Der frühkindlichen Bildung in Kindertageseinrichtungen kommt – gemeinsam mit der Grundschule – eine zentrale Rolle innerhalb der Bildungsinfrastruktur zu. Denn gerade in dieser frühen Phase werden die entscheidenden Grundlagen für Chancengleichheit und gelingende Bildungsbiografien gelegt. In Nordrhein-Westfalen leben über drei Millionen Kinder und Jugendliche – aus vielfältigen familiären Hintergründen und mit unterschiedlichen Lebensrealitäten. Sie alle haben nicht nur ein gesetzlich verankertes, sondern auch ein moralisches Recht auf Bildung. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, muss die Bildungsinfrastruktur konsequent weiterentwickelt und ausgebaut werden.
Besonders wichtig ist es, allen Kindern ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Platz in einer Kita anbieten zu können – damit sie bestmögliche Startchancen erhalten. Doch genau an dieser Stelle versagt die schwarz-grüne Landesregierung aktuell: „Zum ersten Mal seit Einführung des Rechtsanspruchs auf einen U3-Betreuungsplatz sinkt in NRW die Zahl der verfügbaren Plätze. Und dies, obwohl Studien klar belegen, dass die Nachfrage nach Kita-Plätzen das Angebot weiterhin deutlich übersteigt. Diese Entwicklung ist kein Einzelfall, sondern Teil eines langfristigen, strukturellen Missmanagements der amtierenden Landesregierung“, erklärt die SPD-Landtagsabgeordnete Sonja Bongers.
Eklatante Lücke
Laut der Bertelsmann-Stiftung liegt die Lücke zwischen tatsächlichem Bedarf und bestehendem Angebot mittlerweile bei über 110.000 Kita-Plätzen. Auch mit Blick auf den Ausbaustand des OGS-Systems hat sich die schwarz-grüne Landesregierung bisher nicht mit Ruhm bekleckert. Die Kommunen und OGS-Träger hatte sie zunächst mit der Ankündigung eines Landesausführungsgesetzes im gemeinsamen Koalitionsvertrag immer wieder vertröstet – bis sie einem Gesetz auf einmal eine komplette Absage erteilte.
Damit hat sie bei den Kommunen und OGS-Trägern für viel Verunsicherung gesorgt. Das spiegelt sich unter anderem in den zögerlichen Ausbauzahlen von OGS-Plätzen in den letzten Jahren wider. Doch die Zeit rennt: In etwas mehr als einem Jahr besteht für alle Erstklässlerinnen und Erstklässler in Nordrhein-Westfalen ein Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz. Aktuell stehen nur für etwas mehr als die Hälfte der Grundschulkinder OGS-Plätze zur Verfügung.
Die Landesregierung geht davon aus, dass 80 Prozent der Grundschülerinnen und Grundschüler zukünftig einen OGS-Platz benötigen werden. Dies entspricht laut den Vorausberechnungen einem Platzbedarf von 590.000 Plätzen. Bis 2026 müssten demnach noch mehr als 200.000 zusätzliche OGS-Plätze geschaffen werden, damit nicht nur alle Erstklässlerinnen und Erstklässler versorgt sind, sondern kein Kind bei der Platzvergabe leer ausgehen wird.
Doch die Kommunen und Träger beklagen bereits seit Jahren die chronische Unterfinanzierung des OGS-Systems. Mit Blick auf die Fördermittel für den OGS-Ausbau kritisieren sie, dass die gezahlten Schulträgerbudgets nicht ansatzweise die Kosten decken würden, die für den Neubau, Umbau oder die Sanierung der ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote notwendig wären. Gleichzeitig reichen auch die sogenannten Pro-Kopf-Pauschalen, die das Land für den Ganztag zahlt, nicht aus, um den OGS-Betrieb kostendeckend am Laufen zu halten. Viele Kommunen investieren daher einen höheren Eigenanteil in den Ganztag, als sie verpflichtet wären.
Geld ist vorhanden
Durch den Wachstumsbooster der Bundesregierung hat das Land NRW hier eine bisher nicht dagewesene Chance in die Bildungsinfrastruktur zu investieren. Neben den 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur wurde auf Bundesebene vereinbart, ein großes zusätzliches Programm zur Förderung von Investitionen in die Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur, in Kitas und in Hochschulen aufzusetzen, das fast ausschließlich der Bund finanziert.
Der Bund wird die Länder gezielt und befristet im Zeitraum von 2026- 2029 entlasten: Über vier Jahre werden bundesseitig jährlich 1 Milliarde Euro für Investitionen bereitgestellt. Der Bund trägt 95 % Prozent, das Land 5 Prozent. Durch die Verteilung nach dem Königssteiner Schlüssel entfallen auf NRW 220 Millionen Euro. Im Sinne der Kinder und Beschäftigten sollte die Landesregierung diesen ausgestreckten Arm nun ergreifen.