legitimierte politische Position zu tarnen.
Wir stellen uns jeder Form von Rechtsradikalismus entgegen! Jegliche Zusammenarbeit mit rechtsradikalen Kräften schließen wir aus und wir werden auch stets klar benennen, wenn andere Parteien mit diesen zusammenarbeiten. Eine Verharmlosung des Rechtsextremismus durch Verweise und Vergleiche mit anderen Extremismusformen lehnen wir ab. Antifaschistische Arbeit in Politik und Zivilgesellschaft hat für uns einen hohen Stellenwert. Wir stehen Schulter an Schulter mit all jenen, die sich für unsere Demokratie engagieren. Hierzu unterstützen wir die SPD auf Bundesebene bei der Loslösung dieses Engagements aus der Projektlogik, hin zu einer langfristigen Unterstützung mithilfe eines Demokratiefördergesetzes. Die zukünftige Förderung muss zudem auf Tarifsteigerungen reagieren.
Die Forschung zum Thema Rechtsextremismus und zur Prävention gegen Rechtsextremismus in Nordrhein-Westfalen werden wir durch Unterstützung bei ihrer Vernetzung und durch ihren Ausbau stärken.
Auch die Arbeit im Bereich der Beratung und Aufklärung, der Engagierten gegen den Hass im Netz, der Opferberatungen und der staatlichen wie insbesondere nicht staatlichen Hilfen für Ausstiegswillige werden wir weiter unterstützen und dort, wo es nötig ist, ausbauen. Bereits die letzte SPD geführte Landesregierung brachte das „integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus“ auf den Weg. An diesem wollen wir anknüpfen, die Evaluierung auswerten und das Konzept gegebenenfalls erweitern. Das kommunale Förderprogramm „NRWeltoffen“ wollen wir im Rahmen eines Landesdemokratiefördergesetzes von einem Förderprogramm zu einer dauerhaft finanzierbaren Aufgabe machen und gleichzeitig ausweiten.
Die im SPD-„Masterplan gegen Rechtsextremismus“ benannten Punkte werden wir umgehend umsetzen und, soweit Gesetzesänderungen erforderlich sind, diese auf den Weg bringen. Hierzu gehören unter anderem, dass Polizei-, Sicherheits- und Justizbehörden für rechtsextreme Einstellungen und Taten stärker sensibilisiert werden müssen, und dass ein Lagebild Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung erstellt werden muss, das jährlich dezidiert Auskunft darüber gibt, wie Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Abstammung und Religion Opfer von Gewalttaten, rassistischen Angriffen und Unterdrückung werden. Zudem muss dieses Lagebild auch Auskunft über Einstellungen in der Gesellschaft zu Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung geben, um bereits frühzeitige Warnsignale wahrnehmen und reagieren zu können. Weiter gehört dazu, dass die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer gleichermaßen über alle Schulformen hinweg gestärkt werden, um allen Schülerinnen und Schülern die gleiche Ausgangsbasis für die gesellschaftliche Teilhabe in einer Demokratie zu ermöglichen.
Wir modernisieren und stärken die Politische Beteiligung
Politische Beteiligung ist ein wesentlicher Bestandteil jeder Demokratie. Der Schlüssel zur politischen Teilhabe ist das Wahlrecht. Wir streben eine umfassende Reform des Wahlrechts und Wahlsystems in Nordrhein-Westfalen an, so dass der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl erfüllt, die Wahlbeteiligung erhöht und die Größe des Landtages angemessen begrenzt wird. Wir wollen das aktive Wahlrecht für Landtagswahlen auf 16 Jahre herabsenken und das kommunale Wahlrecht auch auf Ausländer und Ausländerinnen aus Nicht-EU-Staaten erweitern. Schließlich treten wir weiterhin für eine gleichberechtigte Besetzung von Parlamenten durch ein verfassungskonformes Paritätsgesetz ein.
Damit Kinder- und Jugendliche gut vorbereitet und mündig ihre Wahlentscheidung schon mit 16 Jahren treffen können, machen wir die Beteiligung von Kindern- und Jugendlichen in den Kommunen zur Pflicht. Dabei legen wir uns keine feste Form der Beteiligung fest, sondern ermuntern zum Erproben vielfältiger Formen und Verfahren der Kinder- und Jugendbeteiligung im ganzen Land.
Darüber hinaus wollen wir die parlamentarischen und direktdemokratischen Verfahren durch beratende Formen der Bürgerbeteiligung, wie zum Beispiel Bürgerräte, ergänzen, ohne das Prinzip der Repräsentation aufzugeben. Auf Landesebene werden wir Bürgerräte zu konkreten Fragestellungen einsetzen und hierdurch der sozial ungleichen Teilhabe an politischen Prozessen entgegenwirken, indem möglichst viele Interessen frühzeitig eingebunden werden, die sonst keine Berücksichtigung finden. Die Erfahrungen mit Bürgerräten sollen mittelfristig in ein Bürgerbeteiligungsgesetz einfließen. Zudem werden wir auf kommunalen Ebene Verfahren prüfen, die den gemeinsamen Austausch und das kollektive Abwägen konkreter Entscheidungsprobleme beinhalten. Außerdem wollen wir Kommunen dabei unterstützen, sich Regelungen für ihre Bürgerbeteiligungsverfahren (zum Beispiel Bürgerbeteiligungssatzungen) zu geben. So wird für die Menschen in den Städten und Gemeinden transparent, wie sie sich außerhalb von Wahlen einbringen können. Gleichzeitig wird der kommunalen Selbstverwaltung Rechnung getragen.
Die Rahmenbedingungen für das kommunale politische Ehrenamt werden wir verbessern, zum Beispiel durch familienfreundliche Sitzungszeiten oder digitale Sitzungen. Wir wirken außerdem darauf hin, Aufsichtsgremien und Vorstände von öffentlich-rechtlichen Unternehmen paritätisch zu besetzen. Die Attraktivität des kommunalpolitischen Ehrenamtes soll in Zusammenarbeit mit den kommunalpolitischen Vereinigungen erhöht und Rahmenbedingungen angepasst werden, um bisher unterrepräsentierte gesellschaftliche Gruppen für die Kommunalpolitik zu gewinnen.
Wir stärken die Transparenz der politischen Willensbildung durch ein Lobbyregister und einen legislativen Fußabdruck.
Insbesondere bei jungen Menschen ist uns, neben der politischen Bildung, die politische Beteiligung besonders wichtig. Daher erkennen wir die Interessensvertretung von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden als das Sprachrohr ihrer Gruppe an und möchten ihr die Möglichkeit zusprechen, die Schülerinnen-, Schüler- und Studierendenperspektiven in allen Politikbereichen präsent zu machen. Mit diesem allgemeinpolitischen Mandat stärken wir die politische Partizipation von jungen Menschen und binden sie vermehrt in Entscheidungsprozesse ein.
Wir stärken das ehrenamtliche Engagement
Ein weiteres Fundament unserer offenen demokratischen Gesellschaft bildet das ehrenamtliche Engagement. Rund sechs Millionen Menschen in unserem Land engagieren sich ehrenamtlich – in Vereinen, der Pflege, für Geflüchtete, in Gemeinden, in Initiativen, den Hilfswerken, der Feuerwehr. Ein unverzichtbarer Beitrag, damit unser Miteinander gelingt und NRW lebens- und liebenswert bleibt. Auch in der Corona-Pandemie und bei der Flutkatastrophe zeigten die Menschen in unserem Land, dass sie sich gegenseitig helfen und unterstützen. Deshalb werden wir die Ehrenamtlichen in Nordrhein-Westfalen mit ihren rund 120.000 Vereinen und Organisationen strukturell stärken. Wir wollen mehr junge Menschen für das Ehrenamt begeistern. Eine besondere Herausforderung wird dabei in den kommenden Jahren die durch die Corona-Pandemie weggebrochene ehrenamtliche Struktur darstellen, die wir gemeinsam mit den Kommunen reaktivieren werden. Hierzu werden wir ein Landesprogramm sowie auch kommunale Programme zur Demokratieförderung aufbauen. Die Engagementstrategie, inklusive der Kleinstförderung, werden wir weiterentwickeln und fortschreiben. Wir wollen gemeinsam mit dem Bund Haftungsrisiken reduzieren. Insbesondere in strukturschwachen Regionen wollen wir bürgerschaftliches Engagement auch mit Hilfe der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt stärken.
3.4
Handlungsfähige Kommunen garantieren lebenswerte Heimat
Lebenswerte Städte und Gemeinden sind die Basis für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Kommunen sind Heimat für die Menschen! Denn nur dort, wo Menschen sich zuhause fühlen, übernehmen sie auch Verantwortung für ihre Stadt, ihr Dorf und ihr Wohnviertel. Hier existieren intakte Nachbarschaften, vor Ort hält man zusammen und gestaltet eine gemeinsame Zukunft.
Nur mit gesunden Finanzen sind Städte und Gemeinden auch politisch handlungsfähig. Deshalb wollen wir die Kommunen als Herzkammern unseres demokratischen Systems wieder befähigen, aktiv die Zukunft der Städte und Gemeinden zu gestalten und dafür sorgen, dass die Stadtparlamente relevante Entscheidungsspielräume haben. Verwaltungen müssen mehr sein als Suchmaschinen für das nächste Förderprogramm. Zudem müssen kommunale Verwaltungen vom teilweise uneinheitlichen und unverhältnismäßig hohen bürokratischen Aufwand bei der Inanspruchnahme, Umsetzung und Abwicklung von Förderprogrammen entlastet werden. Wir wollen, dass unsere Städte und Gemeinden wieder aus eigener Kraft kommunale Infrastruktur und hochwertige öffentliche und bürgernahe Dienstleistungen zur Verfügung stellen können. Eine SPDgeführte Landesregierung führt den Dialog mit den Kommunen auf Augenhöhe und bindet sie stärker in Entscheidungsprozesse ein.
Wir lassen die Kommunen bei den Folgen der Coronakrise nicht im Regen stehen
Dem guten Beispiel anderer sozialdemokratisch regierter Bundesländer folgend, nehmen wir die Kommunen bei den Gewerbesteuerausfällen unter den Rettungsschirm. Wir sichern für die kommunalen Haushalte 2021 und 2022 entsprechende Ausgleichsmittel in Höhe von 100 Prozent der pandemiebedingten Einnahmeausfälle zu. Nach Möglichkeit wollen wir die Kommunen auch im Jahr 2023 in dieser Weise unterstützen.
Die Kommunalfinanzen aufgrund der Coronapandemie aufzustocken, war richtig und notwendig. Wir lehnen aber die „Kreditierung“ ab, wie es die schwarz-gelbe Landesregierung umgesetzt hat. Unter einer SPD-geführten Landesregierung wird es keine Rückforderung der Ausgleichsbeträge für 2021 und 2022 und in späteren Jahren geben. Vielmehr werden wir die Kommunen auch in den Jahren 2023 bis 2025 wirksam vor den coronabedingten Lasten schützen. Deswegen braucht es echte finanzielle Unterstützung, um die Kommunen nicht in eine „neue“ Altschuldenfalle laufen zu lassen.
Wir stellen die Kommunalfinanzen auf neue und nachhaltige Füße
Gemeinsam mit dem Bund schaffen wir eine Lösung für die kommunalen Altschulden, damit Zukunfts- und Entwicklungsperspektiven landesweit wieder gleich stark werden. Notfalls werden wir eine landeseigene Lösung schaffen.
Wir werden die Kommunen in die Lage versetzen, zielgerichtet in Zukunftsprojekte (wie zum Beispiel attraktive Innenstädte) investieren zu können. Hierfür stellen wir daher ausreichende Mittel bereit.
Wir machen die Kommunen widerstandsfähig für künftige Krisenzeiten. Dazu braucht es eine dauerhafte und aufgabenangemessene Grundfinanzierung der Städte, Gemeinden und Kreise. Wir stellen zudem fest, dass viele Kommunen an Kapazitätsgrenzen stoßen, was die Inanspruchnahme der vielfältigen Förderprogramme der Bundes- und Landesebene angeht. Zunehmend müssen Städte und Gemeinden zusätzliche Personalressourcen nur für die Administration von Fördermitteln einsetzen. Dem wollen wir Rechnung tragen und die breite Förderkulisse übersichtlicher und weniger bürokratisch gestalten, zugunsten einer verbesserten Grundfinanzierung der Kommunen. Wir werden daher den Verbundsatz schnellstmöglich auf zunächst 24 Prozent anheben. Die Anhebung des Verbundsatzes auf 25 Prozent verknüpfen wir mit der Evaluation der Förderprogramme, um hierdurch freiwerdende Finanzmittel zur Gegenfinanzierung einzusetzen.
Wir stärken daher den kommunalen Finanzausgleich. Er soll die unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedingungen unserer Kommunen ausgleichen und so das Erreichen gleichwertiger Lebensbedingungen befördern. Die Verlagerung von Mitteln hin zu finanzkraftunabhängigen Zuweisungen lehnen wir ab. Das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) ist so auszugestalten, dass echte Zuweisungen die Last für die kommunale Ebene wirksam reduzieren – und zwar auch bei deren Sozialausgaben.
Die Kommunen brauchen mehr Unterstützung bei den Ausgaben der Kinder- und Jugendhilfe. Hier werden wir ansetzen und partnerschaftlich eine Lösung für die Aufwärtsdynamik bei den Kosten erreichen. Wir brauchen einen familienpolitischen Neustart in der Kinderbetreuung mit fairer Kostenverteilung. Weitere familienpolitisch sinnvolle Maßnahmen bringen wir gerne auf den Weg, aber wir stellen sicher, dass dann auch der Grundsatz gilt: Wer bestellt, der bezahlt auch. Wir stellen so sicher, dass das Land keine Versprechen macht, die von den Kommunen finanziert werden müssen.
Wir stellen Förderprogramme und das kommunale Vergaberecht auf den Prüfstand, um bürokratische Hemmnisse zu beseitigen. Insbesondere die Kommunen, die kaum in der Lage sind, Eigenbeiträge im Rahmen von Förderprogrammen zu erbringen, brauchen unsere Unterstützung. Tariftreue, die Unterbindung von Kinderarbeit, Nachhaltigkeit und Klimaschutz werden wir in einem modernen Vergaberecht garantieren, ohne dafür kommunale Vergabeprozesse zu verlängern. Gerade in der Zeit nach Corona brauchen wir unsere Kommunen als Impulsgeber für einen Konjunkturaufschwung.
Gute Zusammenarbeit
Wir bekennen uns zu interkommunaler und regionaler Zusammenarbeit – und fördern diese. Das Wohlergehen der eigenen Kommunen darf nicht durch ruinösen Wettbewerb auf dem Rücken der Nachbarn aufbauen.
Der Titel Ruhr-Konferenz versprach viel, hielt aber nach einem mittelmäßig organisierten Ideenprozess leider nur wenige der gemachten Versprechungen. Zahlreiche gute Projektideen verlaufen im Sand. Kaum ein Projekt wurde zeitnah und stringent realisiert. Die Ergebnisse sind bisher dürftig.
Unser Ziel ist es, sinnvolle Projekte der bisherigen Ruhr-Konferenz fortzusetzen und den Prozess gleichzeitig so weiterzuentwickeln bzw. neu aufzusetzen, dass die zentralen Themen, wie beispielsweise die Entwicklung von Infrastruktur, Wissenschaft und Wirtschaft, mit einer klaren und verbindlichen Umsetzungsidee versehen werden. Diese wollen wir konsequent verfolgen und innovativ in zukunftsweisender Art und Weise umsetzen.
Zukunftsfähige Daseinsvorsorge
Die kommunalen Unternehmen gewährleisten vor Ort eine hochwertige öffentliche Daseinsvorsorge in den Bereichen Wohnen, Energie, Entsorgung, Verkehr, Wasser, Gesundheit, Pflege und Telekommunikation. Mit den kommunalen Unternehmen befinden sich wichtige Teile der lokalen Infrastruktur in Händen der Bürgerinnen und Bürger. Wir werden die Strukturen für kommunale Unternehmen weiter verbessern und unterstützen die vielfältigen Kooperationen mit der örtlichen Wirtschaft.
Unsere Sparkassen sind ein Erfolgsmodell. Wir wollen sie weiter stärken. Eine Privatisierung des Sparkassensektors kommt für uns nicht in Frage. Durch die anhaltende Niedrigzinsphase und immer höhere Regulierungsanforderungen vom Bund und der EU ist ihr Geschäft schwieriger geworden. Trotzdem bleiben die Filialdichte und die Kundennähe ein Markenkern der Sparkassen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Beschäftigten in den Sparkassen weiterhin angemessen entlohnt werden und die Tarifbindung nicht infrage gestellt wird.
3.5
Zukunftsinvestitionen und nachhaltige Finanzen
Nordrhein-Westfalen braucht eine finanzpolitische Gesamtstrategie zur Überwindung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise und zur zukunftsorientierten Neuaufstellung des Landes. Zu dieser Strategie gehören ein Zukunftsinvestitionsprogramm, eine Haushaltspolitik, die die Probleme im Land anpackt und ein Programm für den sozialen und wirtschaftlichen Neustart in NRW aus dem Rettungsschirm.
Die Infrastruktur in Deutschland ist in vielen Bereichen nicht zukunftsfest. Das wollen wir nicht beklagen, sondern schlicht ändern.
Wir folgen hierbei klar den Hinweisen der Wissenschaft. Denn inzwischen sind sich alle führenden Wirtschaftsinstitute Deutschlands einig, dass Haushaltskonsolidierung um jeden Preis und notwendige Investitionen nicht zusammenpassen. Allein in Nordrhein-Westfalen besteht eine Investitionslücke von mindestens 27 Milliarden Euro. Ein Kaputtsparen aus dieser Krise darf und wird es mit uns nicht geben.
Deshalb werden wir ein Zukunftsinvestitionsprogramm auflegen, um den Investitionsstau in NRW zu bekämpfen. Insbesondere bei Schulen, durch die Neuauflage des Programms „Gute Schule 2020“, das die alte Landesregierung auslaufen ließ, und durch Zukunftsinvestitionen zur Bekämpfung des Klimawandels, zur Neuaufstellung des Gesundheitswesens, gegen die Wohnungsnot und für die Digitalisierung. Dabei investieren wir sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltig.
Dafür gehen wir auch alternative Finanzierungswege. Wir haben gelernt: Das Programm „Gute Schule 2020“ war ein Erfolg. Die Abwicklung und Bereitstellung der Mittel über die NRW.Bank und die Tilgung durch den Landeshaushalt sind ein Modell, was auch für zukünftige Investitionsausgaben umgesetzt werden sollte. Hierbei können andere Länder wie Berlin oder Hamburg Vorbilder sein.
Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie werden uns noch lange begleiten. Wir werden die negativen Folgen aktiv bekämpfen: durch Maßnahmen gegen die soziale Spaltung, durch Programme zur Bekämpfung von Bildungsrückständen, durch eine Stärkung der Gesundheitsvorsorge, durch die Unterstützung wirtschaftlich gefährdeter Branchen wie Gastronomie, Schaustellerinnen und Schausteller, Veranstalterinnen und Veranstalter sowie durch eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen. Dazu werden wir ein aus dem NRW-Corona-Rettungsschirm finanziertes Programm für den wirtschaftlichen und sozialen Neustart in NRW auf den Weg bringen.
Dazu werden wir prüfen, ob der Corona-Rettungsschirm über 2022 hinaus genutzt werden kann, um einen wirklichen Neustart aus der Krise zu meistern. Auch hier können andere Bundesländer Vorbild sein. Gleichzeitig werden wir einen Tilgungsplan zur Rückzahlung der „Coronaschulden“ des Landes vorlegen.
Jede Betriebsprüfung bringt im Schnitt mehr als eine Millionen Euro Mehreinnahmen für die öffentliche Hand. Wir werden das Personal in diesem Bereich weiter verstärken, weil es sich direkt finanziell positiv auswirkt.
Den Kampf gegen jede Form der Steuerhinterziehung, -vermeidung und -betrug werden wir in der erfolgreichen Tradition unseres ehemaligen NRW-Finanzministers Norbert Walter-Borjans konsequent weiterführen – sei es gesetzgeberisch oder personell. Hierzu werden wir auch die Möglichkeiten der Digitalisierung der Steuerbehörden nutzen. Wir dürfen den Entwicklungen nicht hinterherrennen, sondern müssen sie schon im Keim ersticken. Die juristische Aufarbeitung des betrügerischen Steuerraubs durch CumEx werden wir aktiv unterstützen.
Das Gleiche gilt für den Bereich Geldwäsche. Die Länder haben hier die Aufgabe, Nichtfinanzinstitutionen, Maklerinnen und Makler, Notarinnen und Notare sowie Händlerinnen und Händler zu überwachen. Es bedarf massiv mehr Personal und Mittel, um dieser Aufgabe nachzukommen. Hier müssen mögliche Gesetzeslücken geschlossen werden. Wir werden die Einrichtung einer Landesbehörde zur Bekämpfung der Geldwäsche, in der die bisher zersplitterten Zuständigkeiten auf Landesebene gebündelt werden sollen, prüfen.
Durch die gescheiterte Reform der Erbschaftssteuer und der Wiedereinführung einer Vermögenssteuer werden die finanziellen Spielräume der Länder eingeschränkt. Diese Mittel fehlen für dringend notwendige Maßnahmen. Zusätzliche finanzielle Spielräume können so nur durch steigende Steuereinnahmen aufgrund wirtschaftlicher Dynamik entstehen. Umso wichtiger ist es, durch staatliche Investitionen und die Unterstützung der Wirtschaft für den Neustart aus der Krise diese Dynamik zu fördern.
Geringe Steuereinnahmen aufgrund von Entscheidungen des Bundes, zum Beispiel durch sogenannte Superabschreibungen, sind für den Landeshaushalt nicht finanzierbar. Entsprechende Einnahmeverluste müssen den Ländern und Kommunen kompensiert werden.
Befristete Hilfen des Bundes für Integration, Bildung und weitere Aufgaben müssen verstetigt werden.
Wir als SPD stehen für eine starke und handlungsfähige öffentliche Hand. Wir wollen die Finanzmittel aufbringen, die es für gute Schulen, gute Straßen und Brücken sowie für eine moderne Verwaltung braucht. So machen wir das Leben vieler Menschen besser und stärken aktiv die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Denn LKWs müssen über Brücken fahren, Züge müssen rollen, Fachkräfte müssen ausgebildet werden. Deshalb ist eine Landesregierung, die investiert, das Rückgrat eines erfolgreichen Landes. Investitionen in die Zukunft, mehr Mittel für Bildung und entschlossene Maßnahmen gegen die Folgen der Pandemie werden dazu beitragen, zukünftige finanzielle Belastungen für das Land zu vermeiden. Genau so eine Landesregierung wollen wir anführen.
4
Wie wir (miteinander) leben wollen
4.1
Wir schaffen moderne Mobilität: verlässlich, bezahlbar, ökologisch
Mit uns wird es diesen derzeitigen Stillstand in Nordrhein-Westfalen nicht mehr geben. Unser Ziel ist eine umfassende Verkehrs- und Mobilitätswende, um umweltschonender, verlässlicher, barrierefrei und für alle bezahlbar unterwegs zu sein.
Mobilität ist für uns ein zentraler Baustein der Daseinsvorsorge, Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse und die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Logistikstandorts Nordrhein-Westfalen. Wir wollen und wir müssen die Verkehrsinfrastruktur unseres Landes ausbauen und modernisieren, auch damit die vielfältigen Mobilitätsangebote für die Menschen zukunftssicher aufgestellt sind.
Wir nehmen dafür Geld in die Hand, um deutlich mehr in die öffentlichen Verkehrsangebote und in die Verkehrsinfrastruktur unseres Landes zu investieren.
Wir wollen, dass unser Land seinen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele für 2030 und 2045 leistet. Deshalb werden wir uns für eine deutlich stärkere Verlagerung von Verkehrsanteilen auf die Anbieter öffentlicher Verkehre, wie den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) sowie die Deutsche Bahn für die Fernstrecken, einsetzen. Hand in Hand mit unseren europäischen Nachbarn bauen wir Nordrhein-Westfalen zur Drehscheibe für nationale und internationale Nachtzugverbindungen aus. So fördern wir durch klimaneutrale Fernverbindungen die Stellung Nordrhein-Westfalens als Mobilitätshub, sichern Arbeitsplätze, unterstützen den Tourismusstandort und fördern zugleich den europäischen Austausch. Auch die Schienengüterverkehre und die Verkehre auf den Binnenwasserstraßen wollen wir nachhaltig und stärker fördern. Zu unserem Aufbruch in der Mobilitätspolitik gehört die Umsetzung von Barrierefreiheit, eine umfassende Digitalisierung sowie auch eine Erhöhung des Innovationstempos.
Wir wollen die Verkehrswege so ausbauen, dass alle Verkehrsträger attraktive Angebote für die Mobilität der Menschen und der Wirtschaft bieten können. Das bedeutet einen erheblichen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur vom Fuß- und Radverkehr über ÖPNV und Schiene bis zur Stärkung der Binnenschifffahrtswege. Mobilitätsangebote müssen für alle erreichbar und bezahlbar sein, denn Mobilität sichert gesellschaftliche Teilhabe und wirtschaftlichen Erfolg.
Fuß- und Radverkehr (Nahmobilität)
Wir wollen die Nahmobilität deutlich stärken. Das bedeutet einen Umbau der Verkehrsinfrastruktur, insbesondere in den Kommunen sowie viele Maßnahmen zur Steigerung der Verkehrssicherheit für Fußgänger und Radfahrer. In diesem Zusammenhang unterstützen wir die Vision Zero mit dem Ziel, die Anzahl der Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr auf null zu senken. Die Förderung der Nahmobilität ist besonders wichtig. Deswegen wollen wir eine Stabsstelle Nahmobilität direkt beim Landesverkehrsministerium schaffen.
Wir wollen die Radwegenetze im Land ausbauen und Lücken in den Vorrangnetzen für den Radverkehr schließen. Die bereits definierten Radschnellwege werden mit uns auch schnell Gestalt annehmen. Dazu nutzen wir die neuen Chancen des Bundes, um Planungsund Bauverfahren zu beschleunigen.
Allein werden wir all das nicht schaffen. Insbesondere die Kommunen sind unsere Partner und zentrale Akteure für die Verkehrswende. Gemeinsam wollen wir mit den Kommunen konkrete Ziele für die Fahrrad- und Nahmobilität vereinbaren und die vereinbarten Maßnahmen mit ausreichend finanziellen Mitteln hinterlegen. Das gilt vor allem für die Umgestaltung der vorhandenen Verkehrsflächen und den Ausbau der zugehörigen Infrastruktur, wie zum Beispiel Radwegenetze, Fahrradabstellanlagen und Servicestationen oder Ladestationen für E-Bikes und Pedelecs.
Schienenverkehr, ÖPNV und SPNV
Für den von uns angestrebten Modernisierungsschub ist auch eine durchgängige Digitalisierung der Kundenangebote für den Personenverkehr erforderlich. Mit landeseinheitlicher Kunden-App auf dem Smartphone und kilometergenauer Abrechnung der Beförderungsleistung wollen wir für ganz Nordrhein-Westfalen einen wichtigen Schritt in die digitale Zukunft machen.
Dieser Mobilisierungsschub soll an den ländlich geprägten Räumen des Landes nicht vorbeigehen. Deshalb werden wir die Erreichbarkeit von ÖPNV- und SPNV-Angeboten für jeden Menschen im Land per Mobilitätsgarantie, das heißt ab der eigenen Haustür bis zum nächsten Anknüpfungspunkt öffentlicher Verkehrsinfrastruktur, gewährleisten.
Aber nicht nur der ländliche, sondern auch der urbane Raum hat Anforderungen an einen modernen ÖPNV. Insbesondere in einem polyzentrischen Raum, wie dem Ruhrgebiet, ergeben sich aus dieser dicht verwobenen Vielzahl der Städte ganz besondere Anforderungen der Menschen an einen attraktiven und metropolengerechten ÖPNV aus einem Guss. Daher unterstützen wir die Bestrebungen im Ruhrgebiet, beispielsweise die vielen kommunalen Nahverkehrspläne zeitlich und inhaltlich stärker aufeinander abzustimmen und insbesondere die Stadtgrenzen überschreitenden Verkehre zu optimieren.
Wir werden die Elektrifizierung und Reaktivierung von Bahnstrecken weiter vorantreiben, das vorhandene Streckennetz ausweiten und barrierefreie Mobilitätsstationen zur Verknüpfung von Mobilitätsangeboten verschiedenster Art besonders fördern. Auch die Schienengüterverkehre wollen wir in enger Abstimmung mit der Deutschen Bahn AG im Rahmen unserer Möglichkeiten entschlossen fördern, um die Straßen vom Güterverkehr zu entlasten.
Den Dschungel an Sonder-Tickets und Monatskarten für junge Menschen werden wir abschaffen. Für Schülerinnen und Schüler werden wir ein kostenfreies Ticket einführen. Damit entlasten wir nicht nur die Schulträger, Kommunen und Verkehrsunternehmen von erheblicher Bürokratie, sondern stärken die umweltfreundliche Mobilität von Kindesbeinen an. Wir werden die Zuschüsse des Landes zum Sozialticket erhöhen, um Mobilität auch über die Stadtgrenzen hinweg zu ermöglichen.
Wie bereits im Kapitel 2.1 „Die gute Arbeit von morgen“ ausgeführt, werden wir die Kosten für das Azubiticket reduzieren und dem Niveau von Studierendentickets angleichen.
Unser langfristiges Ziel ist ein durch eine Umlage solidarisch finanzierter, ticketloser ÖPNV für alle Bürgerinnen und Bürger. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg ist das 365-Euro-Ticket.
Damit mehr Bürgerinnen und Bürger den ÖPNV in Anspruch nehmen, müssen die Kommunen und ihre Verkehrsverbünde in die Lage versetzt werden, ihr Angebot auszubauen und kostengünstig zu gestalten. Land und Bund müssen sich daher stärker als bisher an den Betriebskosten beteiligen. So beschreiten wir gemeinsam den Weg hin zu einer landeseinheitlichen Tarifstruktur bei Bussen und Bahnen.
Ein attraktiver öffentlicher Personennahverkehr setzt Verlässlichkeit der Mobilitätsangebote voraus. Grundlage dieser Verlässlichkeit ist eine gute personelle Ausstattung der Verkehrsunternehmen mit qualifizierten Arbeitskräften. Deswegen werden wir uns auch zukünftig für tarifliche und soziale Standards und gute Ausbildungsbedingungen für die Beschäftigten einsetzen. Die Privatisierung des ÖPNV ist gescheitert, wir setzen uns für die Stärkung des Ausbaus des ÖPNVs in öffentlicher Hand ein.
Straßenverkehr
Hauptverkehrsträger in Nordrhein-Westfalen ist weiterhin die Straße mit jeweils rund 70 Prozent Verkehrsanteil bei Personen und Gütern. Deshalb werden wir die Investitionen in den Erhalt des vorhandenen Landesstraßennetzes fortführen und die Kommunen weiterhin verlässlich unterstützen. Gute Straßenverhältnisse verhindern Staus und senken die Lärmbelastung für die Anwohnerinnen und Anwohner.
Hinsichtlich der Autobahn GmbH werden wir uns, mit Blick auf die neue Zuständigkeit des Bundes in Nordrhein-Westfalen, für die Einsetzung eines politischen Beirates einsetzen, um eine landesseitige demokratische Kontrolle und Interessenvertretung zu gewährleisten. Die Abarbeitung des Bundesverkehrswegeplans 2030, insbesondere was den vordringlichen Bedarf mit Engpassbeseitigung angeht, werden wir weiterhin nachhaltig unterstützen.
Mit Blick auf den Zustand unserer Autobahnbrücken ist es im Interesse unseres Bundeslandes hier im engen Austausch mit der Autobahn GmbH zu stehen und unsere Interessen bestmöglich zu vertreten. Der Neubau der Rahmedetalbrücke an der BAB45 muss mit allen in der Zuständigkeit des Landes liegenden Mitteln begleitet und vorangetrieben werden. Betroffene Anwohnerinnen und Anwohner, die Stadt Lüdenscheid und alle umliegenden betroffenen Kommunen, aber auch die heimischen Unternehmen werden wir konkret entlasten und unterstützen.
Der erschreckende Anstieg des Straßengüterverkehrs treibt unser Land weiter in den Stau. Deswegen werden wir uns dafür einsetzen, eine vermehrte Verlagerung von Güterverkehren auf die Schiene und die Binnenwasserstraßen zu bewirken.
Den Ausbau der E-Mobilität werden wir als ein weiteres zentrales Element einer gelingenden Verkehrswende weiter fördern. Dazu gehört auch die Entwicklung der entsprechenden Infrastruktur, wie zum Beispiel von Ladesäulen.
Luftverkehr
Der Luftverkehr ist das Tor in eine globalisierte Welt. Auch hier wollen wir NordrheinWestfalen zukunftsorientiert fortentwickeln. Das heißt Planungssicherheit für die Flughäfen durch ein Nordrhein-Westfalen-Luftverkehrskonzept einerseits und vermehrten Lärmschutz für die Anwohnerinnen und Anwohner andererseits.
Das dezentrale Luftverkehrssystem in Nordrhein-Westfalen hat sich bewährt. Wir brauchen auch zukünftig die Anbindung der Regionen an die Hubs des internationalen Luftverkehrs und einen Frachtflughafen Köln/Bonn, der 7 Tage die Woche und 24 Stunden am Tag geöffnet ist. Wir wollen das verbinden mit einem wirksamen Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner vor Fluglärm und sonstigen Emissionen, indem wir auf den Einsatz modernsten Fluggeräts drängen. Zudem werden wir eine stärkere Spreizung von Start- und Landeentgelten für die Fluggesellschaften unter ökologischen Gesichtspunkten schaffen. Das gilt auch für die Überschreitung von Betriebszeiten.
Wir werden uns für die Abschaffung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen dem Luftverkehr und anderen Verkehrsträgern wie der Bahn einsetzen. Das bedeutet, mit einer starken Stimme in Berlin und Brüssel auf eine Harmonisierung der Rahmenbedingungen für alle Verkehrsträger zu dringen, vor allem in Bezug auf eine Besteuerung von Flugkerosin und die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Binnenschifffahrt
Die Binnenschifffahrt in Nordrhein-Westfalen ist ein schlafender Riese, den wir wachrütteln wollen. Mit 720 Kilometern Binnenwasserstraßen, davon 240 Kilometer Rhein und 480 Kilometer Schifffahrtskanälen, sowie mit rund 120 Häfen verfügt unser Land über eine starke Infrastruktur für diesen Verkehrsträger. Mit Blick auf den Gütertransport liegen hier erhebliche Kapazitäts- und Entwicklungspotenziale. Die Binnenschifffahrt in NordrheinWestfalen kann einen wichtigen Beitrag zu einer umfassenden Verkehrswende, mit Blick auf mehr Klimaschutz und moderne Mobilität, leisten, indem deutlich mehr Güter auf dem Wasser und nicht mehr auf der Straße transportiert werden. Deswegen wollen wir Nordrhein-Westfalen als Hafen- und Logistikstandort weiter ausbauen.
Wir werden uns zuallererst dafür einsetzen, dass der Instandhaltungsstau bei den Binnenwasserstraßen in Nordrhein-Westfalen schneller überwunden wird. Darüber hinaus wollen wir uns für den zukunftsgerechten Ausbau dieser Bundesverkehrswege, nämlich die Beschleunigung von Brückenanhebungen für mehrlagigen Containerverkehr, für größere Wendebecken in den Häfen und für mehr trimodale Standorte einsetzen. Den Bau einer zweiten Schleuse für den Hafen Dortmund werden wir auch weiterhin in Berlin einfordern. Dazu gehört für uns auch die Sicherung von Entwicklungsflächen für unsere Häfen.
Wir begrüßen die Initiative der neuen Bundesregierung zur Stärkung der Hinterland-Anbindungen unserer Häfen. In Berlin werden wir mit Nachdruck dafür werben, dass diese Politik auch unserem Land Nordrhein-Westfalen zugutekommt, was die Anbindung an die für uns wichtigen Häfen in Belgien und den Niederlanden angeht.
Wir selbst wollen einen stärkeren Beitrag zur Förderung der Binnenschifffahrt leisten. Zu unserer modernen Mobilitätspolitik gehört ein Förderprogramm zur Ökologisierung der Binnenschifffahrt, mit dem die Emissionen der Dieselmotoren von Binnenschiffen im Bestand minimiert werden. Damit wollen wir konkret den in Nordrhein-Westfalen ansässigen Binnenschiffern durch ein Zuschuss- und Kreditprogramm in Abstimmung mit der NRW.Bank helfen. Darüber hinaus werden wir uns gegenüber dem Bund dafür einsetzen, Hemmnisse bei der Landstromversorgung von Binnenschiffen im steuerlichen Bereich zu beseitigen und eine Wiedereinführung der Negativbescheinigung für Großraum- und Schwerguttransporte prüfen.
4.2
Klima, Umwelt und Artenvielfalt schützen
Der Erhalt unseres Planeten ist für uns eine Querschnittsaufgabe. Wie wir diese Aufgabe lösen wollen, haben wir unter anderem in den Kapiteln 2.1 „Die gute Arbeit von morgen: Sozial, digital, klimaneutral“ oder 4.1 „Wir schaffen moderne Mobilität: Verlässlich, bezahlbar, ökologisch“ deutlich gemacht.
Unsere weiteren Schritte, diese Ziele zu erreichen sind:
Flächenverbrauch durch Kooperation und konsequente Planung stoppen
Wir halten fest an unserem Ziel, den täglichen Flächenverbrauch auf fünf Hektar zu begrenzen. Dabei sind wir nicht naiv; denn wir wissen, dass wir auch in Zukunft Flächen brauchen, zum Beispiel um den dringenden Bedarf an bezahlbaren Wohnungen zu decken, Maßnahmen zum Klimaschutz, der Energiewende und der Klimaanpassung vorzunehmen, um Gewerbegebiete auszuweisen oder Fahrradwege zu bauen. Wichtig dabei ist, dass wir dafür vermehrt auf innerörtliche, bereits erschlossene Flächen setzen und auf die Ausweisung von Flächen auf der grünen Wiese weitgehend verzichten – und die Innenentwicklung gemeinschaftlich mit den unterschiedlichen öffentlichen und privaten Akteuren angehen. Zusätzlich werden wir die in weiten Gebieten unseres Landes existierenden Brachflächen ehemaliger Industriestandorte für die Bedarfe in den Blick nehmen und wieder nutzbar machen.
Dabei nehmen wir mehrere Strategiebausteine zur Umsetzung der flächenpolitischen Ziele in den Blick: Die Steuerung über Raumordnung, die Bauleitplanung als Instrument der sparsamen Nutzung der Fläche und der Innenentwicklung, bodenrechtliche Ansätze zur Mobilisierung von Innenentwicklungspotenzialen, die (Weiter-)Entwicklung kommunaler Bodenpolitik und ihre Ausrichtung auf eine effiziente und effektive Baulandbereitstellung, verbindliche regionale Planungen, Flächenentwicklung in interkommunaler Verantwortung, interkommunale Interessensausgleiche sowie der Einsatz von fiskalischen, Finanzierungs- und Förderinstrumenten. Dabei wollen wir das Förderinstrumentarium so ausrichten, dass es für Kommunen – auch in interkommunaler Kooperation – attraktiv ist, Brachflächen, deren Nachnutzung nicht aus sich heraus rentierlich ist, zum Schutz des Freiraums trotzdem dem Flächenrecycling zuzuführen. Mit einer Flächenrecycling-Offensive wollen wir die bestehenden rechtlichen, wirtschaftlichen, verfahrensbezogenen und planerischen Hemmnisse für die Neunutzung von brachliegenden und belasteten Flächen beseitigen. Hierzu werden wir ein Instrumentarium bereitstellen, dass es den Kommunen erlaubt, nicht-rentierliche Flächen zu erwerben und zu entwickeln.
Endliche Rohstoffe sparsam nutzen
Nordrhein-Westfalen ist reich an Primärrohstoffen wie Kies und Sand. Damit decken wir weit mehr als nur den hiesigen Bedarf. Dadurch kommt es derzeit zu einem, nicht nur vor Ort, als übermäßig empfundenen Abbau, der die Landschaft irreversibel verändert und dabei keine Rücksicht darauf nimmt, dass die Ressource endlich ist. Wir werden deshalb eine landesweite Rohstoffstrategie einführen, die den verantwortungsvollen Abbau oberflächennaher, nicht-nachwachsender Rohstoffe zum Ziel hat. Dazu gehört auch eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenabbau bzw. -einsatz. Dies geht mit einer kritischen Überprüfung des Bedarfsbegriffs einher: Künftig darf der Bedarf nicht mehr allein aus den aktuellen Fördermengen berechnet werden.
Im Falle von Kies und Sand wollen wir die Förderung schrittweise zurückführen und den als Baustoff benötigten Primärrohstoff parallel dazu durch recycelten Bauschutt ersetzen. Da, wo eine Substitution endlicher Rohstoffe nicht umgesetzt werden kann, müssen über Forschung und Entwicklung schnellstmöglich Alternativen gefunden bzw. schonendere Verfahrensweisen entwickelt werden, damit wir unsere Heimat auch für kommende Generationen bewahren können. Deshalb werden wir in die Baustoff-Forschung sowie die Entwicklung moderner Recycling-Anlagen investieren. Diese sollten, wenn möglich, dort entstehen, wo absehbar Förderstätten durch Aufbereitungsstätten ersetzt werden könnten. Unter diesen Gesichtspunkten werden wir den Landesentwicklungsplan entsprechend anpassen sowie den Versorgungszeitraum wieder auf 20 Jahre verkürzen.
Wasser als Lebensmittel Nummer eins schützen: Für eine nachhaltige und klimaangepasste Wasserbewirtschaftung
Wir wollen zusammen mit den Kommunen und den Akteuren der Wasserwirtschaft ein nachhaltiges und langfristiges Konzept „Nachhaltiges Wassermanagement 2030“ entwickeln. Dabei orientieren wir uns an der im Sommer 2021 veröffentlichten „Nationalen Wasserstrategie“. Das Konzept Wassermanagement wird konkrete Maßnahmen benennen zum Schutz bei Starkregen und Hochwasser, Hitzeperioden, Dürre und Wassermangel sowie einer langfristigen, sicheren Trinkwasserversorgung.
Wir wollen die zukünftigen Wasserbedarfe, Wasserentnahmen und Wasserdargebote identifizieren und quantifizieren sowie diese Erkenntnisse für ein nachhaltiges landesweites Wassermanagement (Erfassung der Wasservorkommen und der Wassernutzung, verstärkte Vernetzung der Wasserversorgungsgebiete, Krisenmanagement bei Wetterextremen) der Zukunft nutzen.
Wir werden festlegen, wer zu welchem Zweck und welcher Qualität und Quantität Wasser bei Knappheit nutzen darf, die Trinkwassergewinnung durch die Regionalplanung sichern sowie Wasserschutzgebiete im Interesse der Allgemeinheit schützen, um so schon heute eine sichere Wasserversorgung für die Zukunft zu gewährleisten. Die Entnahme und Neubildung von Grundwasserständen werden wir durch ein neues, nachhaltiges Management regeln. Dabei werden wir auch die Anbindung der Gewässer an ehemalige Auen, deren Vernetzung mit dem Grundwasser sowie neue Überflutungsflächen einbeziehen.
Wasser und Stadtgrün wollen wir gegen die Überhitzung der Städte nutzen und dabei das Prinzip der Schwammstadt stärker in der Stadtplanung fördern. Durch Flächenentsiegelung wollen wir die Grundwasserbestände sichern, Industrie- und Gewerbegebiete nachhaltig und ökologisch so gestalten, dass trotz des Mangels an Flächen und der fortschreitenden Versiegelung die Biodiversität weiterentwickelt werden kann. Die Renaturierung und die Förderung von Biodiversität insbesondere an Gewässern wollen wir stärken und fördern. Wir wollen Förderprogramme für die Ökolandwirtschaft ausbauen sowie den Einsatz von Dünger und von Pestiziden reduzieren.
Wir wollen den Ursachen und Folgen des Klimawandels, insbesondere durch den Ausbau grüner Infrastruktur auch im urbanen Raum sowie durch innovative Konzepte begegnen. Kompakte Metropolen und Städte mit einer dezentralen Konzentration erweisen sich als besonders geeignet, um eine klimawandelgerechte Stadtentwicklung zu unterstützen, wie man beispielsweise am Thema „Schwammstadt“ erkennt. Wir wollen den Ausbau und die Weiterentwicklung klimaschonender und klimaangepasster Infrastrukturen vorantreiben. Wir wollen die Lehren aus der Flutkatastrophe aufnehmen und in unsere Politik einbinden. Deshalb setzen wir uns für klimaresiliente Städte und das Konzept der Schwammstadt ein.
Artenschutz stärken, biologische Vielfalt in Nordrhein-Westfalen erhalten
Über 43.000 verschiedene Tier-, Pilz- und Pflanzenarten gibt es in Nordrhein-Westfalen. Diese große biologische Vielfalt wollen wir erhalten. Vielerorts ist dieses Naturerlebnis noch möglich, aber leider ist dieses scheinbare Idyll immer stärker gefährdet. Rund 45 Prozent der Tier- und Pflanzenarten sind gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben.
Deshalb unterstützen wir die von der Volksinitiative Artenvielfalt Nordrhein-Westfalen aufgeführten Handlungsfelder für den Erhalt und die Förderung der Artenvielfalt in Nordrhein-Westfalen. Wir werden die Ziele der Volksinitiative umsetzen. Dazu gehört, den Flächenfraß verbindlich zu stoppen, Schutzgebiete wirksam zu schützen, naturnahe und wilde Wälder zuzulassen, naturverträgliche Landwirtschaft aktiv voranzubringen, den Biotopverbund zu stärken und auszuweiten, lebendige Gewässer und Auen zu sichern, den Artenschutz in der Stadt zu fördern und den Nationalpark in der Senne auszuweisen.
Wir werden die Überarbeitung des Leitfadens Artenschutz voranbringen, um mit standardisierten Kriterien und Verfahren den Ausbau der Windenergie zu ermöglichen, Rechtssicherheit zu schaffen und gleichzeitig effektiven Artenschutz zu ermöglichen. Denn Klimaschutz ist gleichzeitig aktiver Artenschutz.
Die hohe Bedeutung von Hecken und Feldgehölzen sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Artenvielfalt wird von uns unterstützt. Wir werden ein landesweites Konzept vorlegen, um die Zerschneidungseffekte von Lebensräumen durch Verkehrswege zu minimieren und die Verbindung von Freiräumen zu erhöhen. Auf diese Weise schaffen wir in Nordrhein-Westfalen ein landesweit sichtbares und gefördertes System und Zeichen des vernetzten Artenschutzes.
Unser Wald ist mehr als nur ein Sehnsuchtsort
Der Wald erfüllt viele Funktionen. Er speichert CO2, sichert Natur- und Artenschutz und filtert unser Trinkwasser. Zudem liefert er uns den alternativen Baustoff Holz. Er ist für viele Menschen Erholungsort und zugleich die Lebensgrundlage vieler Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer. Trockenperioden und Borkenkäfer haben unsere Waldbestände stark reduziert. Statt grüner Wälder prägen vielerorts nun braune Flächen unsere Landschaften.
Wir wollen den Aufbau klimastabiler Wälder durch eine aktive naturnahe Waldbewirtschaftung. Dazu muss der Wildbestand im nötigen Umfang durch ein waldfreundliches Jagdmanagement reguliert werden. Eine naturnahe Waldbewirtschaftung heißt für uns, eine konsequente Umstellung auf Ökosystemleistungen, für die wir Fördermöglichkeiten bereitstellen werden.
Gleichzeitig haben wir eine Pflicht neben der Reduktion von Emissionen auch dafür zu sorgen, dass Kohlenstoffsenken wie Wälder und Moore schnellstmöglich renaturiert und dem Klimawandel angepasst werden. Reine Monokulturen haben aufgrund des Borkenkäfers und den klimatischen Veränderungen keine Chance mehr. Der Nutzen der Kohlenstoffsenken muss im Vordergrund stehen – nicht die Rohstoffe wie Torf. Deswegen werden wir den Torfabbau verhindern.
4.3
Den Agrarstrukturwandel gerecht gestalten – Gesunde Ernährung, Tierwohl, Landschafts- und Klimaschutz
Landwirtschaft geht uns alle an, auch in einem Industrieland wie Nordrhein-Westfalen. Landwirtinnen und Landwirte versorgen uns mit Lebensmitteln, pflegen Kulturräume, stützen den ländlichen Raum und sind wichtige Akteure im effektiven Schutz von Natur, Artenvielfalt und Klima. Landwirtschaftliche Betriebe sind oft seit Generationen in Familienhand. Um ihren Fortbestand zu sichern, müssen wir sie auch im Strukturwandel der Landwirtschaft stärken. Wir wollen neue Möglichkeiten und Perspektiven für die Zukunft schaffen und fördern. Deshalb werden wir, wenn nötig, das Baurecht ändern, um Agri-PV im großen Stil zu ermöglichen. Niedrige Erzeugerpreise, hohe Investitionskosten, steigende Boden- und Pachtpreise und eine benachteiligte Marktposition gegenüber großen Abnehmern setzen die Landwirte ebenso unter Druck wie der Klimawandel und das Artensterben.
Gleichzeitig wächst das Interesse vieler Menschen an der Herkunft und Qualität ihrer Lebensmittel. Verbraucherinnen und Verbraucher stellen hohe Anforderungen an Ernährung, Tierwohl und Produktionsbedingungen.
Wir wollen Landwirtinnen und Landwirten ermöglichen, wieder von guter Arbeit gut zu leben. Wertschätzung für Lebensmittel beginnt beim Respekt für diejenigen, die sie produzieren. Das gilt für Familienbetriebe, Beschäftigte und Saisonarbeitskräfte.
Regionale Wertschöpfung stärken, faire Marktbedingungen für landwirtschaftliche Betriebe fördern, Bodenmarkt regulieren
Wir wollen dem Agrarstrukturwandel und den Konzentrationsprozessen auf allen Stufen der Wertschöpfung mit stärkerer Regionalisierung begegnen. Wir wollen kürzere, regionale Wertschöpfungsketten neu aufbauen und vernetzen. Wir setzen uns für dezentrale, vielfältige Verarbeitungs- und Vertriebsstrukturen in den Regionen und regionale Wertschöpfungszentren ein. Das stärkt die Marktpositionen der Landwirtinnen und Landwirte gegenüber Großabnehmern. Aus demselben Grund setzen wir uns für die effektive Umsetzung der europäischen Richtlinie zu unlauteren Handlungspraktiken und deren Ergänzung um das Verbot von Dumpingpreisen ein. Zeitgleich müssen wir Landwirte und Landwirtinnen entlasten, insbesondere durch eine Bodenreform. Landwirtschaftsflächen wollen wir zudem mit einem Schutzstatus versehen, der sich an ihrer Ertragsfähigkeit und ökologischen Wertigkeit orientiert.
Gesundes Essen als soziale Frage: Ernährungspolitik kommunal und zivilgesellschaftlich verankern
Um das zu erreichen, müssen wir unsere Ernährung ändern. Wir wollen in der Breite eine Ernährungsweise unterstützen, die unserer Gesundheit und dem Klima dient, und so landwirtschaftlichen Betrieben neue Absatzmärkte erschließt. Wir wollen eine stärkere regionale und kommunale Verankerung der Ernährungspolitik.
Gesunde Ernährung ist dabei auch eine soziale Frage. Noch immer spielt unser Einkommen eine zu große Rolle in unserer Gesundheit – auch weil gesunde Lebensmittel teuer sind. Es muss jedem Menschen möglich sein, sich gesund zu ernähren. Indem wir dafür sorgen, bekämpfen wir nicht nur unmittelbare Gesundheitsfolgen, sondern auch die wachsende soziale Ungleichheit.
In der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung werden wir die Nachhaltigkeitsstandards der DGE perspektivisch verbindlich machen, um eine ausgewogene und ökologisch nachhaltige Ernährung zu befördern. Über die Beschaffung für die Gemeinschaftsverpflegung werden wir einen stetig wachsenden Markt für die regionale Landwirtschaft und für Bio-Produkte schaffen, der allen Menschen Zugang zu gesunder Ernährung ermöglicht, und den ökologischen Wandel der Landwirtschaft bestärkt.
Natur und Klima schützen, Engagement entlohnen
Unser Ziel ist es, Landwirtschaft und Umweltschutz nicht länger als Gegensätze, sondern als komplementär zu sehen. Wir unterstützen eine multifunktionale Landwirtschaft, der wir bei öffentlichen Leistungen zusätzliche betriebliche Perspektiven bieten, zum Beispiel in den Bereichen Naturschutz und Landschaftspflege.
Diese öffentlichen Leistungen kann man in konkretem Handeln messen und bewerten. Daher setzen wir uns für die Implementierung von Bewertungssystemen für Nachhaltigkeit ein, die alle Stufen der Wertschöpfungskette beinhalten. Dadurch können „wahre Preise“ der Produktion sichtbar gemacht werden. Ziel muss eine Gemeinwohlprämie sein, die positive, bisher am Markt unvergütete Leistungen entlohnt, wie Artenschutzmaßnahmen, gute Arbeitsbedingungen, schonende Bodenbearbeitung etc. So können auch die gesellschaftlichen Kosten von Nahrungsmittelproduktion preislich abgebildet werden (Nachhaltigkeitsbilanzierung). Dadurch werden Marktvorteile derjenigen ausgeschlossen, die auf Kosten von Umwelt oder Sozialstandards einen Wettbewerbsvorteil erzielen – das Fleisch aus klimaschädlicher Massentierhaltung darf nicht länger einen preislichen Vorteil gegenüber fair und umweltverträglich produziertem Fleisch haben. Ein solcher Paradigmenwechsel dient der Nachhaltigkeit der Produktion und dem respektvollen Umgang mit Landwirtinnen und Landwirten.
Besonders dringend ist der Handlungsbedarf in der intensiven Tierhaltung. Wir wollen Tierhalterinnen und Tierhaltern helfen, Haltungssysteme tierwohlgerechter umzugestalten und so mit weniger Tieren ein angemessenes Auskommen zu erzielen. Wir werden uns dafür einsetzen, ein verpflichtendes staatliches Tierwohllabel für alle Tierarten auf Bundesebene einzuführen. Wir unterstützen eine Finanzierung des Umbaus der Nutztierhaltung nach den Leitlinien des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung. Auch eine an die eingesparten Klimagase gekoppelte Prämie für Betriebe, die ihre Bestände reduzieren, ist in diesem Kontext denkbar.
4.4
Sozialer Zusammenhalt durch sozialen Ausgleich
Die Herstellung gleicher Lebenssituationen und Lebensbedingungen sowie insbesondere die Verbesserung der Chancen sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen ist der Antrieb für die Politik der Sozialdemokratie.
Die Unterschiede bei den Chancen für Menschen wollen wir beseitigen und beginnen dabei bei der Unterstützung der Kinder sowie der Menschen in besonders herausfordernden Lebenssituationen und sichern soziale Teilhabe für alle.
Ehrenamt
Die Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden und den freien Trägern der sozialen Unterstützung für alle Lebenslagen halten wir für einen wesentlichen Baustein unseres Sozialstaates. Sie sind eine Stütze des Sozial- und Gesundheitswesens. Die Hilfsdienste unterstützen im Gesundheits-, Sanitäts- und Bevölkerungsschutz. Insbesondere die ehrenamtlich engagierten Menschen tragen mit ihrem Einsatz wesentlich dazu bei, unsere Gesellschaft zu erhalten und verdienen unsere Wertschätzung.
Wir werden Menschen jeden Alters das Recht auf einen Freiwilligendienst einräumen. Wir werden das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) sowie das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) angemessen mit einer Landesförderung unterstützen und die Fördersätze auf das Niveau des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) anheben. Um Menschen, die einen Freiwilligendienst absolvieren, noch stärker die Wertschätzung der Gesellschaft zu zeigen, werden wir die kostenlose Nutzung aller Verkehrsmittel im ÖPNV in Nordrhein-Westfalen ermöglichen.
Armut
Wir kämpfen aktiv gegen Armut und Ausgrenzung. Wir fördern die Teilhabe des Einzelnen, unabhängig von Einkommen. Wir bieten gleiche Lebenschancen für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung oder des Glaubens. Das Erkennen von strukturellen Benachteiligungen durch Sozialberichterstattung ist Grundlage für die zielgerichtete Bekämpfung von Armut und zur Förderung von benachteiligten Quartieren und Stadtteilen.
Wir unterstützen die Einführung der bundesweiten Kindergrundsicherung, damit Kinder nicht in Armut aufwachsen. Die Unterstützung aller Kinder durch allgemeine Lernmittelfreiheit setzen wir fort. Ebenso unterstützen wir die angemessene Erhöhung der Grundsicherung für Erwachsene.
Um Armut und Ausgrenzung zu verhindern, unterstützen wir die Beratungsangebote der Schuldnerberatung und des Verbraucherschutzes.
Wir werden die Arbeitslosenzentren und Erwerblosenberatungsstellen weiter fördern und ihre Arbeit stärken.
Housing first
Wir unterstützen das Konzept „housing first“ zur unmittelbaren Bekämpfung von Wohnungslosigkeit.
Alle Menschen haben ein Recht auf eine eigene Wohnung, in der man selbst wählen darf, welcher Unterstützung man bedarf. Wohnraum wird nicht an Bedingungen der Annahme von Hilfsangeboten geknüpft. Beratung und Unterstützung ist an die Menschen und ihre individuellen Bedürfnisse zu orientieren und ihre Wahlfreiheit wird berücksichtigt.
Einsamkeit
In den Zeiten der sozialen Distanzierung, nicht zuletzt durch die Pandemie ist Entfremdung, Einsamkeit und Isolation zu einem breiten Phänomen geworden. Soziale Beziehungen spielen für die psychische und physische Gesundheit eine große Rolle.
Wir fördern daher unterschiedliche Möglichkeiten der Begegnung für alle Lebenssituationen. Isolation und Einsamkeit sind Querschnittsaufgaben der Landesregierung und werden auf der zuständigen Ebene von Staatssekretärinnen und Staatssekretären koordiniert.
Erhaltung des Lebensumfeldes im Alter
Die demografische Entwicklung und die Entwicklung der Zahl der pflegebedürftigen Menschen erfordern konkrete Aktivitäten und Maßnahmen, damit auch in dieser Lebensphase die Teilhabe am Leben gesichert und der Zugang zu allen Angeboten und Dienstleistungen im jeweiligen Lebensraum möglich ist. Das Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen sieht deswegen ausdrücklich die Förderung der Entstehung, Entwicklung und Qualität von Dienstleistungen vor. Bisher fehlt es an jedweder Konkretisierung, welche Strukturen und Angebote im Lebensraum unverzichtbar sind und wie diese erhalten bzw. entwickelt und dazu auch gefördert werden können. Wir werden zur Klärung und Konkretisierung ein Forschungsprojekt vergeben und nach dessen Ergebnis konkrete Maßnahmen zur weiteren Förderung entwickeln.
Die demografische Alterung ist eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft in Nordrhein-Westfalen. Die Lebensphase Alter ist vielfältig und bedarf einer differenzierten Herangehensweise: Von der Frage älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über gesellschaftspolitische Teilhabe älterer Menschen bis zum Thema Pflege Hochbetagter. Wir betrachten Alter nicht nur aus der Perspektive der Risiken, sondern ebenso aus der Perspektive der Chancen und Potenziale. Die Bekämpfung der sich ausweitenden Altersarmut ist eine zentrale Aufgabe. Zur Gestaltung der demografischen Alterung ist die Stärkung der Alternsforschung in Nordrhein-Westfalen unerlässlich. Insbesondere werden wir die Kommunen dabei unterstützen, die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern. Kommunale Vertretungen von Seniorinnen und Senioren sowie Teilhabe- und Lernmöglichkeiten älterer Menschen werden wir weiter stärken. Dabei ist die Generationensolidarität elementar für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft.
Langfristige Finanzierung der Demenz- und Wohnberatungsstellen
Demenz- und Wohnberatung sind unabdingbar, damit pflegebedürftige oder von Pflegebedürftigkeit bedrohte Menschen so lange wie möglich im vertrauten eigenen Wohnumfeld leben können. Wir werden die langfristige Finanzierung dieser Beratung sicherstellen.
Ausbau der Kurzzeit- und Tagespflege
Wir werden den Ausbau der Kurzzeit- und Tagespflegeplätze vorantreiben und dabei prüfen, ob eine verbesserte Investitionskostenförderung dabei wirksam ist. Für die Weiterentwicklung der Tagespflege streben wir ein Programm zur Erhaltung und Verbesserung der Selbstbestimmungs- und Teilhabefähigkeit der Teilnehmenden und dafür eine gesonderte Förderung an.
In Wohneinrichtungen werden wir selbstbestimmte Teilhabe durch das Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) etablieren.
Beratung, Unterstützung und Begleitung
Pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderungen sowie chronisch kranke Menschen beklagen mangelnde Transparenz und fehlende Unterstützung bei der Beantragung von Leistungen des Sozialgesetzbuches, der Begleitung bei der Ausführung von Leistungen und bei der Durchsetzung ihrer Rechte, obwohl in den Sozialgesetzbüchern eine Vielzahl von Auskunfts- und Beratungsmöglichkeiten geregelt sind und darüber hinaus eine große Zahl weiterer Beratungs- und Unterstützungsangebote durch Nichtregierungsorganisationen vorgehalten werden. Oftmals finden sich die Schnittstellen des gegliederten Systems auch in den Beratungsstrukturen wieder. Es mangelt danach nicht an gesetzlichen Regelungen, offensichtlich aber an Vernetzung und individueller Begleitung. Wir werden die Diskrepanz zwischen vorhandenen Strukturen bzw. rechtlichen Grundlagen und dem tatsächlichen Unterstützungsbedarf wissenschaftlich untersuchen lassen und auf dieser Grundlage geeignete Maßnahmen zu einer besseren Vernetzung der Strukturen und individueller Unterstützung der Betroffenen ergreifen.
Menschen mit Behinderung nutzen Assistenz- und Betreuungskräfte. Deren Qualifikation ist nicht definiert. Wir werden Angebote der Qualifizierung für Assistenz- und Betreuungskräfte einführen.
Wir wirken darauf hin, dass chronisch kranke Menschen in Nordrhein-Westfalen stärker unterstützt werden. Hierzu sollen Möglichkeiten geschaffen werden, die eine langfristige Verbesserung der Lebensumstände der Betroffenen bewirken. Ziel muss es sein, in die Forschung der verschiedenen Krankheitsverläufe zu investieren und die persönliche Situation der chronisch Kranken zu verbessern.
Inklusion
Wir stärken die Inklusion von Anfang an und ermöglichen individuelle Teilhabe auch für Menschen, die im Laufe ihres Lebens Behinderungen erwerben oder erkranken. Teilhabe
am Arbeitsleben und am gesellschaftlichen Leben unterstützen wir für alle Menschen in Nordrhein-Westfalen. Die Beratung und Beschäftigung von Menschen, die im Laufe ihres Arbeitslebens eine Behinderung erworben haben, werden wir fördern.
Dazu unterstützen wir die medizinische Rehabilitation und schließen die Lücken bei der Versorgung von Menschen mit psychischen und neurologischen Erkrankungen. Die Weiterentwicklung von ambulanten und stationären Versorgungsformen zu eigenverantwortlichem Leben und der Teilhabe am Arbeitsmarkt treiben wir voran. Die guten Erfahrungen mit Coaching und Gesundheitsberatung zur Unterstützung von Langzeitarbeitslosen setzen wir fort.
Die Unterstützung für die LAG (Landesarbeitsgemeinschaft) Selbsthilfe NRW wollen wir weiter ausbauen und auch die Arbeit des Landesbehindertenrats stärken.
Drogen
Die vom Bund geplante Freigabe von Cannabis begleiten wir mit einem flächendeckenden Präventions- und Jugendschutzprogramm.
Die Beratung von Suchtgefährdeten und deren Angehörigen sichern wir ab. Der Unterstützung von Familien und Kindern kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.
Frauen
Die Gleichstellung von Frauen und Männern fördern wir aktiv. Wir wirken gezielt auf einen Ausgleich von Benachteiligungen hin.
Die psychosoziale Beratung für Frauen werden wir langfristig sichern und barrierefrei ausbauen, ebenso wie Frauenberatung, Frauenhäuser, Mädchenberatung, Beratung für Prostituierte und Opfer von Menschenhandel.
Schwangerschaftskonfliktberatung ist ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsfürsorge für Frauen.
Gynäkologische Praxen müssen einen barrierefreien Zugang erhalten, überall.
4.5
Innere Sicherheit stärken, Leben in Freiheit schützen
Wir wollen, dass sich alle in unseren Städten und Gemeinden geborgen fühlen. Wir sorgen für ein geschütztes, lebenswertes Wohnumfeld.
Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Staates, für die Sicherheit der Bevölkerung Sorge zu tragen und diese vor Übergriffen und Kriminalität zu schützen. Für uns gehört dazu auch das Erscheinungsbild des öffentlichen Raums im Sinne von Pflegezustand, Sicherheit und Ordnung. Nur sehr reiche Menschen können sich einen schwachen Staat leisten und sich gegebenenfalls selbst schützen. Die Allgemeinheit ist jedoch auch hier auf einen handlungsfähigen Staat angewiesen. Wir werden auch bei dieser Aufgabe die Handlungsfähigkeit des Staates erhöhen.
Freiheit und Sicherheit denken wir zusammen. Sie bedingen sich für uns gegenseitig. Sicherheit ist eine Voraussetzung für ein freies, selbstbestimmtes Leben. Umgekehrt dürfen Freiheitrechte nicht durch eine einseitige und ausschließliche Fixierung des Staates auf Sicherheitsbedürfnisse erstickt werden. Denn sämtliche Maßnahmen zur Stärkung der inneren Sicherheit müssen letztendlich das Ziel verfolgen, unser Leben in Freiheit zu schützen und zu bewahren. Der Staat muss für eine vernünftige Balance zwischen beiden Polen einstehen und eine vorausschauende Politik betreiben, die gegen Kriminalität und ihre Ursachen konsequent vorgeht, dabei aber Augenmaß wahrt.
Wir stehen deshalb für eine Innenpolitik, in der Sicherheit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Wir brauchen dazu eine breite Einbindung aller relevanten gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure sowie Gruppen: Sicherheitsbehörden, Wissenschaft, Vereine und Verbände, Schulen und nicht zuletzt auch engagierte Bürgerinnen und Bürger.
Prävention
Dabei setzen wir vor allem auch auf die Prävention von Kriminalität. Wir müssen in Zukunft stärker vorausschauend und vorbeugend agieren. Es reicht nicht, erst dann einzugreifen, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Die „beste Kriminalität“ ist nach wie vor diejenige, die niemals stattfindet!
Präventionsprogramme zur Bekämpfung von Jugendkriminalität und politischem und religiösem Extremismus werden wir deshalb ausbauen und verstetigen. Damit verhindern wir frühzeitig, dass sich Menschen von einem friedlichen Zusammenleben und unseren freiheitlichen und demokratischen Werten entfernen.
Eine gute Kriminalprävention beginnt dabei bereits auf der kommunalen Ebene. Denn in den Kommunen besteht ein unersetzbares Wissen über die lokalen Gegebenheiten und Probleme. Kriminalpräventive Räte bieten hier die Möglichkeit, alle relevanten Beteiligten der Sicherheitspolitik – Polizei, Jugend- und Sozialämter, Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen sowie Wohlfahrtsverbände – an einen Tisch zu bringen und Kriminalität und ihre Ursachen vor Ort koordiniert zu bekämpfen. Die kriminalpräventiven Räte auf kommunaler Ebene wollen wir deshalb stärken und weiter ausbauen.
Darüber hinaus werden wir einen „Masterplan Licht“ für die Städte und Kommune auflegen, der insbesondere an dunklen Stellen wie beispielsweise Bahnhöfen, Parkanlagen, Brücken und Unterführungen positive Wirkung entfalten soll.
Daneben werden wir uns dafür einsetzen, dass vor Ort die Zusammenarbeit mit der Landes- und Bundespolizei sowie den kommunalen Ordnungsbehörden verbessert wird. Hierzu bieten sich vor Ort vereinbarte Ordnungspartnerschaften bzw. Doppelstreifen von Polizei und kommunalem Ordnungsdienst an.
Und nicht zuletzt beinhaltet eine vorausschauende Sicherheitspolitik auch, die soziale Kluft zu überwinden und Aufstiegschancen und Wohlstand für alle wieder möglich zu machen.
Dafür sind starke Kommunen, eine starke Wirtschaft mit guten und fairen Löhnen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie gute Bildungs- und Freizeitmöglichkeiten die Bedingung. Hierfür machen wir uns stark. Wir geben den Menschen in NordrheinWestfalen soziale Sicherheit und fangen sie auf, wenn es einmal im Leben nicht so gut läuft.
Unsere Polizei vor Ort: freundlich und hilfsbereit
Wir wollen die Präsenz unserer Polizei in den Stadtquartieren und auf den Straßen vor Ort verstärken. Polizei muss für die Menschen sichtbar, schnell ansprechbar und schnell am Einsatzort sein. Die Bezirksbeamtinnen und -beamten sind für uns dafür unerlässlich. Sie schaffen mit ihrer wertvollen Arbeit Nähe zwischen Polizei und Bevölkerung und sind gleichzeitig ein Frühwarnsystem für die Probleme vor Ort. Wir wollen deshalb diesen Bezirksdienst erhalten und weiter ausbauen. Das stärkt sowohl die objektive Sicherheitslage als auch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unser Gemeinwesen.
Die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern als Ansprechpartner unterstreicht unseren Politikansatz. Rechtsextremismus und die Ausübung rechtswidriger Gewalt haben in unserer Polizei keinen Platz und müssen konsequent aus dem Dienst entfernt werden! Wir werden nicht akzeptieren, dass eine kleine Minderheit den guten Ruf unserer in Demokratie und Rechtsstaat fest verankerten Polizei beeinträchtigt.
Die rechtsextremen Chatgruppen und die Fälle rassistisch motivierter Polizeigewalt in Nordrhein-Westfalen machen deutlich, dass es nicht bei Absichtserklärungen bleiben darf. Wir werden daher die Handlungsempfehlungen der Stabsstelle „Rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei NRW“ umsetzen und ihre Wirksamkeit fortlaufend prüfen. Um den Betroffenen die Möglichkeit zu eröffnen, Gerechtigkeit zu erfahren, werden wir außerdem eine unabhängige Beschwerdestelle einrichten. Im Zuge dessen wollen wir die Stelle eines bzw. einer Landespolizeibeauftragten etablieren. Diese beauftragte Person soll für die Aufklärung rechtswidriger Polizeigewalt zuständig sein und als Anlaufstelle für Betroffene sowie für Polizeikräfte dienen, die bei ihren Kolleginnen und Kollegen rechtswidriges Handeln bemerken.
Um die Debatte auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen fortzusetzen, werden wir schließlich eine Studie im Sinne eines Lagebilds „Rechtsextremismus und Rassismus“ in Auftrag geben.
Für die anspruchsvolle Arbeit unserer Polizistinnen und Polizisten bedarf es einer guten Ausbildung mit ständiger Fort- und Weiterbildung. Für ihren oft gefährlichen Einsatz für uns rüsten wir die Polizei bestmöglich aus, damit sie sich gut schützen kann. Das gilt vor allem für ihre digitale Ausstattung. In einer zunehmend digitalisierten Welt darf die Polizei in ihrer technischen Ausstattung nicht hinterherhinken. In diesem Zusammenhang wollen wir zukünftig auch ein noch stärkeres Augenmerk auf die Bekämpfung von neuen Kriminalitätsformen – wie zum Beispiel Internetkriminalität – sowie auf die Möglichkeiten der digitalen Fahndung richten.
Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten sowie gegen die Einsatzkräfte von Feuerwehr, Ordnungsamt und Rettungsdiensten ist nicht hinnehmbar und muss konsequent verfolgt werden. Dies ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Wir wollen sicherstellen, dass sämtliche Gewaltdelikte gegen Einsatzkräfte durch die Behördenleitungen angezeigt und vor Gericht verhandelt und ausgeurteilt werden. Nur so erfahren die Opfer Wertschätzung und die Täterinnen und Täter Konsequenzen.
Kriminalität bekämpfen
Wir werden eine weitere Aufstockung des Personals der Polizei vornehmen, denn bedingt durch die aktuell hohe Anzahl an Pensionierungen und den Zuwachs an Aufgaben kommt es nach wie vor zu personellen Engpässen bei der Polizei. Das führt zum Beispiel bei der Kripo dazu, dass eine effiziente Verbrechensbekämpfung oftmals nur unter erschwerten Umständen wahrgenommen werden kann und dass Ermittlungserfolge im Bereich der Kontrollkriminalität – wie zum Beispiel bei Drogen- oder Bandendelikten – spärlicher als erforderlich ausfallen, da hier mit einem hohen Personaleinsatz gearbeitet werden muss.
Wir werden in diesem Zusammenhang für eine Personalentwicklung „aus einem Guss“ für die gesamte Polizei sorgen. Die jährlichen Einstellungszahlen werden wir so erhöhen, dass es zu einem deutlichen Personalaufwuchs kommt. Die im Koalitionsvertrag des Bundes „Mehr Fortschritt wagen“ verabredete Verstetigung des Pakts für den Rechtsstaat unterstützen wir damit aktiv. Wir wirken zudem der aktuellen Überlastung, den Überstundenbergen und den strukturellen Defiziten bei der Kriminalitätsbekämpfung entgegen. Dabei ist es unser Ziel, bei den Einstellungen auch die Vielfalt in unserer Gesellschaft abzubilden. Zudem wollen wir im Rahmen der bewährten Polizeiausbildung geeignete Fördermaßnahmen entwickeln, um die aktuell hohe Abbruchquote in der Polizeiausbildung zu reduzieren.
Wir wollen das sogenannte „Dunkelfeld“ erhellen, denn bei der Kriminalitätsentwicklung liegen in zu vielen Bereichen – zum Beispiel bei der organisierten Kriminalität, bei Sexualdelikten oder bei der häuslichen Gewalt – nur unzureichende Daten vor. Die jährliche polizeiliche Kriminalstatistik gibt nur einen Teilaspekt der Kriminalitätslage wieder. Um ein vollständiges Bild über die Kriminalitätsentwicklung zu erlangen und um die Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung künftig gezielter auszurichten und zu verbessern, werden wir deshalb einen regelmäßigen Periodischen Sicherheitsbericht erstellen lassen.
Wir wollen unserer Polizei helfen, bessere Strategien und Lösungen bei der Kriminalitätsbekämpfung zu entwickeln. Wir werden deshalb ein Institut für Sicherheitsforschung errichten, das zukünftig als unabhängige Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis dient. Wissenschaftliche Erkenntnisse sollen hier gesammelt, gebündelt und für die Politik und die praktische Arbeit der Sicherheitsbehörden verfügbar gemacht werden. Darüber hinaus werden wir einen unabhängigen und interdisziplinären Sachverständigenbeirat einrichten, der Landtag und Landesregierung zu sämtlichen innenpolitischen Fragen berät. Als politisch unabhängige Stimme – ähnlich dem „Rat der Wirtschaftsweisen“ – soll er abseits der Tagespolitik langfristige Themen setzen und Handlungsoptionen aufzeigen.
Wir werden uns aller verfügbaren rechtlichen Mittel bedienen, um organisierte Kriminalität schon im Ansatz zu bekämpfen. Die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist in den letzten Jahren zu kurz gekommen und benötigt einen „langen Atem“ und eine umfassende Strategie. Wir werden für ihre Verfolgung mehr personelle Ressourcen bereitstellen. Entscheidend ist, dass bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität zukünftig stärker dort angesetzt wird, wo es den Verbrecherinnen und Verbrechern am meisten weh tut. Und hier ist es das Geld, das die wesentlichen Anreize für die Straftaten setzt. Wir werden deshalb die behördenübergreifende Zusammenarbeit ausbauen und die Gewerbe- und Finanzkontrollen ausweiten, um die Geldwäsche effizienter als bisher zu bekämpfen. Neben der Polizei und der Staatsanwaltschaft müssen dabei auch die Finanzämter, die Jobcenter, die Ausländerbehörden sowie Ordnungs- und Jugendämter beteiligt sein.
Als weltweit drittgrößtes Standbein der Organisierten Kriminalität gilt die Umweltkriminalität. Sie verursacht schwerste Schäden an der Natur, Menschenrechtsverletzungen und Militarisierung. Wir werden daher die Bekämpfung der Umweltkriminalität insgesamt stärken. Unter anderem schaffen wir dazu in der künftigen Landesregierung eine neue Stabsstelle Umweltkriminalität.
Mit der konsequenten Einziehung von illegalem Vermögen werden wir der organisierten Kriminalität die Grundlage für weitere kriminelle Geschäfte nehmen. Dafür werden wir die Finanzämter mit genügend Steuerfahnderinnen und Steuerfahndern sowie Analysten ausstatten, um so illegale Finanzströme und Steuerhinterziehung konsequent ahnden zu können.
Kriminalpolitik darf keine Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht stellen. Zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität bedarf es mehr als nur öffentlichkeitswirksamer Razzien. Hier geht es insbesondere darum, nicht nur Boten, sondern Bosse vor Gericht zu bringen, um die konsequente Einziehung von illegalem Vermögen sowie um Ausstiegs- und Präventionsangebote für Familienangehörige. Auch die zunehmende Bandenkriminalität im Zusammenhang mit der Sprengung von Geldautomaten wollen wir entschieden bekämpfen. In diesem Zusammenhang wollen wir die Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden in den Niederlanden weiter intensivieren und gemeinsam mit Sicherheitsbehörden sowie Banken und Sparkassen erreichen, dass die Verbesserung der technischen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz vor Sprengungen von Geldautomaten weiter forciert werden.
Wir wollen sichere und attraktive Bahnhöfe, denn der heutige Zustand vieler Bahnhöfe wird oftmals als „Angstraum“ wahrgenommen. Menschen fühlen sich unwohl und unsicher. Das ändern wir, indem wir mit dem Bund, der Deutschen Bahn und den Verkehrsverbünden ein Konzept für die Einführung einer „Bahnhofsaufsicht“ entwickeln. Diese soll als Ansprechpartnerin für Fahrgäste dienen und als „Kümmerer vor Ort“ für eine Verbesserung des Zustands der Bahnhöfe und Haltepunkte sorgen. Zudem wollen wir eine verbesserte Zusammenarbeit und Vernetzung der verschiedenen Akteure – Bundespolizei, Landespolizei, DB-Sicherheitsdienst, kommunale Ordnungsdienste sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter – erreichen, die für die Sicherheit an den Bahnhöfen und ihrem unmittelbaren Umfeld verantwortlich sind. Darüber hinaus wollen wir die Einrichtung von dauerhaften Waffenverbotszonen im Umfeld der großen Bahnhöfe.
Wehrhafte Demokratie – Wir zeigen klare Kante gegen Extremismus
Wir wollen die Bekämpfung des politischen und religiösen Extremismus weiter ausbauen und den Kampf gegen Gewalt und Terror, Hasskriminalität und rassistische Volksverhetzung verstärken. Denn ein demokratischer Rechtsstaat muss wehrhaft sein! Er hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, sich und die mit ihm verbundenen Werte zu schützen und sich Verfassungsfeinden jedweder Richtung energisch entgegenzustellen. Die größte Gefahr für die Demokratie droht dabei derzeit durch den Rechtsextremismus.
Für diese Aufgaben wollen wir Polizei und Verfassungsschutz stärken, ohne dass sie dabei ihre Bürgerorientierung aufgeben. Menschenfeindliche Positionierungen innerhalb staatlicher Institutionen werden wir nicht dulden. Wer sie meldet und die Verfolgung ermöglicht, kann auf besonderen Schutz zählen. Wir werden dafür sorgen, dass die Behörden für rechtsextreme Einstellungen und Taten stärker sensibilisiert werden.
Zwingend erforderlich ist eine Unterbindung des Waffenbesitzes in Händen von Extremistinnen und Extremisten. Hierzu setzen wir uns für eine noch strengere Überwachung ein. Die Mitgliedschaft in extremistischen Netzwerken bedeutet, dass zwangsläufig der Entzug des Waffenscheins erfolgt.
Offene Haftbefehle gegen Rechtsextremisten und Rechtsextremistinnen sind schnellstmöglich zu vollstrecken. Auch die Auswertung und Analyse dieser offenen Haftbefehle muss umgehend erfolgen. Wir wollen Ermittlungen gegen rechtextreme Täterinnen und Täter bündeln. Wir prüfen daher zusätzliche Zuständigkeiten der Zentralstelle Terrorismusverfolgung Nordrhein-Westfalen (ZenTer NRW) bei der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf.
Die Bekämpfung des Phänomens der Hasskriminalität, und insbesondere die Bekämpfung der Verbreitung hasserfüllter Parolen, wollen wir deutlich verstärken. Es darf nicht hingenommen werden, dass Extremistinnen und Extremisten versuchen das gesellschaftliche Klima in unserem Land zu vergiften. Denn eine solche Hetze gegen andere Menschen ist häufig nur die Vorstufe für tätliche Gewalt. Verfassungsschutz und Polizei wollen wir deshalb insbesondere auch zur Bekämpfung von extremistischer Hasskriminalität im Internet weiter personell aufstocken, ebenso wie die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen. Zudem wollen wir erreichen, dass bei der Bekämpfung der Extremisten und Extremistinnen neben den staatlichen Ermittlungsbehörden und der Justiz auch die Betreiber entsprechender Internetpattformen wie Facebook oder YouTube stärker in die Pflicht genommen werden. Sie müssen Botschaften mit menschenverachtenden und extremistischen Inhalten zügiger und energischer als bisher entfernen.
In diesem Zusammenhang wollen wir flankierend auch die Präventionsmaßnahmen gegen Extremismus weiter intensivieren. Eine wichtige Maßnahme ist in diesem Zusammenhang die Ausdehnung des zur Bekämpfung des Islamismus eingeführten Programms „Wegweiser“ auf sämtliche Formen des Extremismus. Wir wollen, dass die bisherigen Anlaufstellen ergänzend zu den guten Angeboten der Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus und den Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt zu Präventionszentren ausgebaut werden.
Wir werden eine kritische Bestandsaufnahme der eingriffsintensiven „Sicherheitsgesetze“ der letzten Jahre durchführen. Es muss umfassend evaluiert werden, welche Eingriffe in die Grundrechte sich tatsächlich als verhältnismäßig, weil unbedingt notwendig erwiesen haben. Wir werden das bestehende Versammlungsgesetz durch ein Versammlungsfreiheitsgesetz ersetzen. Wir werden es nicht zulassen, dass Rechtsextreme die Tage zum Gedanken an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft und Shoa missbrauchen und die Opfer verächtlich machen.
Feuerwehr, Rettungsdienste und Katastrophenschutz
Wenn man eines aus der Pandemie und der Flutkatastrophe im Juli 2021 lernen kann, dann: dass der Bevölkerungsschutz in Nordrhein-Westfalen ganz neu gedacht werden muss. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und wollen die Strukturen – im wahrsten Sinne des Wortes – krisenfest machen.
Im Katastrophenfall werden wir den Krisenstab auf Landesebene einberufen. Wir werden Gemeinden und Kreise im Katastrophenschutz, der zusammen mit anerkannten Hilfsorganisationen aufgestellt ist, eine dauerhaft bessere organisatorische und finanzielle Unterstützung geben.
Dafür werden wir regionale Lage- und Führungszentren bei den Bezirksregierungen einrichten und eine einheitliche Stabs- und Leitstellensoftware für eine bessere Vernetzung des Lagebilds im Katastrophenfall zwischen sämtlichen Ebenen – Kreisen, kreisfreien Städten, Bezirksregierungen und Landesregierung – beschaffen. Außerdem wollen wir dafür sorgen, dass Spontanhelfende im Krisenfall effizienter koordiniert werden.
Wir stärken die Einsatzkräfte in der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr. Dazu werden wir einheitliche Mindeststandards für den Personaleinsatz in den kommunalen Ordnungsdiensten festlegen und landesweite Aus- und Fortbildungsangebote für ihre Beschäftigten schaffen.
Feuerwehr, Rettungsdienst und Hilfsorganisationen sind in vielen Bereichen ehrenamtlich organisiert und leisten hervorragende Arbeit. Wir sorgen dafür, dass sie auf eine moderne Ausstattung, ein breites Angebot an Aus- und Weiterbildung, vereinfachte Freistellung der Arbeitgeber sowie bei Bedarf auf psychologische Unterstützung zurückgreifen können.
Wir entwickeln das BHKG und die Katastrophenschutzpläne des Landes konsequent weiter. Die vorhandenen Landeskonzepte werden wir quantitativ und qualitativ (hier vor allem mit Blick auf Logistik, IT, psychosoziale Notfallversorgung und internationale Zusammenarbeit) ausbauen. Es braucht ein Ressourcenmanagement zur Vorhaltung unter anderem von technischer Ausstattung im Katastrophenschutz, notwendigen medizinischen Produkten für die Bevölkerung (Stichwort: Masken) und behelfsmäßiger Infrastruktur (Stichwort: Ersatzbrücken). Auch auf Kreisebene wollen wir verbindlich Katastrophenschutzpläne einführen.
Wir sorgen für eine effiziente und zielgerichtete Warnung der Bevölkerung in Notsituationen. Das modulare Warnsystem muss ausgebaut werden – dabei verstehen wir analoge Sirenen und Hinweistafeln genauso als Bestandteil eines Warnmixes wie Apps, Cell-Broadcast-Systeme und die Einbindung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Städte, Gemeinden und Kreise werden vom Land beim Ausbau der Warn-Infrastruktur vor Ort unterstützt. Warnungen wirken nur dann, wenn die Bevölkerung ausreichend informiert und sensibilisiert ist. Wir streben daher eine flächendeckende Förderung der Selbsthilfefähigkeit der Bürgerinnen und Bürger an.
Wir machen die Kommunikation von Einsatzkräften und Behörden krisenfest. Die Erfahrungen der Flutkatastrophe haben uns gezeigt, wie anfällig Festnetz-Anschlüsse, Mobilfunknetze und Digitalfunk im Katastrophenfall bzw. bei länger anhaltenden Stromausfällen sind. Dem wollen wir mit der Bereitstellung von satellitengestützter Technik als Rückfallebene begegnen. Gleichzeitig soll das Land die Verwundbarkeit eigener Einrichtungen und Liegenschaften der kritischen Infrastruktur untersuchen.
Wir werden dafür sorgen, dass die Bereichsausnahme bei der Vergabe der rettungsdienstlichen Leistungen für die kommunalen Rettungsdienste und anerkannten Hilfsorganisationen rechtssicher angewendet werden kann.
Den Wiederaufbau in den Hochwasser-Gebieten intelligent und sozial gerecht gestalten
Die Hochwasser-Katastrophe im Juli 2021 hat Menschenleben gekostet, Existenzen zerstört und eine unfassbare Schneise der Verwüstung gezogen. Angesichts der Opferzahlen handelt es sich um die schlimmste Naturkatastrophe in der Geschichte des Landes. Neben dem Ahrtal sind auch viele Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, insbesondere im Süden des Landes betroffen. Zwischen Stolberg und Erftstadt, zwischen Bad Münstereifel und Rheinbach, von Swisttal bis Euskirchen und in anderen Kommunen im Rheinland und der Eifel hat das Wasser eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Trotz großer Spendenbereitschaft, trotz Soforthilfen, trotz der Wiederaufbauhilfen stehen die Menschen und auch die Kommunen weiterhin vor immensen Herausforderungen. Damit die Menschen in diesen Kommunen nicht abgehangen werden und damit die Kommunen wieder lebenswert werden, muss noch viele Jahre Aufbauhilfe geleistet werden. Wir werden den Wiederaufbau besonders in den Blick nehmen und alles daransetzen, dass die Kinder, die dort aufwachsen, die Menschen, die dort leben, die gleichen guten Chancen auf ein besseres Morgen haben wie anderswo in unserem Bundesland.
Dazu werden wir die Verfahren der Aufbauhilfen beschleunigen und verschlanken, damit die Hilfsgelder schneller bei den Menschen und betroffenen Unternehmen ankommen. Außerdem werden wir die Kommunen dabei unterstützen, die verlorengegangene Infrastruktur so schnell wie möglich wiederherzustellen.
Zur Bewältigung der traumatischen Erlebnisse werden wir ein Traumazentrum in Kooperation mit ärztlichen und psychotherapeutischen Anbietern einrichten. Darüber hinaus setzen wir uns für eine Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung ein und werden auf zusätzliche Kassensitze für Psychotherapeutinnen und -therapeuten drängen.
In vielen schwer betroffenen Kommunen haben sich zivilgesellschaftliche Akteure und ehrenamtlich Helfende zusammengetan, die sich um die alltäglichen kleinen und großen Herausforderungen der Flutbetroffenen kümmern. Dieses Engagement verdient unseren größten Respekt und unsere Wertschätzung. Die Angebote der psychosozialen Hilfen werden wir besser vernetzen und inhaltlich unterstützen.
Die Planungsverfahren für Hochwasserschutzmaßnahmen werden wir beschleunigen und Hochwasserschutz- und Starkregenkonzepte stärker fördern, wie auch die sich daraus ergebenden Maßnahmen.
Auf Bundesebene werden wir uns für eine Pflichtversicherung für Elementarschäden einsetzen. So wird es möglich, Eigentum auch in Bereichen zu versichern, die von Versicherungen derzeit nicht versichert werden. Auf diesem Wege lassen sich Versicherungsprämien auf mehrere Schultern verteilen und somit für alle tragbarer gestalten.
Wir legen ein Sonderprogramm „Aufholen nach dem Hochwasser“ auf. Mit diesem Programm können unter anderem betroffene Unternehmen beispielsweise Anreize durch einen befristeten und mehrjährigen Erlass der Gewerbesteuer bekommen. Kommunen können mit Hilfe dieses Sonderprogramms gezielt die Lebens- und Lernumstände ihrer Bürgerinnen und Bürger verbessern.
4.6
Die Justiz in NRW muss wieder einen Spitzenplatz einnehmen
Auch die Justiz in Nordrhein- Westfalen wird mit uns wieder den Spitzenplatz unter den Bundesländern belegen, den sie bereits vor Jahren hatte. Das zu erreichen, bedeutet für uns, dass wir ihr die Rückendeckung und das Vertrauen entgegenbringen, das sie verdient hat. Nur so erhalten wir auf Dauer eine leistungsfähige und durchsetzungsfähige Justiz. Daher werden wir es unterlassen, auf Beurteilungen von Richterinnen und Richtern aus dem Ministerium heraus Einfluss zu nehmen. Auch werden wir den Einfluss aus dem Ministerium auf einzelne Ermittlungsverfahren wieder entscheidend reduzieren.
Aus Nordrhein-Westfalen werden wir wieder wichtige justizpolitische Debatten, wie zum Beispiel beim Unternehmensstrafrecht oder bei der Entkriminalisierung von Bagatellkriminalität auf Bundesebene, anstoßen und die entscheidenden Lösungsansätze bieten. Mit einer angemessenen tatsächlichen Personalausstattung, gut bezahlten und hoch motivierten Bediensteten ist dieses Ziel wieder erreichbar. Dafür wollen wir jeden Geschäftsbereich in den Blick nehmen und keinen vergessen. Wir wissen, dass es von den Vereinen und Verbänden der Justiz viele gute Ideen für eine Verbesserung der Arbeit gibt. Diesen Sachverstand wollen wir nutzen und eine Beteiligung auf Augenhöhe für die besten Lösungen ermöglichen.
Gute Arbeit in der Justiz
Wir werden dafür sorgen, dass der Justiz die erforderlichen Stellen nicht nur auf dem Papier, sondern auch tatsächlich zu Verfügung stehen. Die Verstetigung des Paktes für den Rechtsstaat, gemeinsam mit dem Bund, ist hierfür ein wichtiger Schritt. Die Zahl der befristeten Stellen werden wir reduzieren und sachgrundlose Befristungen auch in der Justiz abschaffen. Dazu gehören auch besoldungsrechtliche Verbesserungen in der Justiz. Wir werden die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Eingruppierung von Justizbeschäftigten in Serviceeinheiten und Geschäftsstellen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen endlich umsetzen. Außerdem werden wir dafür sorgen, dass das angestellte Pflegepersonal in den Justizvollzugsanstalten so wie die Beamtinnen und Beamten eine Zulage erhalten werden. Ferner werden wir für die Beamtinnen und Beamten der Justiz zukünftig ein Wahlrecht zwischen Beihilfe und gesetzlicher Krankenversicherung ermöglichen.
Wir werden dafür sorgen, dass Vertretungen für ehrenamtliche Richterinnen und Richter, so wie jetzt schon in der Arbeitsgerichtsbarkeit, auch in den anderen Gerichtsbarkeiten gewählt werden können. Auch werden wir für eine bessere Freistellungsregelung für die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter sorgen und sie so wirksam unterstützen.
Berufsbetreuer und Berufsbetreuerinnen leisten einen wichtigen gesellschaftspolitischen Beitrag. Diesen gilt es, zu würdigen. Dazu gehört es, dass es zu einer ehrlichen Evaluierung der jetzigen Vergütung kommt, um so eine Gesamtauskunft über den Reformbedarf im Vergütungssystem zu erhalten. Wir werden diese Evaluierung durchführen, um mit den Erkenntnissen mit der Bundesebene ins Gespräch zu kommen. Wir wollen ihnen mit einer Öffentlichkeitskampagne die notwendige Wertschätzung geben und zugleich um dringend notwendige neue Berufsbetreuer und Berufsbetreuerinnen werben.
Mit uns wird der Strafvollzug wieder den Stellenwert erhalten, der ihm gebührt. Das heißt für uns, mehr Personal und eine bessere Bezahlung. Wir werden mehr Tempo beim Neubau bzw. bei der Modernisierung der Justizvollzugsanstalten machen. Schon bei den Planungen werden wir die Personalvertretungen und Beschäftigten einbeziehen, damit konsequent auch für den Schutz der Bediensteten gesorgt wird.
Das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“, der Vorrang von gemeinnütziger Arbeit vor dem Verbüßen einer Ersatzfreiheitsstrafe, werden wir wieder forcieren.
Sicherheit bedeutet immer auch, die Sicherheit der Beschäftigten in der Justiz auszubauen. Die Justizbeschäftigten, wie zum Beispiel die Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen, aber auch im Justizvollzug oder in den Wachtmeistereien, die durch ihren täglichen Kontakt mit Menschen einer größeren Gefahr ausgesetzt sind, selbst Opfer von Übergriffen zu werden, haben ein Recht darauf, diesen Schutz zu erhalten. Diesem Anspruch werden wir gerecht werden.
Wir werden die bisherige Reform des Juristenausbildungsgesetzes durch die schwarzgelbe Landesregierung korrigieren, indem wir unter anderem einen in das Jura-Studium integrierten Bachelor einführen und die Möglichkeit des „Abschichtens“ wieder einführen.
Staatsanwaltschaften wollen wir in Aus- und Fortbildung stärker als bisher sensibilisieren für Missstände im Bereich des Arbeitsschutzes sowie für Verstöße gegen Mitbestimmungsrechte, wie die Verhinderung von Betriebsratsgründungen.
Gleichberechtigter Zugang, Opferschutz, Resozialisierung und mehr Digitalisierung
Für uns ist der gleichberechtigte Zugang zum Recht ein Teil der Daseinsvorsorge, der möglichst niederschwellig und landesweit, auch im ländlichen Raum, gewährleistet werden muss. Wir wollen daher ein flächendeckendes und niedrigschwelliges Rechtsberatungsangebot, das mit den bestehenden Angeboten verzahnt werden sollte.
Das Ziel des Strafvollzugs ist die Resozialisierung und damit die Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe aller Menschen in Straffreiheit. Die (Wieder-)Eingliederung von straffällig gewordenen Menschen beginnt schon bei der Inhaftierung und dauert auch nach der Haftentlassung an. Wohnraum, Arbeit und ein stabiles soziales Umfeld sind wesentliche Grundbedingungen für eine gelungene Resozialisierung. Wir setzen uns daher ein für den Erhalt von Wohnung und Arbeitsplatz während der Haftzeit und bieten Unterstützung beim Kontakt zu Familie und Nahestehenden. Inhaftierten mit Kindern soll in den Justizvollzugsanstalten ein Familienleben so gut es geht ermöglicht werden. Wir setzen uns dafür ein, dass Strafgefangene auf digitale Anforderungen in Bildung, Beruf und Gesellschaft vorbereitet werden. Wir werden entsprechende Maßnahmen verbessern und ausweiten. Um den Übergang nach der Haft gut zu gestalten, setzen wir den eingeschlagenen Kurs der Verstärkung des pädagogischen Personals in der Justiz fort und intensivieren die Zusammenarbeit mit der freien Straffälligenhilfe. Als Grundlage dafür schaffen wir ein Resozialisierungsgesetz.
Die erste Stufe für den Rechtsfrieden im Land bleibt aber, Prozesse durch vorgerichtliche Instrumente, wie die gute Arbeit der Schiedsleute oder Mediationsverfahren, zu vermeiden. Nach einer Entscheidung gehört dann aber auch die schnelle Vollstreckung dazu. Daher wollen wir die Arbeit der Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen effektiver und noch besser machen; dazu werden wir das „Schwert der Justiz“ – wie sich die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher selbst bezeichnen – schärfen.
Beim Opferschutz werden wir einen stärker ressortübergreifenden und landesweiten Ansatz verfolgen. Wir setzen uns dafür ein, dass eine Stiftung nach bayerischem Vorbild gegründet wird, aus der Opfer von Straftaten Entschädigungen erhalten können, soweit dies aus anderen gesetzlichen Entschädigungen nicht oder nicht ausreichend geschieht. Die Stiftung soll auch aus Mitteln der Vermögensabschöpfung gespeist werden.
Wir wollen die Kinder und Jugendlichen, die Opfer einer Gewalttat geworden sind, durch die Schaffung kinderfreundlicher, interdisziplinärer und behördenübergreifender Zentren eine kindgerechte Anhörung bzw. Vernehmung ermöglichen. Wir werden die Einrichtung von „Childhood-Häusern“, die nach dem internationalen Konzept der „Childhood-Foundation“ errichtet werden sollen, mitvorantreiben und finanzielle Voraussetzungen schaffen. Kinder- und opfergerechte Justiz sind eine wichtige Voraussetzung, zum Beispiel posttraumatische Belastungsstörungen und Traumata, die erhebliche Folgekosten bedeuten, zu vermeiden.
Wir werden dem Thema der psychisch Kranken im Justizvollzug endlich den Stellenwert einräumen, der ihm gebührt, im Interesse der Kranken, aber auch im Interesse der im Justizvollzug Bediensteten. Hierzu bedarf es unter anderem endlich konsequenter baulicher Maßnahmen nicht nur im Justizvollzugskrankenhaus.
Resozialisierung ist das Ziel des Strafvollzugs. Wir werden prüfen, wie zukunftsfähig die Resozialisierung in Nordrhein-Westfalen innerhalb und außerhalb des Strafvollzugs aufgestellt ist. Gerade für junge Menschen, die straffällig geworden oder von Haft bedroht sind, bedarf es gut verzahnter Hilfeangebote. So sollten Bewährungsauflagen dazu genutzt werden, neben einem nötigen Strafübel auch Unterstützung zu gewähren.
Eine moderne Justiz in Nordrhein-Westfalen wird eine digitalere Justiz sein. Dieser Weg muss aber mit den Beschäftigten und den Personalvertretungen gemeinsam beschritten werden. Dieser Prozess muss mit den notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen ausgestattet werden.
4.7
Vielfalt und Zusammenhalt, Flucht und Integration
Religionspolitik für eine offene Gesellschaft
Die religiöse Vielfalt der Menschen in Nordrhein-Westfalen ist eine große Stärke unseres Landes. Wir stehen dafür ein, dass alle Menschen in Nordrhein-Westfalen ihre im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit frei ausüben können.
In Kirchengemeinden und Religionsgemeinschaften findet wichtiges Engagement statt, das gesellschaftlichen Zusammenhalt schafft – und das zumeist ehrenamtlich. Die Kinder-und Jugendarbeit bietet nicht nur Freizeitgestaltung, sondern auch lebendige demokratische Bildung. Im Bereich der Integration leisten Kirchen und Religionsgemeinschaften unersetzbare Leistungen. Und die kulturelle Landschaft wird durch die Chöre, Kirchenmusik und vieles weitere bereichert. Nicht zuletzt in der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie sehr sich Haupt- und Ehrenamtliche in den Kirchengemeinden und Religionsgemeinschaften um ältere Menschen kümmern. Wir erkennen in Kirchen und Religionsgemeinschaften wichtige Partner für eine gemeinsame Gestaltung einer gerechten Welt.
Den guten Austausch mit den Kirchen, den jüdischen Gemeinden und den islamischen Verbänden, sowie weiteren wichtigen Stimmen und Persönlichkeiten der Musliminnen und Muslime in Nordrhein-Westfalen wollen wir fortsetzen und intensivieren.
Es ist unsere Verpflichtung, jüdisches Leben in Nordrhein-Westfalen sowohl zu schützen als auch zu stärken. Dafür werden wir unter anderem die Position der Antisemitismusbeauftragten in Nordrhein- Westfalen weiter stärken. Neben der Ausweitung der Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen von religiösen Einrichtungen, insbesondere Synagogen und Moscheen, und weiteren sensiblen Einrichtungen müssen wir die vermehrten antisemitischen Vorfälle sichtbarer machen und stärker verfolgen. Daher werden wir die Meldestelle Antisemitismus in den regulären Betrieb überführen und um weitere Meldestellen für andere menschenfeindliche Vorfälle ergänzen. Hierbei werden wir auf einen guten Austausch zwischen bestehenden Strukturen und neuen Meldestellen achten, um Synergien zu gewinnen und Doppelstrukturen zu vermeiden.
Der islamische Religionsunterricht ist ein wichtiger Fortschritt im Zusammenleben in religiöser Vielfalt im Land. Bei der Organisation werden wir sicherstellen, dass ausländische Regierungen keinen Einfluss auf die Gestaltung des Unterrichts erhalten, aber gleichzeitig eine Einbindung der in Deutschland organisierten Verbände sichergestellt ist.
Die Kinderschutzkommission im Landtag gibt wertvolle Hinweise und Empfehlungen auch zum Schutz der Opfer bei den zahlreichen sexualisierten Gewalttaten. Daher werden wir die Arbeit der Kinderschutzkommission fortführen.
Wir schätzen die sozialen Hilfe- und Unterstützungsleistungen von freien Wohlfahrtsträgern, die mit öffentlichen und privaten Trägern Hilfebedarfe decken. Bei der Übernahme von Hilfeleistungen soll es nicht automatisch oder vorrangig zur Auswahl des preisgünstigsten Anbieters kommen. Gemeinsam mit Gewerkschaften werden wir daran arbeiten, dass Beschäftigte in der gesamten Sozialwirtschaft, unabhängig von der Trägerschaft, gute Arbeitsbedingungen und Tariflöhne erhalten. Tariflohn zu zahlen, darf nicht zu Wettbewerbsnachteilen unter den Trägern führen. Soziale Dienstleistungen
werden größtenteils durch öffentliche Mittel finanziert. Mögliche Gewinne privatwirtschaftlicher Träger sollen für Verbesserungen der Leistungen eingesetzt werden.
Wir werden uns an dem im Koalitionsvertrag im Bund zwischen SPD, Grünen und FDP vereinbarten Prozess beteiligen, in dem eine einvernehmliche Lösung zwischen Bund, Ländern und Kirchen zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen erarbeitet werden soll.
Eine solidarische und humanitäre Flüchtlingspolitik
Wir stehen für eine humanitäre und solidarische Asyl- und Flüchtlingspolitik. Wir unterstützen die Städte und Kommunen, die sich zu sicheren Häfen erklärt haben. Wir werden ein Landesaufnahmeprogramm für Nordrhein- Westfalen einrichten, welches das Ziel verfolgt, besonders schutzbedürftige Geflüchtete und Binnenvertriebene aus humanitären Gründen in Nordrhein-Westfalen aufzunehmen. Wir werden die Unterbringung von Geflüchteten in Nordrhein-Westfalen neu organisieren. Die zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) werden wir abschaffen und durch ein Unterbringungskonzept ersetzen, das eine schnelle dezentrale Unterbringung der Hilfesuchenden sicherstellt.
Wir organisieren gelingende Integration
Mit dem Landesintegrationsplan für Geflüchtete haben wir 2015 begonnen; nun wollen wir den Fokus auf eine schnelle Arbeitsmarktintegration und schnelle Einschulung von Kindern und Jugendlichen legen. Dazu gehören zügige und unbürokratische Anerkennung der Berufsqualifikationen, Nachqualifizierungen, Weiterbildungen und eine gezielte fachspezifische Sprachförderung. Frauen sollen durch bessere Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und gezielte Ansprache für den Arbeitsmarkt gewonnen werden und gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Integration funktioniert am besten mit der Familie. Wir begrüßen daher, dass sich der Bund für die Angleichung der Regelungen für den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten an die Regelung für Flüchtlinge einsetzt, und werden dies auch für den Geschwisternachzug bei unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen unterstützen. Gut integrierte Geflüchtete, die ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten, sollen schneller einen rechtssicheren Aufenthaltsstatus erhalten. Wir werden zusammen mit der Bundesebene ihre Einbürgerungsmöglichkeiten erleichtern und Kettenduldungen vermeiden.
Für uns ist klar, dass die Integrationsräte auf kommunaler Ebene ein wichtiger Bestandteil der politischen Beteiligungsstruktur für Menschen mit internationaler Familiengeschichte in Nordrhein-Westfalen sind. Daher werden wir ausschließlich den Integrationsrat als Beteiligungsgremium etablieren und dessen Entscheidungskompetenzen und Ausstattung sowie Entsendungsrechte grundlegend reformieren. Dieses ist für uns bindend, solange es kein kommunales Wahlrecht für Drittstaatenangehörige gibt und somit die Chance auf politische Teilhabe nicht anderweitig als durch Integrationsräte gewährleistet ist.
Fachkräftemangel
Nicht nur die Alterung unserer Gesellschaft macht die Einwanderung von Fachkräften für eine lebendige Wirtschaft erforderlich; Zuwanderung ist für uns eine Bereicherung. Daher begrüßen wir, dass auf Bundesebene die Einreise- und Aufenthaltsmodalitäten vereinfacht werden. Unser Beitrag für das Ankommen in Nordrhein-Westfalen wird sein, dass wir Sprach-, Integrations- und Orientierungskurse für alle Zugewanderten öffnen und ausweiten.
Doppelte Staatsbürgerschaft
Die doppelte Staatsbürgerschaft sowie vereinfachte Einbürgerungsvoraussetzungen gehören zu den wichtigsten Maßnahmen für gleichberechtigte Teilhabe. Dafür werden wir eine Einbürgerungsoffensive starten und alle Möglichkeiten in Nordrhein-Westfalen ausschöpfen, um die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts an die aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse anzupassen.
Diskriminierungsfreies Land
Unser Ziel ist eine diskriminierungsfreie und chancengerechte Gesellschaft.
Neben der Etablierung eines Antidiskriminierungsgesetzes, werden wir auf Landesebene eine Antidiskriminierungsstelle einrichten. Diese soll netzwerkartig beratend, forschend und vor allem öffentlichkeitswirksam tätig sein. Diskriminierende und rassistische Handlungen finden auf der kommunalen Ebene statt. Wir werden uns dafür einsetzen, dass unsere Kommunen die nötige beratende und finanzielle Ausstattung für die Gestaltung von Antidiskriminierungskonzepten erhalten.
Interkulturelle Öffnung
Wir stehen für eine offene und plurale Gesellschaft. Diese Haltung werden wir im öffentlichen Dienst leben und die interkulturelle Öffnung der Verwaltung vorantreiben, indem wir vor allem diskriminierungsfreie Bewerbungs- und Zugangsverfahren sowie kultursensible Weiterbildungen etablieren werden.
Migrantenselbstorganisationen
Die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen ist für uns selbstverständlich. Für Menschen mit Einwanderungsgeschichte ist dies noch immer nicht selbstverständlich. Daher werden wir die Unterstützung der Migrantenselbstorganisationen (MSO) fortführen und sie stärker in integrationspolitische Diskurse und Prozesse einbinden.
4.8
Wir fördern die Gleichstellung aller Geschlechter
Für uns sind alle Menschen gleich. Deswegen setzen wir uns dafür ein, Ungleichheiten zu beseitigen. Es geht einfach besser, wenn man gemeinsam handelt. Uns ist wichtig, dass Frauen und Männer gleichstark auf allen politischen Ebenen vertreten sind. Dies werden wir auf eine gesetzliche Grundlage stellen.
Wir wollen, dass nicht schon in der Sprache und Ansprache die Unterschiede der Geschlechter deutlich werden. Daher werden wir auf eine geschlechtergerechte und geschlechterneutrale Sprache im Land und in den Kommunen achten.
Wir bekämpfen konsequent Gewalt gegen Frauen und Mädchen
Gewalt, insbesondere gegen Frauen und Mädchen ist für uns nicht akzeptabel. Deswegen werden wir einen Landesaktionsplan ins Leben rufen, der sich flächendeckend mit den Hilfs-, Beratungs- und Präventionsangeboten, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Zielgruppe, beschäftigt (Istanbul-Konvention). Wir wissen, dass Frauen und Mädchen mit Behinderung einem besonderen Risiko für Gewalterfahrungen ausgesetzt sind und weniger Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Hilfsangeboten vor Ort haben. Deshalb möchten wir mehr barrierefreie Anlaufstellen (Mädchen- und Frauenhäuser sowie unabhängige Beratungsstellen) für Frauen und Mädchen mit Behinderung in NordrheinWestfalen schaffen. Dass es dabei nicht allein um den Abbau von baulichen Barrieren, sondern um vielfältige Barrieren geht, werden wir beachten.
Frauen und Mädchen, die Gewalt erfahren, brauchen unsere Hilfe. Wir fordern einen Rechtsanspruch zur kostenlosen Aufnahme und Unterbringung aller schutzbedürftigen Frauen und Mädchen. Deshalb werden wir Geld in die Hand nehmen, um das Frauen- und Mädchenhilfesystem, insbesondere die Frauenhäuser, aber auch die Beratungsstellen gegen Zwangsheirat, sowie den Runden Tisch gegen Beschneidungen von Mädchen, auszubauen.
Auch Cyber-Mobbing ist Gewalt. Deshalb ist es für uns selbstverständlich, dass die Beratungs- und Hilfesysteme auch bei dieser Form der Gewalt angepasst und ausgebaut werden müssen.
Queere Generationen im Blick
Wir setzen uns dafür ein, dass LSBTIQ*-Jugendliche stärkende Räume erfahren können. In queeren Jugendtreffs und -gruppen sollen sie ohne Sorge vor Queerfeindlichkeit zusammen ihre Freizeit verbringen und Unterstützung finden können. Daher werden wir queere Jugendangebote sowohl im urbanen als auch im ländlichen Raum fördern. Hierzu sind auch ergänzende digitale Angebote geeignet. Ebenso setzen wir uns dafür ein, dass die LSBTIQ*-Kinder- und Jugendarbeit in die Jugendförderpläne aufgenommen wird.
Auch die aktuelle Generation von LSBTIQ*-Seniorinnen und -Senioren nehmen wir in den Blick und werden die Träger von Einrichtungen der Altenhilfe sensibilisieren, dass eine LSBTIQ*-kultursensible Pflege und Betreuung zum Standard wird.
Wir wissen aber auch: Alt ist man nicht erst, wenn man pflege- und betreuungsbedürftig ist. Wir werden auch die queere Seniorinnen- und Senioren-Arbeit inklusive Freizeitangeboten fördern und Beratungsstellen unterstützen. Wo es gewünscht ist, gilt es auch generationenübergreifenden Austausch, etwa bei queeren Wohnprojekten in Mehrgenerationenhäusern, zu unterstützen.
Nordrhein-Westfalen ein Land der vielfältigen Kultur
Unternehmen treffen ihre Standortentscheidungen heute unter anderem auch danach, wie eine Stadt oder eine Region „Diversity“ lebt. Moderne und erfolgreiche Unternehmen haben längst erkannt, dass eine offene Unternehmenskultur und ein diskriminierungsfreies Arbeitsfeld wichtige Chancen eröffnen, um im Wettkampf um die besten Talente zu bestehen. Diese Unternehmenskultur wollen wir unterstützen, indem wir das aktive Diversity-Management durch regelmäßige Workshops und die Unterstützung von inner-und überbetrieblichen LGBTIQ*-Netzwerken sowie Zusammenschlüsse anderer von Diskriminierung betroffenen Gruppen fördern, um bestehende Vorbehalte sichtbar abzubauen und Diskriminierung zu bekämpfen.
CSDs fördern Akzeptanz und Sichtbarkeit
Die CSD-Straßen- und Kulturfeste sind bunt. Durch eine strukturelle und finanzielle Sockelförderung wollen wir die CSD-Feste nicht nur in Köln, sondern im ganzen Land ermöglichen. Nicht nur den CSD, sondern die Vielfältigkeit des queeren Lebens in Nordrhein-Westfalen wollen wir durch die Zusammenarbeit zwischen den LSBTIQ*-Netzwerken und dem Tourismus NRW e.V. sichtbarer machen. Nordrhein-Westfalen soll so eine bevorzugte Destination der LSBTQ*-Community werden.
4.9
Für eine verlässliche Basis und mutige Entwicklung in der Kulturpolitik
Kultur ist keine brotlose Kunst, sondern Nahrung für Geist und Seele. Die Kulturförderung liegt uns am Herzen. Wir werden in den nächsten zwei Regierungszeiten die bisherige Förderung verdoppeln und wollen damit unter anderem dafür sorgen, dass die Kultureinrichtungen an Digitalisierungsprozessen und zukünftigen, weiteren Entwicklungen partizipieren können.
Wir wollen eine grundlegende Stärkung der Soziokultur, der Interkultur, der Inklusion, der Breitenkultur und kultureller Angebote in der Fläche sowie einer daraufhin ausgerichteten Förderstruktur. Hierzu zählen auch die Anerkennung, Förderung und Stärkung der Außendarstellung der vielfältigen und diversen Gesellschaft und ihrer unterschiedlichsten Mitglieder in den Künsten. Unterrepräsentierte Gruppierungen sollen mittels Ausbildung, Programmen, Vermittlung und Quoten gefördert werden.
Um auch LSBTIQ*-Kultur hinreichend zu würdigen, wollen wir ein jährliches Kulturfestival von nationaler Bedeutung in Anlehnung an die Hirschfeld-Tage etablieren.
Wert und Würde
Künstlerinnen und Künstlern geben wir Sicherheit, indem wir sie besser fördern, ihre soziale Absicherung ausbauen, die Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern auch in der Kunst vorantreiben und für faire Honorarvereinbarungen sorgen.
Unser Handeln zielt auf Diversität und Differenziertheit unter Achtung der Gleichwertigkeit aller Menschen ab. Wir werden bei Kulturförderung darauf achten, dass die Gendergerechtigkeit umgesetzt wird. Das im Kulturgesetz verankerte Mindesthonorar werden wir deutlich anheben.
Der demokratische Wertekanon auf der Bühne muss auch das Handeln hinter dem Vorhang bestimmen. Alle Akteurinnen und Akteure im System sind – ohne Wenn und Aber – in ihrer Würde zu schützen. Dazu werden Hilfs- und Beratungsangebote sowie geeignete Kontrollmechanismen etabliert und weiterentwickelt sowie gegebenenfalls die Förderung beendet, wenn ein systemisches Fehlverhalten vorliegt.
Starke Stadt und attraktives Land
Kunst und Kultur ist für alle da, egal ob auf dem Land oder in der Stadt. Im Idealfall ergänzt sich das Kulturangebot von Stadt und Land und bereichert sich wechselseitig. Weder der ländliche Raum noch die Städte dürfen kulturell ausbluten. Daher werden wir die Daseinsvorsorge in den Kommunen weiter konsolidieren und für einen Ausbau und Anschluss der ländlichen Angebote sorgen.
Hierzu gehören zum Beispiel die Unterstützung eines flächendeckenden Angebots von Bibliotheken und Musikschulen sowie der Ausbau von Jugendkunstschulen, aber auch eine stärkere Förderung von Aufführungen der darstellenden Kunst in der Region durch die Landestheater und Freie Gruppen, der Ausbau der Soziokultur sowie eine deutliche finanzielle Aufwertung von Chören, Laienkultur und Volksmusik.
UNESCO-Welterbe
Wir werden die liegengelassene Chance, das Ruhrgebiet mit seinen einzigartigen kreativen und kulturellen Erlebnis- und Industriekulturorten als UNESCO-Welterbe anzuerkennen, aktiv unterstützen und die Beantragung proaktiv befördern.
Gute Orte drinnen und draußen und in der Nähe
Entfalten kann man sich da, wo man sich wohl fühlt. Wir werden ein umfangreiches Programm „Gute Kulturorte 2025“ auflegen, mit dem insbesondere kleinere Bühnen, Kinos, Clubs, Orte der Populär-kultur, Begegnungsstätten und ortsnahe Angebote sowie Erinnerungsstätten auf den heutigen technischen, energetischen und barrierefreien Stand gebracht werden, aber auch digitale und hybride Formen oder Outdoor-Veranstaltungen ermöglicht werden können.
Alle Menschen im Nordrhein-Westfalen der Kulturen
Kunst und Kultur sind geeignet, Menschen Sinn zu vermitteln, ihnen beim Verständnis von Leben und Welt und der Gestaltung derselben zu helfen sowie diese zu verschönern. Kunst und Kultur unterstützen Menschen dabei, sich das Leben in einer spezifischen Umgebung zu erschließen, und sie können ihnen Heimat geben. Kunst und Kultur bieten die Möglichkeit der Verständigung der Einzelnen im Spannungsverhältnis zu anderen und der sie umgebenden Natur. Im günstigsten Fall trägt dies zur Herausbildung einer verantwortlichen Position gegenüber der Gemeinschaft und der Umwelt bei.
Der Anspruch unseres Leitbildes „Kultur für alle“ muss konsequent weitergedacht und umgesetzt werden. Alle Menschen müssen über kulturelle Kompetenzen und Teilhabemöglichkeiten verfügen können. Dies umschließt die Kulturelle Bildung, die „Kultur von- und miteinander“ und den Willen zur Vielfalt sowie eines alle Gruppen ansprechenden Kulturkanons. Kulturelle Bildung bedarf dauerhafter, gut ausgebauter Vernetzungsstrukturen zwischen den Kulturinstitutionen und den allgemeinbildenden Angeboten.
4.10
Vielfältige und unabhängige Medien stärken
Unsere demokratische Gesellschaft lebt durch die grundgesetzlich geschützte Meinungsund Pressefreiheit. Die Meinungs- und Pressefreiheit wiederum ist nur durch unabhängige Journalistinnen und Journalisten und eine freie Presse möglich. Diese Grundsätze sind für uns unabdingbar. Genauso unabdingbar ist daher auch, dass die Medienschaffenden einerseits faire und sichere Arbeitsverhältnisse haben und andererseits in ihrer grundrechtsrelevanten Berufsausübung vor Gewalt und Bedrohungen geschützt sind. Wir wollen weiterhin die Vielfalt unabhängiger Medien sichern und fördern daher neue Ideen und Konzepte sowie den Ausbau des barrierefreien Angebots, mit Gebärden bei Nachrichten, Sondersendungen, Regierungserklärungen etc. sowie Angebote in leichter Sprache.
Für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Mit dem WDR hat Nordrhein-Westfalen die größte Landesrundfunkanstalt. Wir stehen zu einem WDR mit Vollprogramm und einer auskömmlichen Beitragsfinanzierung. Mehr Inhalte, die der WDR erstellt oder in Auftrag gibt, müssen mit Creative-Commons-Lizenzen frei lizenziert sein, vor allem Bildungsinhalte und Inhalte aus den Bereichen Nachrichten, Information und Wissen.
Bei der Zusammensetzung des WDR-Rundfunkrates werden wir dafür Sorge tragen, dass die gesamte gesellschaftliche Breite der Interessen weitgehend widergespiegelt wird, und dabei auch gesellschaftlich relevante Gruppen berücksichtigen, die bislang nicht oder nicht mehr im Rundfunkrat vertreten sind.
Wir begrüßen Überlegungen zu einer Medienplattform, die die Qualitätsinhalte der öffentlich-rechtlichen Medien Europas für alle Bürgerinnen und Bürger grenzüberschreitend zugänglich macht.
Für vielfältigen Lokaljournalismus
Ohne lokale Nachrichten, sei es im Funk oder in Papierform, sind wir nicht gut informiert, was vor Ort gerade passiert. Wir wollen den Lokaljournalismus stärken und seine crossmediale Weiterentwicklung fördern. Der deutschlandweit einmalige NRW-Lokalfunk ist und bleibt unverzichtbar sowohl für lokale und regionale Informationen als auch für den Katastrophenschutz. Wir werden den NRW-Lokalfunk mit den eigenständigen Redaktionen erhalten.
Um professionellen Journalismus auch in Zukunft finanzieren zu können, streben wir die Verankerung von Journalismus im Gemeinnützigkeitsrecht und die Förderung einer gemeinsamen Vermarktungsplattform sowie die Entwicklung weiterer Finanzierungsmöglichkeiten, wie Stiftungsmodelle, an. Ehrenamtliches journalistisches Engagement, wie die Bürgermedien, werden wir unterstützen.
Die Landesanstalt für Medien NRW sichert, unter anderem durch ihre Journalismusförderung, die redaktionelle Vielfalt in unserem Land. Sie soll künftig auch digitale Innovationen am Standort NRW fördern können, wenn sie dazu beitragen, journalistische Inhalte auffindbarer zu machen, besser zu verbreiten oder bei der Vermarktung zu unterstützen.
Für eine sichere Online-Welt
Desinformation und Hate Speech im Internet müssen wir durch die Stärkung von Medienkompetenz für Jung und Alt entschieden entgegentreten. Dafür wollen wir den Medienkompetenzrahmen sowie Medienkompetenzprojekte, wie die der Landesanstalt für Medien, konsequent weiterentwickeln. Den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet und in den sozialen Medien wollen wir stetig verbessern. Wir wollen Frauen in der Gaming Szene unterstützen, da sie hier unterrepräsentiert sind, und Sexismus in der OnlineWelt bekämpfen.
Wir sind nicht schutzlos, wenn Suchmaschinen und Netzwerke Inhalte selektieren und filtern, denn wir werden im Rahmen des Medienstaatsvertrages deren Regulierungsbedarf angehen und so die Vielfaltsicherung in den sozialen Netzwerken stärken. Auch vor dem Hintergrund des wachsenden Einflusses von Sprachassistenten auf die Auswahl von Medieninhalten wollen wir die Auffindbarkeit journalistischer Inhalte im Netz verbessern.
Werbung im Netz wollen wir stärker kontrollieren, um Manipulationen vorzubeugen. Wir setzen uns für einen freien Zugang zum Internet für alle sowie für Netzneutralität ein.
Für innovative Konzepte
Spielen macht Spaß und in Nordrhein- Westfalen haben wir viel Spaß. Denn Nordrhein-Westfalen ist deutschlandweit der Games-Standort Nummer eins. Wir ruhen uns aber nicht auf dem Siegertreppchen aus, sondern wollen ein neues Veranstaltungsformat mit wechselnden Standorten in Nordrhein-Westfalen etablieren, um die kreative Energie der Netzcommunity mit der Qualität und Erfahrung der klassischen Medien zusammenzubringen. Neben etablierten Medienstandorten wollen wir insbesondere auch den Standort Ruhrgebiet stärken.
Die erfolgreichen Institutionen in Nordrhein-Westfalen, wie die Film- und Medienstiftung, das Grimme-Institut, die Internationale Filmschule und das Mediengründerzentrum Nordrhein-Westfalen, wollen wir fördern und weiterentwickeln.
4.11
NRW als Sportland Nummer eins stärken
Nordrhein-Westfalen ist Sportland Nummer eins durch die zahlreichen aktiven Sportlerinnen und Sportler, sowohl im Breiten- als auch im Spitzensport. Sie machen die Sportvereine lebendig. Deshalb werden wir in die örtlichen Sportstätten investieren, damit auch sie den Platz eins einnehmen. Unser besonderes Augenmerk legen wir dabei auf die Barrierefreiheit. Menschen mit und ohne Behinderung, Ältere und Jüngere sollen – auch gemeinsam – aktiv sein können und dabei Erfolge erleben und Spaß haben.
Fit für Sport – wir machen die Sportstätten fit
Moderne Sporthallen und Schwimmbäder mit allen technischen Vorzügen von heute, ordentliche und ausreichende Umkleiden sowie Sportplätze und Anlagen, auf denen man vernünftig Ballsport oder Leichtathletik betreiben kann, müssen in Nordrhein-Westfalen wieder die Regel sein. Daher werden wir das Projekt „Moderne Sportstätten“ fortsetzen und mit den notwendigen Mitteln ausstatten, um die Sanierung sowohl kommunaler als auch vereinseigener Sportstätten zu unterstützen und weiter voranzutreiben.
Begeisterung für den Sport wecken
Wir wollen Kinder und Jugendliche für den Teamgeist und den fairen Wettbewerb durch den Sport begeistern. Dafür werden wir einmalig den Jahresbeitrag für den Eintritt in einen Sportverein übernehmen. Unser Ziel ist, zusammen mit den Sportvereinen, mindestens 500.000 Kinder und Jugendliche für den organisierten Sport zu begeistern.
Jedes Kind wird schwimmen können
Mit uns wird es wieder selbstverständlich, dass jedes Kind schwimmen lernt. Wir werden dafür insbesondere die Schwimmbäder ertüchtigen und jedem Kind ein Angebot – sowohl in als auch außerhalb der Schulzeit – unterbreiten. Mit uns wird es wieder selbstverständlich sein, dass jedes Kind schwimmen lernt. Wir unterstützen dabei die Kommunen, damit sie in der Lage sind, regelmäßiges Schulschwimmen zu ermöglichen.
Landessportbund als verlässlichen Partner der Landespolitik unterstützen
Unser verlässlicher Partner im Sportbereich ist der unabhängige Landessportbund NRW. Gemeinsam mit dem Landessportbund NRW wollen wir den Pakt für den Sport eng abgestimmt ausbauen und zuverlässig zusammenarbeiten.
Spitzensport braucht Breitensport
Vorbilder spornen an, selbst sportliche Erfolge zu erreichen. Wir wollen die bestmögliche Förderung unserer sportlichen Talente; insbesondere im Spitzensport wollen wir die Förderung des Nachwuchses unterstützen, auch im Parasport.
Disqualifizierungen nach einer sportlichen Karriere wird es mit uns nicht geben. Deshalb werden wir duale Karrieren für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler besser unterstützen – nicht nur bei öffentlichen Behörden, sondern auch im Studium, in der Ausbildung und in der Berufstätigkeit. Entsprechende Kooperationsvereinbarungen zur Förderung der dualen Karriere für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und Kommunen wollen wir fördern.
Sportgroßveranstaltungen in Nordrhein- Westfalen auch weiterhin ermöglichen
Sportliche Großveranstaltungen begeistern in Nordrhein-Westfalen. Deswegen werden wir uns dafür einsetzen, dass auch zukünftig sportliche Events in Nordrhein-Westfalen stattfinden und unterstützen entsprechende Bewerbungen aus den Sportverbänden.
Die olympischen Werte – Höchstleistung, Freundschaft und Respekt – müssen zukünftig auch wieder für Ausrichter der olympischen und paralympischen Spiele gelten. Deutschland und Nordrhein-Westfalen können das gewährleisten. Auch in Zukunft wollen wir Bewerbungen aus der Rhein-Ruhr-Region für gesellschaftlich breit getragene Olympische und Paralympische Spiele unterstützen. Für uns ist es selbstverständlich, dass dabei die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie der sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit Grundlage sind.
Gegen Gewalt und Ausgrenzung
Für uns haben Rechtsextremismus, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Sport nichts verloren. Deswegen werden wir Fanprojekte und Initiativen von Vereinen, die sich gegen psychische, physische und sexualisierte Gewalt im Sport richten, unterstützen.
4.12
NRW im Herzen Europas
Unser Bekenntnis für Europa ist grenzenlos. Wir stehen uneingeschränkt für die großen europäischen Werte. Dazu gehören für uns die Charta der Grundrechte der EU, die Europäische Säule sozialer Rechte mit ihren 20 Grundsätzen, ein starkes System der sozialen Sicherung, ein gemeinsames, humanitäres und funktionierendes Migrationssystem und der Kampf gegen jegliche Form der Diskriminierung. Es muss klar gelten: Wer sich nicht an unsere gemeinsamen Werte hält, darf auch keine Mittel erhalten.
Unser Herz schlägt für Europa und wir stehen zu einem Europa der Regionen, in dem Kommunen, Regionen und die Zivilgesellschaft vor Ort gestärkt werden und grenzüberschreitend zusammenarbeiten. Nicht nur im Dreiländereck von den Niederlanden, Belgien und Nordrhein-Westfalen ist Europa gelebte Wirklichkeit. Wir wollen die gute Zusammenarbeit in den Bereichen Schule oder Beruf, Industrie oder Mobilität, Gesundheit oder Recht weiter ausbauen! Die Arbeit der Euregios sowie die grenzüberschreitende Kooperation der Kommunen wollen wir stärken.
Wir wollen die Beratung ausbauen, um grenzenloses Arbeiten, Leben, Studieren und mehr weiter zu vereinfachen. Das geschieht unter anderem durch einen Ausbau der Beratungsangebote auf kommunaler Ebene sowie GrenzInfoPunkte in den Euregios, eine bessere Verknüpfung der Angebote der Staaten sowie digitale Angebote, auf die mehrsprachig zugegriffen werden kann.
Neben der Regionalvertretung der Europäischen Kommission in Bonn, ist es insbesondere Aufgabe der Europe Direct Zentren, Vorhaben der EU in der Fläche zu kommunizieren und als Anlaufpunkte für die Zivilgesellschaft Informations- und Diskussionsveranstaltungen zur EU-Politik anzubieten. Die Zusammenarbeit der Landesregierung mit den Europe Direct Zentren wollen wir ausbauen. Ihre Arbeit vor Ort wollen wir auf Landesebene durch Angebote der Koordination und Unterstützung, insbesondere in der Außendarstellung und Öffentlichkeitsarbeit, fördern.
Recht und Sicherheit
Grenzenloses Leben braucht gemeinsame Sicherheit. Wir bauen die Zusammenarbeit bei Prävention, Strafverfolgung und Justiz insbesondere mit Belgien und den Niederlanden weiter aus. Dazu stärken wir zum Beispiel gemeinsame Lagezentren mit zusätzlichem Personal und sorgen für die schnelle Weitergabe von Informationen; all das natürlich im Einklang mit Freiheits- und Bürgerrechten.
Europäische Förderung braucht eine verlässliche Landesregierung
Kommunen, Einrichtungen und Kooperationen brauchen für viele Projekte, die mit EU-Förderung finanziell unterstützt werden, eine Ko-Finanzierung des Landes NRW. Diese europäische Förderung braucht eine verlässliche Landesregierung als Partner, die solche Projekte, sofern sie bereits von der EU ausgewählt wurden, ohne Verzögerung bewilligt und mit entsprechender Ko-Finanzierung ausstattet.
Die Auslandsgesellschaft NRW wollen wir für die europäische Gemeinschaftsbildung enger einbinden und fördern.
Städtepartnerschaften
Die Städtepartnerschaften unserer Städte und Gemeinden wollen wir fördern und unterstützen. Projektorientierte Zusammenarbeit zwischen europäischen Kommunen, insbesondere mit anderen (potenziellen) Industriezentren, wollen wir gezielt fördern, um voneinander zu lernen und den Weg zu einer nachhaltigen Art des Wirtschaftens zu beschreiten.
4.13
Eine Welt – Unsere globale Verantwortung
Wir blicken über unseren Tellerrand hinaus und wir wissen um unsere Verantwortung in einer globalisierten Welt. Die Bewahrung des Friedens in Europa ist gerade in diesen Zeiten der zunehmenden Spannungen in der Welt die unabdingbare Voraussetzung für eine gedeihliche Entwicklung auch in NRW. Daher engagieren wir uns für ein Europa des Friedens, der Entspannung, der Abrüstung und der Zusammenarbeit, insbesondere mit den europäischen Nachbarländern. Wir brauchen internationale Kooperation, um die globalen Herausforderungen wie die Klimakrise, die Pandemie, Flucht und Migration sowie die wachsende soziale Ungleichheit auf der Basis der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu meistern. Die nachhaltigen Entwicklungsziele der UN (SDG) setzen für uns Maßstäbe und wir wollen zu deren Umsetzung beitragen. Deshalb werden auch wir uns für eine konsequente Einhaltung und Weiterentwicklung des Lieferkettengesetzes einsetzen und weiterhin auch auf Bundesebene dabei mithelfen, dass die grundsätzlich beschlossene globale Mindestbesteuerung von Konzerngewinnen umgesetzt werden kann.
Wir werden darauf achten, dass bei internationalen Handelsverträgen der staatliche und kommunale Spielraum bei der Gestaltung der Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand sowie der Entscheidungsspielraum des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente zur regulatorischen Gestaltung, soweit öffentliche Interessen berührt sind, nicht durch administrative Handelsausschüsse eingeschränkt wird. Auch dürfen ausländische Unternehmen in ihren Klagerechten nicht bessergestellt werden als nationale Unternehmen. Internationale Handelsverträge müssen weniger entwickelten Ländern eine faire Entwicklungschance einräumen und wirksame, sanktionierbare Vorschriften zur Nachhaltigkeit und guten Arbeit enthalten.
Unsere Partnerschaft mit den afrikanischen Ländern Ghana und Südafrika wollen wir intensivieren, denn ein intensiver Austausch und eine gute Zusammenarbeit gerade beim Aufbau einer nachhaltigen Wirtschaft, beim Klimaschutz mit Schwerpunkt erneuerbare Energien (dezentrale Solar- und Windenergieanlagen und Parks, Speichertechniken, Pumpspeicherkraftwerke und die Produktion von grünem Wasserstoff) können zu einer echten gegenseitigen Bereicherung auch für unseren heimischen Industriestandort führen. Darüber hinaus wollen wir internationale Städte- und Schulpartnerschaften sowie die Partnerschaften auch in den Bereichen des internationalen Wissenstransfers, bei Forschungsprojekten und Ausbildungsaufenthalten intensiveren.
Viele zivilgesellschaftliche Initiativen, Kommunen und auch Unternehmen haben sich im Bereich des Fairen Handels bereits auf den Weg gemacht. Wir wollen sie auch in ihrer entwicklungspolitischen Bildungsarbeit weiterhin fördern und ihnen die Möglichkeit der landesweiten Vernetzung geben. Wir treten dafür ein, dass die öffentliche Beschaffungspraxis auf kommunaler und Landesebene wieder verstärkt an sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Kriterien ausgerichtet wird.
Bonn erfüllt nicht nur als Bundesstadt, sondern auch als UN-Stadt und regelmäßiger Tagungsort der Weltklimakonferenz eine wichtige nationale und internationale Funktion im Bereich nachhaltige Entwicklung, internationaler Klimaschutz sowie weltweite Energiewende. Diese Rolle ist für Nordrhein-Westfalen wichtig. Daher wollen wir sie stärken und ausbauen, auch indem wir endlich einen Bonn-Vertrag als verbindlichen Zusatz zum Bonn-Berlin-Gesetz mit der Bundesregierung abschließen und Bonn als zweites bundespolitisches Zentrum festigen.